Avi Primor

Ex-Botschafter will klarere Worte von Merz an Israels Regierung

Die Debatte um die Nahostpolitik geht weiter. Nun fordert der frühere Botschafter Primor mehr Haltung von Berlin - und mehr Verantwortung von Europa. Er möchte auch Taten sehen.

Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, fordert von Friedrich Merz einen schärferen Kurs gegenüber Israels Regierung (Archivfoto).

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Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, fordert von Friedrich Merz einen schärferen Kurs gegenüber Israels Regierung (Archivfoto).

Von red/KNA

Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, fordert von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) einen schärferen Kurs gegenüber Israels Regierung. Dass sich Deutschland aus historischen Gründen vorsichtiger äußere, sei zwar nachvollziehbar, sagte der Diplomat dem Magazin "Focus" (Online-Ausgabe Montag). Aber Merz habe bislang die höfliche Form gewahrt: "Der Bundeskanzler scheut offenbar klare Worte", so Primor.

Merz habe lediglich gesagt, "er könne unsere Politik nicht verstehen", erklärte der Diplomat weiter: "Ein verklausulierter Ausdruck von Unzufriedenheit. Doch konkrete Schritte bleiben aus."

Europa in der Führungsrolle?

Die deutsche Regierung solle sich "aktiver im Nahen Osten engagieren und ihren Einfluss geltend machen, um Israels Politik mitzugestalten", mahnte Primor. Israel sei wirtschaftlich stark von Europa abhängig - mehr als von den USA. "Aber Europa scheut die Führungsrolle. Statt selbst aktiv zu werden, wartet man auf Washington." Es bleibe bei Ermahnungen.

Die Regierung von Benjamin Netanjahu steht wegen des militärischen Vorgehens im Gazastreifen in der Kritik, das in Reaktion auf den Angriff der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 erfolgt. Israel wird auch vorgeworfen, humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu behindern oder zu verweigern. Dies wird als Verstoß gegen das Völkerrecht betrachtet. Zuletzt war in Deutschland indes auch Sorge um eine nachlassende Solidarität mit Israel bekundet worden.

Primor kritisiert auch den Außenminister

Primor warf auch Außenminister Johann Wadephul (CDU) "leere Gesten" vor. Der Minister habe den israelischen Siedlungsbau im Westjordanland zwar als völkerrechtswidrig kritisiert, "aber das bleibt folgenlos. Und es ist nicht sehr originell. Denn er ist bei weitem nicht der Erste mit dieser Position."

Avi Primor war von 1993 bis 1999 israelischer Botschafter in Berlin und gilt noch immer als eine der wichtigsten Stimmen in den deutsch-israelischen Beziehungen. Für seine Verdienste wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz.

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Erstellt:
9. Juni 2025, 16:04 Uhr

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