Fruchtsäule als Vorbote des Volksfests

Der Aufbau für die 178. Auflage des Cannstatter Volksfests ist in vollem Gange, die Bierzelte stehen schon. Die Fruchtsäule ist nun von zarter Hand punktgenau in Position gebracht worden.

Nicht mehr lange bis zum nächsten Cannstatter Volksfest.

© Lichtgut/Schmidt

Nicht mehr lange bis zum nächsten Cannstatter Volksfest.

Von Heidemarie A. Hechtel

Stuttgart - Sie steht. Wie eine Eins. Blau-golden strahlend wie ein Spätsommertag und ein Fest der Lebensfreude verheißend: die Fruchtsäule, das Wahrzeichen des Cannstatter Volksfestes auf dem Wasen, seit sie König Wilhelm I. 1818 für das erste „Landwirtschaftliche Fest zu Kannstatt“ von Hofbaumeister Nikolaus Friedrich von Thouret bauen ließ. Ein Trumm aus Stahl und Holz, 26 Meter hoch und sechs Tonnen schwer, das an den Haken genommen, zum Schweben gebracht werden und auf das Dach des Info-Pavillons gesetzt werden muss.

Alles stand dafür bereit und war wie immer: Der Kran für schwerste Lasten und die Experten Joachim Kritz und Roland Maier vom Unternehmen KMK GmbH für Dienstleistungen solcher Art und die nötige Feinarbeit waren anwesend. Nur eines war anders und ließ alle Beteiligten und Zuschauer staunen: Im Führerhaus des Krans saß eine junge Frau. Annika Geiger, 23 Jahre alt, gelernte Kranführerin und seit zwei Jahren in diesem Beruf. „Weil er mega viel Spaß macht“, sagt Geiger. Sie ist eine von angeblich nur zehn Frauen in Deutschland in diesem Beruf. Wie reagieren die männlichen Kollegen? „Auf den Baustellen erlebe ich manchmal große Augen.“

Punktgenau steuert sie die Säule auf das Dach des Info-Pavillons, wo sie Maier in Empfang nimmt, justiert und fixiert: mit händischem Einsatz und 16 Schrauben. „So dicke Dinger“, deutet sein Kollege Kritz ihre Größe an. „Das war jetzt der leichtere Teil“, kommentiert er, als die Säule steht. Denn das Aufsetzen der Schale ist das schwierigere Unternehmen. Alle gucken gespannt nach oben: Passt es jetzt? Nein, noch nicht ganz. Aber dann, als die Position getroffen ist, ragt eine Hand aus der Säule: Maier, als ehemaliger Schausteller auch ein Experte für Halsbrecherisches, leistet wieder die Feinarbeit. Wie ist er nach oben gekommen? Laienhafte Frage. „In der Säule ist eine Treppe“, hilft Kritz auf die Sprünge. Maier löst die Haken, alles erledigt, Annika Geiger kann den Kran einfahren. Dieser Einsatz war für sie eine Premiere. Wie war’s? „Interessant“, sagt sie.

Von weiblicher Hand ist auch das neue Dekor der Fruchtsäule auf den seit langem vorgegebenen Farben Blau und Orange: Die Dekorateurin Stefanie Meier entschied sich für viele Sonnenblumen und Girlanden aus Tannengrün. „Sonnenblumen“, meint sie, „sind nicht nur das klassische Symbol für den Erntedank sondern auch für die Sehnsucht nach Frieden.“ Zumindest auf dem Cannstatter Volksfest geht dieser Wunsch hoffentlich in Erfüllung. Die Dekoration der Schale mit überdimensionierten Äpfeln und Spitzkohlköpfen ist natürlich aus Plastik, aber um die Säule herum werden rechtzeitig zum Volksfest-Start auf dem Dach des Info-Pavillons echte Kürbisse, Äpfel, Blumen und Getreidegebinde drapiert.

„Fürs nächste Jahr wird eine neue Fruchtsäule gebaut“, kündigt Dennis Hamann vom Veranstalter in.Stuttgart an. Das jetzige Modell sei von 1972, also 53 Jahre im Einsatz, da dürfe es schon mal etwas Neues sein. Auf jeden Fall wird es weiterhin auf die Frage, wo man sich auf dem Volksfest verabredet, nur eine Antwort geben: am Wahrzeichen des Cannstatter Volksfests, der Fruchtsäule. Wo sonst.

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Erstellt:
8. August 2025, 22:12 Uhr
Aktualisiert:
8. August 2025, 23:59 Uhr

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