Erstmals seit Jahren ist die CDU bei der CSD-Demo nicht dabei
Mit 160 Formationen wird der CSD in Stuttgart am nächsten Samstag größer als je zuvor. Eine Absage aber gibt es: Die CDU reiht sich erstmals seit etwa zehn Jahren nicht in den Zug ein. Dies löst Diskussionen aus.

© Lichtgut
Am CSD-Zug beteiligt sich die CDU in diesem Jahr nicht.
Von Uwe Bogen
Stuttgart - Der CSD-Verein ist „sehr überrascht“ über die Absage der CDU für die Pride-Demonstration am kommenden Samstag in Stuttgart. Mit Ausnahme der AfD haben sich sonst alle Parteien angemeldet, auch die Freien Wähler beteiligen sich erneut in diesem Jahr. Während die CSD-Organisatoren in Karlsruhe bundesweit für Aufsehen sorgten, weil sie die CDU für eine „queerfeindliche Partei“ halten und ihr deshalb die Teilnahme verweigerten, habe es in Stuttgart „ein sehr konstruktives Gespräch“ gegeben mit dem Verband Lesben und Schwule in der Union (LSU) „bezüglich der Kritik an der CDU, was deren Haltung zum Selbstbestimmungsrecht betrifft“, berichtet Betina Starzmann vom CSD-Vorstand.
Als die CDU ihre Absage mit fehlendem Budget begründete, habe der CSD-Verein angeboten, „gern auch eine Fußgruppe wie die Grünen zu stellen“, so Starzmann, „die müssen nämlich erstmals seit diesem Jahr gar keine Teilnahmegebühr mehr bezahlen“. Doch auch dies habe die CDU abgelehnt. Lediglich mit einem Stand auf der Infomeile wird die LSU vertreten sein.
Alexander Kotz, der Fraktionsvorsitzende der CDU im Gemeinderat, wird den CSD am Samstag besuchen und will die Chance nutzen, „mir die Demonstration mal ganz von vorn am Straßenrand anzuschauen“. Weil er seit etwa zehn Jahren auf dem LSU/CDU-Wagen mitgefahren ist, habe er den gesamten CSD-Zug bisher nicht gesehen. Es stimme, dass es allein an den Finanzen liege, warum die Partei nicht mehr dabei ist. „So ein Wagen kostet gut 10 000 Euro“, sagt Kotz, man habe dafür keinen Geldgeber gefunden.
Mit dem Streit um die Regenbogenflaggen in Berlin habe das nichts zu tun, erklärt der CDU-Fraktionschef. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) hatte es abgelehnt, die Pride-Flagge am Gebäude des Reichstages aufzuhängen und dabei Unterstützung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erhalten, der erklärte, der Bundestag sei schließlich „kein Zirkuszelt“. Alexander Kotz versichert, man habe die Entscheidung, in Zeiten knapper Kasse diesmal nicht dabei zu sein, bereits „vor der ganzen Debatte um Fahnen und Zirkus“ getroffen.
Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) wird erneut an der CSD-Demonstration teilnehmen. Er startet bei der Fußgruppe der Stadt Stuttgart und wird später auf den Wagen des VfB Stuttgart wechseln. Beim Bundesligaverein wird auch Ministerpräsidentenkandidat Cem Özdemir (Grüne) mitfahren. Sein Konkurrent Manuel Hagel (CDU) dagegen wird diesmal am CSD wegen anderer Termine nicht teilnehmen.
Die Absage der CDU wird in der queeren Community hitzig diskutiert. In Zeiten, in der Gewaltangriffe gegen queere Menschen zunähmen, müsse sich gerade die Regierungspartei klar positionieren, ist zu hören. Eine Stimme unter vielen: „Die CDU setzt praktisch um, was die AfD gefordert hat: Regenbogenfahne runter, Deutschlandfahnen hoch im Pride-Monat – schwarz, rot, gold sei doch bunt genug.“
Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) wird ein Zeichen setzen und die Regenbogenfahne am Landtag hissen (wie dies auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann für das Neue Schloss verfügt hat). „Haltung zeigen widerspricht nicht der Neutralität“, erklärt Aras, „Haltung zeigen steht für Werte und Menschlichkeit.“
Für den CDU-Landesvorsitzenden Manuel Hagel, der Ministerpräsident werden will, „ist es vollkommen in Ordnung“, dass am Landtag die Regenbogenfahne gehisst wird, sagt er auf Anfrage. Am Bundestag ist sie untersagt. Die Fahne sei für viele ein Zeichen für Respekt und Vielfalt. „Wir sollten zusammenführen, statt zu spalten“, so Hagel.
Für den CDU-Landeschef ist deshalb genauso klar: „Unsere Landes- und Bundesflaggen stehen ebenso für Freiheit, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit.“ Zum CSD ein solches Zeichen zu setzen, hält Hagel für passend. „Im Alltag aber tragen andere Symbole unsere gemeinsamen Werte. Ich rate uns als Gesellschaft generell zu Gelassenheit in der Debatte.“ Für Christen stehe der Regenbogen „für die Verbindung zwischen Gott und den Menschen – als Zeichen des Bundes und der Verantwortung füreinander“. Für ihn gelte: „Für Politiker Haltung zu zeigen ist gut – Politik mit Haltung aber noch besser.“