Eine kritische Stimme ist verstummt

Der Weissacher Bernd Hecktor ist gestorben – Leidenschaftlicher Friedensaktivist und Kommunalpolitiker

Bernd Hecktor, der die Weissacher Kommunalpolitik der letzten Jahrzehnte mitgeprägt und sich stark in der Friedensbewegung engagiert hat, ist gestorben. Der Tod des 70-Jährigen hat große Betroffenheit ausgelöst.

„Es hat mir Spaß gemacht, um einen guten Weg zu ringen“: Bernd Hecktor. Archivfoto: E. Layher

© Edgar Layher

„Es hat mir Spaß gemacht, um einen guten Weg zu ringen“: Bernd Hecktor. Archivfoto: E. Layher

Von Armin Fechter

WEISSACH IM TAL. Langjährige Wegbegleiter äußern sich schockiert und sprechen der Familie ihr Mitgefühl aus. „Mit großer Bestürzung“, so Markus Keller von der Liste Weissacher Bürger, der Hecktor angehört hatte, habe man die Nachricht von seinem plötzlichen Tod aufgenommen. Tiefe Betroffenheit herrscht auch bei Irmgard Hestler, die gleichzeitig mit Hecktor erstmals in den Gemeinderat eingezogen ist: „Mit siebzig fangen wir noch mal an, richtig durchzustarten.“

Erst vor zwei Jahren hatte sich Hecktor aus gesundheitlichen Gründen – sein Herz machte Probleme – aus der aktiven Gemeinderatsarbeit zurückgezogen. 27 Jahre lang war er Mitglied des Kommunalparlaments gewesen und war keiner Auseinandersetzung aus dem Weg gegangen. „Es hat mir Spaß gemacht, um einen guten Weg zu ringen“, bekannte er nach seinem Ausscheiden. Ratskollege Günter Sanzenbacher erinnert sich an manche dieser Kontroversen und zollt dem Verstorbenen Respekt: „Wir haben uns hinterher immer die Hand gegeben.“

Aus seiner pfälzischen Herkunft machte Bernd Hecktor nie einen Hehl, im Gegenteil: Er kultivierte den Dialekt seiner Heimatstadt Hauenstein, er verfasste Geschichten in der Mundart, trug seine Texte bei zahlreichen Anlässen und öffentlichen Veranstaltungen vor, brachte ein Buch und eine CD heraus. Wobei er seine Heimat in den Erzählungen keineswegs romantisierend verklärte, im Gegenteil: Es waren Schilderungen, die zwar humorvoll daherkamen, aber zugleich voll beißender Kritik steckten. Immer wieder griff er dabei auch aktuelle Fragen, etwa den Umgang mit Flüchtlingen, auf. Und er hatte Pläne, wollte weiter schreiben und Lesungen halten.

Den jungen Mann zog es nach der Schulzeit zum Studium nach Freiburg. Seine Fächer: Politische Wissenschaft, Geschichte und Sport. Anfang der Siebzigerjahre fand man ihn in Washington, Amerikas Hauptstadt. Die Proteste gegen den Vietnamkrieg erreichten damals ihren Höhepunkt. Hecktor mittendrin: Er arbeitete als Journalist für einen regierungskritischen Radiosender.

1980 kam Bernd Hecktor nach Weissach im Tal. In der Forststraße in Unterweissach ließ er sich nieder. Neben seiner beruflichen Tätigkeit – an der Gewerblichen Schule in Backnang war er 32 Jahre lang Lehrer, wobei er sich besonders der politischen und ethischen Bildung seiner Schüler widmete – engagierte er sich für die Friedensinitiative Backnang. Später wurde er auch eine treibende Kraft bei der Initiative Stolpersteine, die in Backnang zusammen mit dem Kölner Künstler Gunter Demnig Erinnerungssteine für Opfer des Nationalsozialismus setzte.

Der Gewerkschafter schloss sich zudem der Liste Weissacher Bürger an, die das kommunale Geschehen in der Gemeinde kritisch begleitete. 1989 zog er für die Liste in den Gemeinderat ein und gehörte dem Gremium bis 2016 an. Während seiner langjährigen Tätigkeit wirkte er in verschiedenen Ausschüssen und Beiräten mit, unter anderem in der Verbandsversammlung beim Bildungszentrum Weissacher Tal. Auf ärztliches Anraten hin zog sich Hecktor – er war Fraktionsvorsitzender und stellvertretender Bürgermeister – aus dem Amt zurück. Schon einige Zeit davor hatte er sich am Herzen operieren lassen müssen, hatte diesen Eingriff aber gut weggesteckt.

Ein besonderes Anliegen war dem engagierten Kommunalpolitiker die Umweltpolitik. Maßgeblich vorangebracht hat er beispielsweise ein Programm zur CO2-Einsparung. Dass Autos das Verkehrsgeschehen dominieren, war ihm stets ein Dorn im Auge, er forderte Temporeduzierungen und mehr Rücksichtnahme auf Radfahrer und Fußgänger. Leidenschaftlich, aber letztendlich erfolglos plädierte er dafür, dass die Gemeinde die Stromversorgung in die eigenen Hände nehmen solle. Früh forderte er auch, die Wasserversorgung nicht aus der Hand zu geben – ein Anliegen, das nach langen Diskussionen zum Zug kam und jetzt in die Tat umgesetzt wird.

Dass der Mann mit der Löwenmähne, der schon als junger Kerl den Spitznamen „der Leb“ – der Löwe – trug, künftig nicht mehr mitmischt, dass er nicht mehr auf Demos und Kundgebungen auftaucht und mahnende Worte spricht, werden viele bedauern. Auch solche, die politisch nicht unbedingt auf seiner Seite standen.

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Erstellt:
25. September 2018, 06:00 Uhr

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