Familiennachzug erreicht die Obergrenze

Die meisten Anträge kommen aus dem Libanon, dem Irak und der Türkei

Migration - Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD 2018 vereinbart, monatlich nicht mehr als 1000 Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz im Rahmen des Familiennachzugs ins Land zu lassen. Die Linke fordert Nachbesserung.

Berlinnwa/AFP/epdnwa/AFP/epd( nwa/AFP/epd). Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus läuft nach schleppendem Start inzwischen wie vereinbart. Die Zahl der erteilten Visa hat nach Angaben des Bundesinnenministeriums das in der Koalition vereinbarte Kontingent von 1000 pro Monat erreicht. So wurden für Angehörige von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz im Dezember 1050 Visa erteilt, im Januar 2019 waren es sogar 1096, wie ein Ministeriumssprecher in Berlin mitteilte.

Die deutschen Auslandsvertretungen hatten den Angaben zufolge von August bis Dezember 2018 insgesamt 6132 Anträge geprüft und an die Ausländerbehörden weitergeleitet, im Januar 2019 waren es 1377, bis 11. Februar 361. Die Ausländerbehörden stimmten 2018 insgesamt 3275 Anträgen zu und leiteten diese an das Bundesverwaltungsamt (BVA) weiter; bis zum 11. Februar waren es 1307. Das BVA erteilte 2018 insgesamt 3259 Zustimmungen; bis 11. Februar 2019 waren es 1295. 2018 wurden 2612 Visa für die Einreise nach Deutschland erteilt, bis 11. Februar 2019 waren es 1511.

Auf Anfrage unserer Zeitung teilt das Auswärtige Amt mit, dass es zwar die erteilten Visa statistisch erfasst, nicht jedoch die Zahl der Anträge an den deutschen Auslandsvertretungen, die noch bearbeitet werden. Bekannt ist aber, dass dem Auswärtigen Amt „weltweit noch circa 36 000 Terminanfragen für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten“ vorliegen. Schon seit Mitte 2016 konnten Angehörige einen Termin zur Antragsstellung beantragen. Am stärksten betroffen ist die Botschaft in Beirut/Libanon mit 14 827 Fällen, wo sich viele Syrer melden. An zweiter Stelle liegt Erbil/Irak (8182), gefolgt von Istanbul/Türkei (5202), Nairobi/Kenia (2093), Amman/Jordanien (1331), Addis Abeba/Äthiopien (708) und Islamabad/Pakistan (633).

Die grundsätzliche Entscheidung über ein Visum fällt auf der Grundlage der Akten der Ausländerbehörde beim Bundesverwaltungsamt. Da das Amt die Obergrenze von 1000 Visa pro Monat zu beachten hat, muss es die vorliegenden Anträge priorisieren. Es braucht also Kriterien dafür, welcher Antrag bevorzugt behandelt wird. Es geht nicht einfach nach der Reihenfolge der Eingänge. Das Amt kann dabei keine willkürlichen Anforderungen formulieren, sondern ist an die Vorgaben des Gesetzes gebunden. Dieses legt fest, dass es keinen Anspruch auf Familiennachzug gibt. Für die Erteilung der Visa sind humanitäre Gründe zu erwägen.

Das Gesetz führt vier solcher Gründe an: als ersten, dass die „Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft seit langer Zeit nicht möglich ist“. Zweitens liegt ein humanitärer Grund vor, wenn „ein minderjähriges lediges Kind betroffen ist“. Berücksichtigt werden soll auch, „wenn Leib, Leben oder Freiheit des Ehegatten, des minderjährigen ledigen Kindes oder der Eltern eines minderjährigen Ausländers im Aufenthaltsstaat ernsthaft gefährdet sind“. Schließlich, wenn „der Ausländer, der Ehegatte oder das minderjährige ledige Kind oder ein Elternteil eines minderjährigen Ausländers schwerwiegend erkrankt oder pflegebedürftig im Sinne schwerer Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ist“. Ausdrücklich wird „eine schwere Behinderung“ als Kriterium genannt.

Der Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten war lange Streitthema in der großen Koalition. Er war bis August 2018 für mehr als zwei Jahre ausgesetzt. Im Zuge der Bildung der großen Koalition 2018 einigten sich Union und SPD dann auf die Obergrenze von 1000 Familiennachzüglern pro Monat. Dabei wurde vereinbart, dass in den ersten fünf Monaten der Neuregelung nicht genutzte Kontingente eines Monats auf den nächsten übertragen werden können. Diese Übergangsregelung ist mit dem Jahresende ausgelaufen.

Ob sich daran etwas ändert, ist unklar. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte das im Januar nicht ausgeschlossen, dafür aber Zugeständnisse der SPD in anderen Punkten angemahnt. Ulla Jelpke (Linke) forderte Korrekturen: „Schon die Kontingentierung des Menschenrechts auf Familienleben war grundrechtswidrig und empörend. Doch in der Praxis wurde nicht einmal die vereinbarte Minimalzahl von Familienzusammenführungen erreicht.“ /NWA/AFP/EPD -

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Erstellt:
27. Februar 2019, 03:04 Uhr

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