Freifunker bauen in Backnang kostenloses WLAN aus

In Backnang kann man das Angebot ab Mai nicht nur auf der Bleichwiese, sondern auch im Biegel und rund um das Rathaus nutzen. Dort ersetzt das ehrenamtlich betriebene Netzwerk das bisherige „Free Wifi BK“ von Vodafone. Ein weiterer Ausbau bis zum Bahnhof ist geplant.

OB Maximilian Friedrich unterstützt die Freifunkinitiative und steigt dafür sogar selbst auf die Leiter. Bis Mitte Mai wollen Daniel Jacobi, Konrad Panzlaff, Timo Haible und Stefan Mehres (von links) sechs neue Zugangspunkte in der Innenstadt installieren. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

OB Maximilian Friedrich unterstützt die Freifunkinitiative und steigt dafür sogar selbst auf die Leiter. Bis Mitte Mai wollen Daniel Jacobi, Konrad Panzlaff, Timo Haible und Stefan Mehres (von links) sechs neue Zugangspunkte in der Innenstadt installieren. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Es ist eine kleine, aber sehr engagierte Gruppe, die sich seit einigen Jahren für einen freien Internetzugang in Backnang einsetzt. „Uns geht es dabei auch um soziale Teilhabe“, erklärt Konrad Panzlaff. Denn längst nicht jeder könne sich eine Mobilfunk-Flatrate mit großem Datenvolumen leisten. Deshalb haben die etwa fünf Ehrenamtlichen, die dem Verein Freifunk Stuttgart angegliedert sind, auch schon alle größeren Flüchtlingsunterkünfte in Backnang mit WLAN ausgerüstet. Gerade für Menschen aus anderen Ländern sei ein kostenfreier Zugang ins Internet besonders wichtig, um den Kontakt zu Familie und Freunden in der Heimat pflegen zu können, weiß Panzlaff.

Aber auch alle anderen sollten nach dem Willen der Freifunker an möglichst vielen Orten in Backnang kostenlos E-Mails checken, skypen oder Musik streamen können. Im vergangenen Jahr haben die Ehrenamtlichen bereits drei sogenannte Hotspots im Bereich der Bleichwiese installiert. Die Kosten für die Hardware hat die Stadt übernommen. Um Betreuung und Wartung des Netzes kümmern sich technikaffine Ehrenamtliche. Die waren im ersten Jahr zum Beispiel gefordert, als eine Ratte ein Glasfaserkabel durchgenagt hatte.

Stadt spart Geld und unterstützt den Ausbau

Das Angebot werde seitdem rege genutzt, berichtet Timo Haible: Täglich würden sich bis zu 50 Personen gleichzeitig in das Netz einwählen. Bei besonderen Veranstaltungen, etwa am Tulpenfrühling, können es auch mal doppelt so viele sein.

Deshalb wollen die Freifunker, die zum Straßenfest 2019 bereits ein temporäres WLAN in Backnang eingerichtet hatten, ihr Netz nun weiter ausbauen und sechs zusätzliche Zugangspunkte installieren: zwei im Biegel sowie vier rund ums historische Rathaus. In diesen Bereichen gibt es bereits seit 2018 ein öffentliches WLAN namens „Free Wifi BK“, das bisher allerdings vom kommerziellen Anbieter Vodafone im Auftrag der Stadt betrieben wurde.

Das Angebot der Freifunker, auch diesen Bereich mit ihrem Netz abzudecken, kommt der Stadtverwaltung sehr gelegen. Sobald die neuen WLAN-Router installiert sind, will der städtische Wirtschaftsbeauftragte Reiner Gauger den Vertrag mit Vodafone kündigen: „Wir sparen dadurch rund 7500 Euro pro Jahr“. Weil alle Leitungen bereits vorhanden sind, hält sich auch der Aufwand in Grenzen. Timo Haible spricht von einem „minimalinvasiven Eingriff“.

Mit dem Freifunknetzwerk kann man sich direkt verbinden

Aber auch die Nutzer profitierten von dem Wechsel, erklärt Konrad Panzlaff. Während sich diese für das „Free Wifi BK“ nämlich vor der Nutzung über einen Startbildschirm manuell anmelden mussten, können sie sich mit dem Freifunknetzwerk direkt verbinden. Dafür muss man weder eine Mailadresse angeben noch irgendwelchen Nutzungsbedingungen zustimmen. Das Handy wählt sich ab dann immer automatisch ein, sobald es einen Hotspot erkennt. Und das nicht nur in Backnang, sondern überall, wo es Freifunk gibt – allein in der Region Stuttgart gibt es laut Haible schon rund 1500 Zugangspunkte.

Ab Mitte Mai soll das erweiterte Freifunknetzwerk verfügbar sein, allerdings ist das Thema für die Ehrenamtlichen damit noch nicht erledigt. „Unser Wunsch wäre es, dass man vom Bahnhof bis zur Bleichwiese durchgehend freies WLAN nutzen kann“, sagt Timo Haible. Dafür sind allerdings noch einige weitere Hotspots nötig.

Reiner Gauger ist aber zuversichtlich, dass sich diese Vision verwirklichen lässt: „Vielleicht bekommen wir es schon bis Mitte nächsten Jahres hin“, sagt der Wirtschaftsbeauftragte und sichert den Ehrenamtlichen seine Unterstützung zu. Unter anderem dürfen diese das städtische Glasfasernetz nutzen, auch einen ausrangierten Server stellt ihnen das Rathaus zur Verfügung. Das war nicht immer so: Der ehemalige Oberbürgermeister Frank Nopper stand den Freifunkern eher skeptisch gegenüber. Ihre Pläne, ein öffentliches Netz am Backnanger Bahnhof aufzubauen, bremste er 2019 aus, was bei den Ehrenamtlichen für reichlich Frust sorgte: „Das war enttäuschend und in der Sache nicht nachvollziehbar“, erinnert sich Konrad Panzlaff.

Hauseigentümer können das Netzwerk wachsen lassen

Umso mehr freut er sich jetzt, dass der neue Oberbürgermeister Maximilian Friedrich voll hinter der ehrenamtlichen Initiative steht. Bereits im Wahlkampf hatten die Freifunker ihm ihre Pläne vorgestellt und waren auf offene Ohren gestoßen: „Er war von Anfang an sehr interessiert und hat das Thema auf seine Agenda genommen“, erzählt Timo Haible.

Neben der Stadt können aber auch Geschäftsleute und private Hauseigentümer in der Innenstadt ihren Beitrag zum Ausbau des Netzes leisten. Mit der Anschaffung eines Freifunkrouters, der bereits für etwa
40 Euro zu haben ist, können sie einen Teil ihrer Bandbreite, den sie selbst nicht benötigen, der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Wer nicht weiß, wie das funktioniert, kann dabei Unterstützung von den Ehrenamtlichen bekommen. Je mehr Freiwillige sich beteiligen, desto schneller wächst das WLAN: „Wir sind ein Mitmachnetzwerk“, bringt es Timo Haible auf den Punkt und verweist auf die positiven Erfahrungen in anderen Städten. So wird etwa in Esslingen mittlerweile fast die gesamte östliche Altstadt von der dortigen Freifunkinitiative mit kostenlosem Internet versorgt.

Mitmachen Die Idee der Freifunker lebt vom Mitmachen, entweder durch ehrenamtliches Engagement oder indem man sein privates Netzwerk für eine öffentliche Nutzung zur Verfügung stellt. Wer daran Interesse hat, erreicht die Backnanger Initiative per E-Mail unterinfo@freifunk-backnang.de. Die Gruppe ist unter „freifunk.backnang“ auch auf Instagram zu finden.

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Erstellt:
21. April 2023, 06:00 Uhr

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