Ein hyperrealistischer Blick auf Details

Fotograf Bernhard J. Lattner hat die großen und schweren Maschinen des Technikforums Backnang mal ganz anders betrachtet

Es sind die kleinen und manchmal auf den ersten Blick leicht zu übersehenden Einzelheiten der schweren Maschinen im Backnanger Technikforum, die durch Bernhard J. Lattners hyperrealistische Fotos in den Vordergrund gerückt werden. Das Ergebnis gibt es als Kalender zu kaufen.

Zwölf hyperrealistische Fotos schwerer Maschinen aus dem Backnanger Technikforum kann man jetzt als Kalender kaufen. Foto: privat

Zwölf hyperrealistische Fotos schwerer Maschinen aus dem Backnanger Technikforum kann man jetzt als Kalender kaufen. Foto: privat

Von Renate Schweizer

BACKNANG. Die große ehemalige Fertigungshalle brummt. Wo früher riesige Straßenwalzen und andere Baumaschinen der Firma Kaelble produziert wurden und heute Technikmuseum, -archiv, -werkstatt und -sammlung der Stadt Backnang untergebracht sind, ist fein aufgestuhlt zwischen den gewaltigen Exponaten der Sammlung aus Gerberei, Maschinenbau, Spinnerei und Nachrichtentechnik.

Vernissage im Technikforum. Der Ort scheint ungewöhnlich für eine Kunstausstellung, ist es aber nicht. Die Motive der großformatigen Fotos, die da gezeigt werden, sind samt und sonders hier im Museum „zuhause“: Eine Telefonwählscheibe von 1930, ein Einfülltrichter fürs Gerbfass von 1940, eine Webmaschine von 1970 und andere Detailaufnahmen alter, mechanischer, durch und durch analoger Technik. Alles Einzelheiten, die sonst im großen Ganzen der teils mächtig schweren Maschinen optisch leicht untergehen.

Bernhard J. Lattner hat sie hell – manche Bilder auch farbig –ausgeleuchtet, aus großer Nähe und mit hoher Tiefenschärfe aufgenommen und schließlich auf das Format 150 x 180 cm vergrößert. Entstanden sind hochästhetische Bilder, die auch Menschen ansprechen, die nur vage ahnen, was die Einspritzanlage eines 6-Zylinder Kaelble-Motors von 1967 sein könnte. Diese Bilder sind schön. Wobei: Hier in der Halle sind viele, die wesentlich mehr als eine vage Ahnung von dieser Technik haben – jede Menge stolze Väter der Sammlung, ehrenamtliche Experten, die zum Teil in jahrelanger Arbeit all diese Maschinen liebevoll restauriert, gepflegt, gehütet und schließlich ausstellungsfähig gemacht haben, einen Förderverein Technikforum gegründet, Spenden aufgetrieben und bei der Stadt Backnang offene Türen eingerannt haben.

Es geht mehr um die Existenz der Details, als um ihre Funktion

Jeder scheint jeden zu kennen und Bernhard Trefz, als Leiter des Stadtarchivs so etwas wie der Hausherr in der Halle, hat ein Heimspiel, das er mit sichtlichem Vergnügen bestreitet. Überhaupt ist das Ganze eine höchst vergnügliche Veranstaltung. Nicht zuletzt ist das auch Elke Büttner (Geige und Gesang) und Ulrike Küsters (Piano) zu verdanken, die die Vernissage weit mehr als nur musikalisch „umrahmen“ - ihr Programm ist Musikkabarett vom Feinsten mit einer überaus drolligen Aufführung des Backnanger Liedes als „musikalischem Höhepunkt des Abends“, so Büttner. „Wenn unser OB jetzt hier wäre – er wäre in Tränen des Glücks ausgebrochen“ so der knitze Kommentar des Stadtarchivars.

Auch Martin Schick – als Kulturamtsleiter der Stadt Backnang in dieser Hinsicht qualitätsverwöhnt - ist überrascht vom „kabarettistischen und musikalischen Talent“ der Damen und wünscht sich mehr davon – und das, obwohl er von Büttner ordentlich auf die Schippe genommen wird.

Zurück zu den Fotos, um die sich alles dreht: Durch Beleuchtung, Tiefenschärfe und extreme Vergrößerung von Details sind sie hyperrealistisch, also „wirklicher als die Wirklichkeit“. Ernst Hövelborn, Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins erklärt das Konzept, das nichts gemein habe mit den Machwerken „digital enthemmter Knipser“. Es gehe hier weniger um die Funktion dieser Details, als „vielmehr um ihre Existenz, unabhängig von den Empfindungen“ des Betrachters und gerade damit um „ihre subjektiv-persönliche Seite aus der Sichtweise des unendlich Nahen und fast Unmittelbaren.“ Genau.

Weil das Ergebnis so schön ist, gibt es einen Kalender im wohntauglichen Format 35 mal 50 Zentimeter mit zwölf der schönsten Aufnahmen - und einem Übersichtsblatt mit Beschreibungen der Motive für alle, die das Festigkeitsprüfgerät für Garne von 1940 nicht erkennen, wenn sie es vor sich sehen. Man darf vermuten, dass die Mehrzahl der Backnanger in dieser Hinsicht zu den Unwissenden gehört. Das macht gar nichts. Schön finden kann man es allemal.

Fotograf Bernhard J. Lattner bringt mit seinen Fotografien Details ans Licht, die bei der Größe der Maschinen oftmals gar nicht auffallen oder ins Auge stechen. Foto: J. Fiedler

Fotograf Bernhard J. Lattner bringt mit seinen Fotografien Details ans Licht, die bei der Größe der Maschinen oftmals gar nicht auffallen oder ins Auge stechen. Foto: J. Fiedler

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Erstellt:
11. November 2019, 06:00 Uhr

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