Eigener Onkel belastet den Angeklagten

Im Backnanger Mordprozess kommen die Familienangehörigen zu Wort. Der Beschuldigte schweigt weiter.

Zeugenaussagen standen nun bei der Verhandlung vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts an. Symbolfoto: Bilderbox/Erwin Wodicka

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Zeugenaussagen standen nun bei der Verhandlung vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts an. Symbolfoto: Bilderbox/Erwin Wodicka

Von Heike Rommel

Backnang/Stuttgart. Die Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts hat Familienangehörige zum mutmaßlichen Backnanger Mord mit einem Ausbeinmesser gehört. „Wir wissen alle, was er getan hat“, sagte ein Onkel des Angeklagten, der mit einer Schwester der Getöteten verheiratet ist. Der Angeklagte, welcher lediglich eine „Tötung im Affekt“ gestanden hat, schweigt weiterhin.

„Er ist der Täter. Jeder weiß das“, so forderte der 35-jährige Onkel eine „gerechte Strafe“ für seinen 29-jährigen Neffen, der seine damals 25-jährige Ehefrau am 4. Mai dieses Jahres in der gemeinsamen Backnanger Wohnung im Seehofweg mit einem Ausbeinmesser erstochen haben soll.

Gehört wurde mittlerweile auch der 52-jährige Vater der Getöteten, welcher vor Gericht als Nebenkläger auftritt und eigenen Angaben nach Drohungen aus der Türkei bekommen hat, damit er nicht aussagt. Der Vater des Opfers gab seinen Segen zur Hochzeit mit dem Angeklagten, der unter falscher syrischer Identität als Asylbewerber aus der Türkei nach Deutschland geflüchtet war und eines Tages um die Hand der damals 25-Jährigen anhielt. Die junge Frau fand jedoch heraus, dass ihr Angetrauter unter falschen Personalien unterwegs ist. Warum sie ihre Anzeige bei der Polizei schon nach einer halben Stunde wieder zurückgenommen hatte, konnte die Kammer noch nicht erhellen. Nach ihr ist offensichtlich ihr Vater zur Polizei gegangen und hat den Ehemann dort angezeigt. „Er hat sie geheiratet und dann nicht mehr gewollt“, schilderte der Vater, von Beruf Metzger, wie der Angeklagte seine Tochter verlassen hat, die dann wieder nach Hause kam. Eines Morgens sei die Tochter wieder weg gewesen und die Familie hätte erst wieder etwas von ihr gehört, als sie schon tot war.

Der Gerichtsakte zufolge hat der Angeklagte seine Tat bei seiner Familie in der Türkei angekündigt, indem er per Mobiltelefon die Nachricht schrieb, es würde etwas passieren. Nach der Tat soll er Bilder von der Getöteten in die Türkei geschickt haben (wir berichteten).

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, Norbert Winkelmann, warum der Beschuldigte nach Deutschland gekommen ist, kam vom Vater und von Schwestern der jungen Frau die Auskunft, dieser hätte dort eine Straftat begangen und sei aus Angst vor der Strafe geflüchtet. Konkretisiert hat das eine Schwester der Getöteten vor Gericht dahingehend, dass der Backnanger in der Türkei eine Person vom Balkon gestoßen hätte.

Der Vater der in Backnang Getöteten ließ dem Gericht durch seinen Rechtsanwalt einen Auszug aus dem Istanbuler Strafregister überreichen, und gab an, er habe nicht einmal die Backnanger Adresse seiner Tochter gewusst. Aufgeflogen sei die falsche Identität des Angeklagten, als er für die Hochzeit habe Papiere in der Türkei besorgen müssen, fuhr der Vater mit seiner Zeugenaussage fort. Etwa um 16 Uhr des 4.Mai habe seine Schwägerin aus der Türkei angerufen und mitgeteilt, seine Tochter sei umgebracht worden. Die Familie des Beschuldigten habe alles gewusst und seine Familie nichts.

Obgleich er als Verwandter ein Zeugnisverweigerungsrecht hatte, wollte der Onkel des Angeklagten, welcher mit einer Schwester der Getöteten verheiratet ist, eine Zeugenaussage machen. Er hat den türkischen Führerschein seines Neffen bei der Polizei abgegeben, „damit die Lüge rauskommt“, sagte er, also die Sache mit der falschen syrischen Identität. „Der hat das Mädchen nicht geliebt, sondern nur verarscht“, schätzte der Onkel die Ehe zwischen dem mutmaßlichen Mörder und dessen getöteter Ehefrau ein. In der Türkei, das wisse er, hätte der Backnanger „in den Knast gehen müssen“ und nur deshalb sei er nach Deutschland gekommen.

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Erstellt:
4. Dezember 2021, 06:00 Uhr

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