Eckpunkte zur neuen Grundsteuer vereinbart

Bundesfinanzminister Scholz und Länderkollegen einigen sich auf Grundzüge einer Neuregelung

Bei der Berechnung der Grundsteuer soll es zukünftig nicht nur auf die Größe der Grundstücksfläche ankommen. Näherungsweise soll auch der Wert der Immobilie berücksichtigt werden.

Berlin Im Ringen um eine Reform der Grundsteuer sind Bund und Länder am Freitag ein großes Stück vorangekommen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und seine Länderkollegen einigten sich am Freitag nach mehrstündigen Beratungen in Berlin auf die Grundzüge einer Neuregelung. Wie von Scholz angestrebt soll die Steuer in Zukunft eine Komponente enthalten, die den aktuellen Wert der Immobilien zumindest näherungsweise berücksichtigt. Das konkurrierende Modell, das sich ausschließlich an der Fläche orientierte, dürfte damit vom Tisch sein. Scholz kam der Union und einigen Bundesländern aber weit entgegen und schwächte seine eigenen Pläne deutlich ab. So soll jetzt nicht die exakte Miete jedes einzelnen Hauses oder gar jeder einzelnen Wohnung in die Berechnung einfließen. Geplant ist vielmehr ein vereinfachtes Verfahren, das grob die Grundstückswerte, das Alter von Gebäuden und die durchschnittlichen Mieterträge in Rechnung stellt. Die Details müssen noch ausgearbeitet werden. Regionale Mehrbelastungen wollen Bund und Länder vermeiden.

„Alles in allem ist das eine gute Lösung“, sagte Scholz. Der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) gab sich hingegen betont zurückhaltend und sprach von einer „ersten vorsichtigen Annäherung und Gesprächsgrundlage für ein neues Modell“. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) bezeichnete den Kompromiss im Namen der unionsregierten Länder als „sehr gutes Zwischenergebnis“. Zufrieden zeigte sich auch Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). „Die vereinbarten Eckpunkte sind eine gute Grundlage für die weiteren Beratungen“, sagte sie laut Mitteilung am Freitag. „Wenn die Eckpunkte umgesetzt werden, haben wir ein neues Grundsteuermodell mit Komponenten, die sich am Wert orientieren.“

Die Grundsteuer ist eine Steuer auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden. Neben Immobilienbesitzern müssen auch Mieter Grundsteuer zahlen, denn die Vermieter reichen diesen Posten über die Betriebskosten an ihre Mieter weiter.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Frühjahr eine Reform des bisherigen Grundsteuersystems angemahnt, weil die Bemessungsgrundlagen, die zur Berechnung der Steuer herangezogen werden, nicht die tatsächliche Wertentwicklung an den Immobilienmärkten widerspiegeln. Es geht um die sogenannten Einheitswerte: Diese stammen in den westdeutschen Bundesländern aus dem Jahr 1964, in Ostdeutschland sogar aus dem Jahr 1935.

Die Einnahmen aus der Grundsteuer gehen komplett an die Kommunen. 2017 betrug das Aufkommen insgesamt rund 14 Milliarden Euro. Bund und Länder sind sich einig, dass die anstehende Reform aufkommensneutral gestaltet werden soll. Über den sogenannten Hebesatz, der in die Berechnung einfließt, kann jede Kommune bislang selbst Einfluss auf ihre Grundsteuereinnahmen nehmen.

Die kommunalen Hebesätze weichen zum Teil erheblich voneinander ab, auch in Baden-Württemberg: So lag der Satz in Stuttgart im vergangenen Jahr bei 520 Prozent und in Freiburg bei 600 Prozent. In Friedrichshafen am Bodensee waren es allerdings nur 340 Prozent.

Nach dem Willen des Verfassungsgerichts hat der Gesetzgeber bis Ende 2019 eine Reform der Grundsteuer zu beschließen. Der Deutsche Städtetag forderte Bund und Länder am Freitag auf, bis spätestens Ostern einen Gesetzentwurf vorzulegen. Andernfalls drohen die Kommunen eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen zu verlieren.

Der Bundesfinanzminister hatte sich ursprünglich dafür starkgemacht, die Grundsteuer künftig aus der Nettokaltmiete, der Wohnfläche, dem Baujahr des Hauses, der Grundstücksfläche und dem regionalen Bodenrichtwert berechnen zu lassen. Scholz und die SPD argumentierten, dass dieses Modell sozial gerecht sei. So hätte etwa der Eigentümer einer wertvollen Immobilie im teuren Stuttgart eine deutlich höhere Steuer zahlen müssen als ein Hausbesitzer in der dünn besiedelten Uckermark.

Die Union, die FDP und die Immobilien-branche warnten hingegen davor, dass auf diese Weise die Mieten in gefragten Lagen noch stärker steigen würden. Die Vermieter können die höhere Grundsteuer schließlich auf ihre Mieter abwälzen. Die Kritiker - darunter auch das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg – hielten außerdem den bürokratischen Aufwand des Scholz-Modells für viel zu hoch. In Deutschland gibt es rund 36 Millionen Wohngebäude, Häuser und Grundstücke.

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Erstellt:
2. Februar 2019, 03:14 Uhr

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