Wohnmobilurlaub auf dem Parkplatz

„Eigentlich finde ich es hier gar nicht so hässlich“

Wer verbringt seinen Urlaub eigentlich freiwillig auf einem Parkplatz? Zum Beispiel Pastor Schmidt aus Stuttgart-Vaihingen. Jede Woche sucht er sich einen anderen Parkplatz.

Pastor Thomas Schmidt steht lieber auf Parkplätzen als auf Campingplätzen.

© Wein

Pastor Thomas Schmidt steht lieber auf Parkplätzen als auf Campingplätzen.

Von Eberhard Wein

Den ganzen Tag ist Thomas Schmidt mit dem E-Bike unterwegs gewesen. Durch das Kochertal ging es nach Neuenstadt, dann nach Neckarsulm und weiter nach Heilbronn – insgesamt 90 Kilometer. Jetzt sitzt der 66-Jährige an diesem sonnigen Abend erschöpft, aber glücklich vor seinem Wohnmobil am Mineralfreibad in Oberstenfeld. Nur zwei Campingstühle und einen Tisch hat er rausgestellt. Seine Frau Dorothee hat die Gunst des Platzes genutzt und ist noch schnell für ein paar Runden im Bad ins Becken gesprungen.

Ein Pärchen setzt sich gegenüber in seinen Peugeot und fährt davon. Eine Familie stopft die Badesachen in den Kofferraum ihres Kombis. Dass er genau genommen auf einem Parkplatz sitzt, auf dem jetzt der abendliche Rückreiseverkehr anrollt, stört Schmidt nicht. „So hässlich finde ich es hier gar nicht“, sagt er und blickt sich um. Immerhin sitzt er auf Rasengittersteinen; hinter dem Wohnmobil beginnt der Wald. Im benachbarten Großbottwar befindet sich der Stellplatz zwischen Sportplatz und Wunnensteinhalle und ist asphaltiert. Auf diesem tristen Platz steht an diesem Abend tatsächlich niemand.

Fast jeden Montag geht es los

In Oberstenfeld haben die Schmidts sogar Nachbarn. Ein Ehepaar aus Estland hat sein Wohnmobil eine Bucht weiter eingeparkt. „Auf einem normalen Campingplatz sitzt man oft enger.“ Nicht mehr lange, dann schließt das Schwimmbad und der Parkplatz dürfte sich komplett geleert haben. Und bevor er sich am nächsten Morgen wieder füllt, sind die Schmidts längst heim in Richtung Magstadt gefahren.

Fast jeden Montag begäben sie sich auf Kurzurlaub, erzählt Thomas Schmidt. „Ich bin Pastor.“ In Stuttgart-Vaihingen betreut er die freikirchliche „Gemeinde für Christus“. „Montag ist bei mir der Sonntag. Da habe ich frei.“ Dann heißt es für ihn: Ausspannen. Morgens reisen sie an, setzen sich aufs Rad und kommen erst am Abend zum Wohnmobil zurück. Da hat man keine hohen Anforderungen an den Stellplatz. „Wir haben das während Corona für uns entdeckt, als man sonst nichts machen konnte.“ Den Platz in Oberstenfeld haben sie bei einer anderen Radtour kennengelernt, aber auch im Internet gefunden. „Dafür gibt es wunderbare Apps.“ Sie heißen „Stellplatzradar“ oder „Park4Night“.

Komfortabel und unkompliziert

Bundesweit gibt es 3200 Campingplätze, in Baden-Württemberg sind es 375. Doch die Schmidts bevorzugen einfache Stellplätze speziell für Wohnmobilisten – in der Nähe von Freizeiteinrichtungen oder innenstadtnah, dafür ohne großen Komfort. Meist ist der Aufenthalt dort auf eine Nacht beschränkt. Länger wollen die Beiden sowieso nicht bleiben. „Wir nehmen diese Plätze, weil sie günstiger sind.“ In Oberstenfeld kostet die Nacht zehn Euro, mancherorts ist es sogar komplett kostenlos. Auf richtigen Campingplätzen kommt man selten unter 40 Euro pro Nacht davon. „Ich brauche keinen Campingplatz. Dusche, WC – wir haben alles drin im Auto“, sagt Schmidt. In Oberstenfeld gibt es für ein wenig Münzgeld sogar eine Entsorgungsstation fürs Grauwasser und die Chemietoilette. Aber es ginge auch ohne – die Tanks im Auto sind groß genug.

Die Stellplatzgebühr hat Schmidt schon an der Freibadkasse beglichen. Anderswo kommt am Abend ein Mitarbeiter der Gemeinde vorbei. „Wir sind eigentlich noch nie gegangen.“ Wobei: In Lauffen sei es doch ein bisschen zu laut gewesen. Dort sind die Stellplätze ebenfalls am Freibad, aber direkt hinterm Zaun. „Da denkt man, man campt direkt auf der Liegewiese.“ Und in Ehningen auf der Alb sei die Nacht direkt neben dem Kirchturm auch etwas anstrengend gewesen. „Die Glocken waren ziemlich laut.“ Das muss etwas heißen, wenn sogar ein Pastor das sagt.

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Erstellt:
2. Juni 2025, 14:34 Uhr
Aktualisiert:
3. Juni 2025, 16:49 Uhr

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