Boltons Buch: Ex-Sicherheitsberater rechnet mit Trump ab

dpa Washington. Amtsmissbrauch, Justizbehinderung und ein unbändiger Wunsch nach einer zweiten Amtszeit: In seinem Buch zeichnet Trumps Ex-Berater Bolton ein vernichtendes Bild eines Präsidenten, der „unberechenbar“ und „erstaunlich uninformiert“ ist.

US-Präsident Donald Trump klagt gegen das Buch von John Bolton (r). Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

US-Präsident Donald Trump klagt gegen das Buch von John Bolton (r). Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Es sind explosive Vorwürfe aus dem engsten Führungskreis im Weißen Haus.

Der frühere Nationale Sicherheitsberater John Bolton beschreibt US-Präsident Donald Trump in seinem Buch als ahnungslos, überfordert und als einen Politiker, der seine Wiederwahl stets über die Interessen des Landes stellt. Trump soll sogar den chinesischen Präsidenten Xi Jinping um Wahlhilfe gebeten haben, schreibt Bolton US-Medien zufolge. Trump wiederum bezeichnete das Buch als eine „Zusammenstellung von Lügen und erfundenen Geschichten“, Bolton sei ein „Lügner“, zürnte er.

WAHLHILFE AUS CHINA?

„Es ist wirklich schwierig, irgendeine signifikante Entscheidung Trumps während meiner Zeit im Weißen Haus zu identifizieren, die nicht von Überlegungen zu seiner Wiederwahl getrieben war“, schreibt Bolton in einem vorab vom „Wall Street Journal“ veröffentlichten Kapitel. Selbst das Ringen mit China um ein Handelsabkommen habe Trump ganz offen für seine Wiederwahl einsetzen wollen, schrieb die „New York Times“ unter Berufung auf das Buch. So habe Trump Xi gebeten, amerikanische Agrarprodukte zu kaufen, um ihm zu helfen, landwirtschaftlich geprägte Bundesstaaten für sich zu gewinnen.

In einem Interview mit dem Fernsehsender ABC sagte Bolton, Trump sei nicht für das Amt des Präsidenten geeignet. „Ich glaube nicht, dass er die Kompetenz hat, den Job zu machen“, sagte Bolton einem am Donnerstag veröffentlichten Ausschnitt des Gesprächs zufolge. Der 71-Jährige hatte eineinhalb Jahre lang mit Trump zusammengearbeitet.

MACHTMISSBRAUCH UND VERHINDERUNG VON ERMITTLUNGEN

Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wäre nicht nur wegen der Vorwürfe in der Ukraine-Affäre, sondern auch wegen anderer Fälle gerechtfertigt gewesen, schreibt Bolton nach Angaben der „New York Times“. Trump habe mehrfach strafrechtliche Ermittlungen zugunsten von „Diktatoren“ unterbunden, etwa in Bezug auf China und die Türkei. „Das Verhaltensmuster sah nach Behinderung der Justiz als Alltagsgeschäft aus, was wir nicht akzeptieren konnten“, so Bolton. Trump habe seine Macht für persönliche Interessen missbraucht.

WELTPOLITISCHE WISSENSLÜCKEN

Bolton wirft dem Präsidenten auch vor, dass seine Außenpolitik häufig auf Bauchgefühl und Unwissenheit basiere. So habe Trump etwa nicht gewusst, dass Großbritannien eine Atommacht sei. Zudem habe er einmal gefragt, ob Finnland zu Russland gehöre, wie Bolton der „New York Times“ zufolge schreibt. Zudem soll Trump einen Nato-Austritt ernsthaft erwogen und eine Invasion in Venezuela als „cool“ bezeichnet haben. Trump sei nicht nur „unberechenbar“, sondern auch „erstaunlich uninformiert“, zitierte die „Washington Post“ aus dem Buch. Russlands Präsident Wladimir Putin wiederum glaube, er könne Trump nach Belieben manipulieren, weil dieser kein „ernsthafter Gegner“ sei.

UKRAINE-AFFÄRE

Zur Frage, ob Trumps Handeln in der Ukraine-Affäre zu einer Amtsenthebung hätte führen sollen, nehme Bolton nicht eindeutig Stellung, schrieb die „Washington Post“. Er lasse aber keinen Zweifel daran, dass er Trumps Vorgehen für politisch motiviert und falsch halte. „Ich dachte, die ganze Angelegenheit war schlechte Politik, juristisch fragwürdig und für einen Präsidenten inakzeptables Verhalten“, zitierte das Blatt aus Boltons Buch. Der Präsident habe sich von „Verschwörungstheorien“ beeinflussen lassen.

Trump war in der Affäre vorgeworfen worden, bereits vom Kongress bewilligte Militärhilfen für die Ukraine zurückzuhalten, um Kiew zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden zu drängen. Das Repräsentantenhaus wollte Trump des Amtes entheben, der von Republikanern kontrollierte Senat sprach Trump Anfang Februar frei.

DIE VORGESCHICHTE VON TRUMP UND BOLTON

Trump hatte den Republikaner Bolton wegen Meinungsverschiedenheiten im September geschasst. Bolton sagte, er habe gekündigt, Trump hingegen will ihn rausgeschmissen haben. Bolton weigerte sich aber, im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump Aufforderungen der Demokraten nachzukommen und vor dem Repräsentantenhaus auszusagen. Kritiker werfen ihm daher vor, scheinheilig zu agieren und nur möglichst viel Profit aus seinem Buch schlagen zu wollen.

Bolton, der bereits früheren Präsidenten diente, gilt als strammer und meinungsstarker Konservativer. Er nutzte seine Zeit bei Trump unter anderem dafür, die US-Politik gegenüber dem Iran weiter zu verschärfen. Bei anderen Konflikten, wie jenem mit Nordkorea, konnte er sich aber nicht gegen Trump durchsetzen. In dem Buch lässt Bolton nach den bisher bekannten Ausschnitten kaum Selbstkritik erkennen.

DRUCK DES WEISSEN HAUSES

Die US-Regierung bemüht sich, die für den 23. Juni geplante Veröffentlichung des Buchs noch gerichtlich zu stoppen. Bolton verbreite geheime Informationen und gefährde damit die nationale Sicherheit, hieß es zur Begründung. Das knapp 600 Seiten umfassende Werk trägt den Titel „The Room Where It Happened“ (etwa: Der Raum, in dem es geschah). Bolton soll vom Verlag Simon & Schuster rund zwei Millionen Dollar (1,8 Millionen Euro) dafür erhalten haben.

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Erstellt:
18. Juni 2020, 00:34 Uhr

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