Enquete-Kommission

FDP will Corona-Politik aufarbeiten

Wolfgang Kubicki und FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann wollen, dass sich weitreichende Grundrechtseingriffe nicht mehr wiederholen.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki ist einer der Initiatoren des FDP-Vorschlags, eine Enquete-Kommission zur Corona-Politik einzurichten.

© dpa/Michael Kappeler

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki ist einer der Initiatoren des FDP-Vorschlags, eine Enquete-Kommission zur Corona-Politik einzurichten.

Von Norbert Wallet

Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hat sich für die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Politik ausgesprochen. Der bisher noch nicht mit den Koalitionspartnern abgestimmte Vorschlag ist der Kernpunkt eines Positionspapiers, dass am Donnerstag von FDP-Gesundheitsexperten Andrew Ullmann und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki vorgelegt wurde. Darin wird als Ziel der Kommission genannt, „sachlich und wissenschaftlich fundiert die unterschiedlichen Phasen und Maßnahmen der Corona-Politik der vergangenen drei Jahre im Hinblick auf Zielsetzung, Zielerreichung und Folgen“ zu analysieren.

Analyse der Entscheidungsprozesse

Wolfgang Kubicki betonte, dass es nicht darum gehe, „den Stab über Politiker zu brechen“, die in Pandemie-Zeiten Verantwortung trugen. Dennoch sei eine solche Analyse „aus staatspolitischer Sicht notwendig“. Viele Corona-Maßnahmen dürften sich nicht wiederholen, heißt es in dem Papier. „Denn die während der Corona-Pandemie getroffenen Schutzmaßnahmen gingen doch mit sehr weitreichenden Grundrechtseingriffen einher, die es in dieser Form, insbesondere hinsichtlich Dauer, Breitenwirkung und Tiefe, in der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat.“

Lauterbach räumt Fehler ein

Der Vorschlag erfolgt zu einem Zeitpunkt, da die Aufarbeitung der Corona-Politik auf vielen Ebenen bereits im Gang ist. Schon im Sommer 2022 hatte ein von der Bundesregierung eingesetzter 18-köpfiger Expertenrat eine Zwischenbilanz vorgelegt. Er lieferte allerdings wenig konkrete Ergebnisse. So wurde ausdrücklich offen gelassen, ob die Schulschließungen richtig gewesen seien. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat inzwischen deutlich gemacht, dass die langen Schulschließungen ein Fehler gewesen seien. Im Nachhinein habe sich die Annahme, dass es in Schulen und Kitas zu vielen Infektionen komme, „nicht in dieser Form als richtig erwiesen“, sagte er. Dies hätten andere Länder auch „etwas anders gemacht“ und „andere Prioritäten“ gesetzt. Der Virologe Christian Drosten hat jüngst angemerkt, es gehe manchen inzwischen „um eine handfeste Umdeutung“ der damaligen Ereignisse.

Neben der sachlichen Analyse der Wirksamkeit und Angemessenheit der getroffenen Corona-Maßnahmen soll nach Willen der FDP in der Enquete-Kommission ebenso die Arbeit des Parlaments betrachtet werden. „Auch die Entscheidungsprozesse selbst bedürfen einer eingehenden Analyse, insbesondere mit Blick darauf, wie die Beteiligung der Parlamente sichergestellt und wie Entscheidungen nachvollziehbar und evidenzbasiert getroffen werden können“, heißt es. Kubicki sieht Fragen der Gewaltenteilung zwischen Regierung und dem gesetzgebenden Parlament berührt. „Das Parlament hat sich teilweise selbst aus dem Spiel genommen“, sagte er am Donnerstag bei der Vorstellung des Positionspapiers.

Ein Untersuchungsausschuss solle das neue Gremium aber auf keinen Fall sein, sagte Kubicki. „Untersuchungsausschüsse sind ein politischer Kampfinstrument. Sie sorgen für Aufklärung der Vergangenheit.“ Dagegen soll die Enquete-Kommission in die Zukunft blicken und das Land besser für künftige Krisensituationen rüsten.

Noch keine gemeinsam Haltung der Koalition

Uneinigkeit in der Koalition

Das Vorgehen der FDP ist durchaus ungewöhnlich, denn die Forderung ist den Koalitionspartnern zwar bekannt, aber sie ist weit davon entfernt, gemeinsame Position der Ampel zu sein. Die FDP hat gerade die Corona-Maßnahmen unter dem Gesundheitsminister Lauterbach so deutlich kritisiert und teilweise blockiert, dass die Gemeinsamkeiten in diesen Fragen gering sein dürften.

Ob es also tatsächlich zur Einsetzung einer solchen Kommission kommt, die nach Vorstellungen der FDP bereits im Herbst 2024 Ergebnisse präsentieren soll, ist also noch völlig offen.

Zum Artikel

Erstellt:
2. März 2023, 14:34 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen