Erhöhter Blutbedarf in Kliniken

Von einer Notsituation kann noch keine Rede sein, aber die Kapazität zur Deckung der Nachfrage nach Blutkonserven ist derzeit geringer als sonst. Beim DRK nennt man dafür zwei Gründe: die Urlaubszeit und das Nachholen verschobener Operationen.

In der Urlaubszeit gehen weniger Menschen zum Blutspenden. Gebraucht wird der Lebenssaft aber immer. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

In der Urlaubszeit gehen weniger Menschen zum Blutspenden. Gebraucht wird der Lebenssaft aber immer. Foto: J. Fiedler

Von Bernhard Romanowski

Rems-Murr. Es kann einem schon bange werden, wenn man sich das Blutgruppenbarometer des Deutschen Roten Kreuzes in Baden-Württemberg anschaut. Die als Tröpfchen stilisierten Männchen, die für die Versorgungslage mit den einzelnen Blutgruppen von A plus bis AB minus stehen, machen alle ein angespanntes bis unglückliches Gesicht. Die Männchen der Gruppen 0 lassen auf eine besonders drastische Versorgungslage schließen.

Nicht nur die Sommerzeit als Ferienzeit spielt hier eine Rolle, wie die Nachfrage bei den DRK-Akteuren ergibt. Corona habe das Prozedere bei den Aktionen geändert, erklärt Christian Siekmann vom DRK-Kreisverband Rems-Murr. „Vorher wurden die Termine offen angeboten und die Bereitschaften der Ortsvereine wussten aus Erfahrung, dass zum jeweiligen Termin X rund 200 Leute kommen würden. Mal kamen 170, mal auch 230. Dann musste gegebenenfalls flexibel reagiert werden“, erklärt Siekmann die bis dato gängige Praxis des DRK bei der Organisation von Blutspendeterminen.

Die Motivation der Spender in Backnang ist laut DRK-Sprecher unverändert hoch

Heute funktioniere das Spenden indessen lediglich über Voranmeldung. Das heißt: Wer früher spontan spenden wollte, konnte dies tun. Im Zuge der Pandemie kann man dies heute aber nicht mehr tun. Für jemanden, der einen Termin hat, aber nicht erscheint, gibt es daher keinen Ersatz, so der DRK-Kreissprecher. Diese Fälle seien wohl aber selten. Coronabedingt sei dieses Vorgehen mit Anmeldung nicht anders möglich. Für die Ortsvereine bringe es zudem Planungssicherheit, was das Angebot an Getränken und Essen betrifft. Siekmann: „Allgemein gilt, dass wir vergleichbar viele Termine im Kreis anbieten wie vor der Coronakrise. Und die meisten Termine, also Termine am Blutspendetag X im Ort X, sind in der Regel weiterhin sehr gut nachgefragt.“ Das bestätigt auch Eberhard Weck vom DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg/Hessen: „Die Motivation der Spender in Backnang ist nach wie vor hoch. Das stimmt uns sehr froh.“ Demnach gab es 2019 vier Blutspendetermine in Backnang mit insgesamt über 800 Spendern. 2020 wurden hier laut Siekmann lediglich drei Termine angeboten, bei denen über 600 Spender verzeichnet wurden. Das war der Coronakrise und ihren Unwägbarkeiten geschuldet.

Die Spendenzahl geht in der Urlaubszeit zurück

Die Kliniken im Land beschränkten sich auf selektive Maßnahmen, führten also nicht alle Operationen durch, die sie sonst durchgeführt hätten, und meldeten dadurch auch einen geringeren Bedarf an Blutkonserven an. Um kein Blut zu vergeuden, das ja nur bedingt haltbar ist, und um infolgedessen nicht die Motivation der Spender zu beeinträchtigen, gab es einen Termin weniger. Dieses Jahr haben in Backnang zwei Blutspendetermine stattgefunden, zwei weitere sind geplant – einer am 28. Juli und einer im Oktober. Die Zahl der Spender lag bislang auf dem Niveau der Vorjahre. Das Phänomen, dass die Spendenzahl in der Urlaubszeit zurückgeht, ist laut DRK-Sprecher nichts Neues: „Das ist alljährlich so, und das konnten wir in den letzten Jahren gut abpuffern.“

Man sei also beim DRK nicht in Alarmstimmung. Aber der Vorrat zur Bedarfsdeckung sei doch recht niedrig. Der zweite Grund dafür, neben dem Argument Urlaubszeit: Die Kliniken holen die verschobenen Operationen nach und haben dementsprechend mehr Bedarf an Blutkonserven.

Grundsätzlich sei dem Blutspendedienst daran gelegen, einen Bedarf in der Notversorgung von drei bis vier Tagen aus dem Bestand an Blutkonserven decken zu können. Momentan sei dies nur für zwei bis zweieinhalb Tage möglich, so Siekmann. „Wir starten also keinen Notaufruf, möchten aber das Bewusstsein dafür wachhalten, dass Blut zur Lebensrettung weiterhin dringend gebraucht wird.“

Seltener Lebenssaft

Blutgruppe 0 Rhesus Negativ Spender mit der Blutgruppe 0 Rhesus Negativ sind etwas ganz Besonderes. Denn ihr Blut kann allen Empfängern übertragen werden. Nur sechs Prozent der Bevölkerung haben diese Blutgruppe in ihren Adern. Besonders in der Notfallversorgung sind diese Blutspenden deshalb von zentraler Bedeutung. Blut der Gruppe 0 Rhesus Negativ wird darum am dringendsten benötigt.

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Erstellt:
23. Juli 2021, 06:00 Uhr

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