Für viele kleine Erfolgsgeschichten
BKZ-Leser helfen Für den Verein Pyramidea in Murrhardt sind Integration und Inklusion zwar wichtige Schlüsselbegriffe, es sollen jedoch alle Menschen in Notlagen eine Anlaufstelle haben. Darum ist der Verein Teil der Weihnachtsspendenaktion unserer Zeitung.
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Im Kurs der beiden Ehrenamtlichen Olesia Lebid (links) und Razia Firuskahi (rechts) lernen Kinder „spielerisch Deutsch“. Foto: Stefan Bossow
Murrhardt. Hilfe zur Selbsthilfe, das hat sich der Murrhardter Verein Pyramidea auf die Fahnen geschrieben. 2017 unter dem Motto „von Geflüchteten für Geflüchtete“ gegründet, hat sich die Zielgruppe des Vereins erweitert, berichtet Jochen Schneider, hauptamtlicher Mitarbeiter bei Pyramidea. Große Themen seien inzwischen etwa Altersarmut und Einsamkeit. „Senioren rücken weiter in den Fokus, doch Integration und Inklusion sind immer noch Schlüsselbegriffe bei uns.“
Doch für Vereine, die nicht strukturell gefördert werden, steht mit dem Auslaufen eines ihrer geförderten Projekte oft auch ein Teil ihrer Finanzierung auf dem Spiel. Daran hängen Arbeitsplätze und damit auch die Möglichkeit, weitere Hilfsangebote zu schaffen. Aktuell arbeiten neun Personen hauptamtlich bei Pyramidea, darunter eine Minijobberin und eine Absolventin eines Freiwilligen Sozialen Jahres. Bei zwei der Mitarbeitenden werden jedoch voraussichtlich zum Ende des Jahres einige Arbeitsstunden gestrichen werden.
Um Spenden bittet der Verein nun, weil ein zweites Fahrzeug zusätzlich zu seinem rollstuhlgerechten Caddy angeschafft werden soll. „Der ist ein Siebensitzer, aber reicht bei großen Ausflügen schon nicht mehr aus“, weiß Jochen Schneider. Aktuell nutzen viele Ehrenamtliche ihre eigenen Autos, um Fahrgemeinschaften zu gründen. „Aber wir fahren mit vielen Kindern und oft wäre es nach einer Fahrt nötig, das Auto zu putzen“, sagt Schneider. „Das können und wollen wir von unseren Ehrenamtlichen nicht verlangen.“ Aktuell seien oft zwei Fahrten nötig, um alle Kinder zu den Ausflügen oder wieder zurück zu fahren.
Dazu komme es bei Ausflügen mit mehreren Privatfahrzeugen manchmal zu organisatorischen Schwierigkeiten: „Bei einem Ausflug zur Messe haben wir einen Teil unserer Gruppe gar nicht mehr gefunden“, berichtet Pyramidea-Mitarbeiterin Olena Butova. Sie hätten auf unterschiedlichen Parkplätzen geparkt und es auf dem großen und überfüllten Stuttgarter Messegelände nicht mehr geschafft, sich zu treffen.
Engagement schafft Selbstvertrauen
Viele Kinder, aber auch Erwachsene kämen aus umliegenden Gemeinden nach Murrhardt, die oft kein Auto haben. Und viele kleine Ortschaften seien mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gut genug angebunden. „Wir wollen aber, dass alle zu uns kommen können“, wünscht sich Jochen Schneider. Ein weiteres rollstuhlgerechtes Fahrzeug wäre toll, aber „das sprengt den finanziellen Rahmen“, so Schneider.
Weitere Themen
Im Sommer bemühen sich die Ehrenamtlichen um Aktivitäten in der freien Natur, denn viele Familien leben in sehr beengten Wohnverhältnissen, weiß Schneider. Im Winter gestaltet sich das wegen der Wetterverhältnisse schwieriger, denn der Verein legt Wert auf barrierefreie Ziele, damit auch Kinder oder Erwachsene mit Handicap mitkommen können.
Im Sommerferienprogramm bestreitet der Verein inzwischen dank zahlreicher ehrenamtlich Engagierter die meisten Angebote. Die kommen auch in den Nachbargemeinden sehr gut an. „Käse herstellen ist immer sehr beliebt“, erinnert sich Jochen Schneider, der regelmäßig Wartelisten für einige Kurse führt. Für die Ehrenamtlichen findet er besonders schön: „Sie bekommen einen Teil ihrer Identität zurück, wenn sie das zeigen können, was sie gut und gerne machen. Sie sind nicht nur Geflüchtete, sie haben viele ganz unterschiedliche Talente und Fähigkeiten.“
Diese Kurse stärken die Ehrenamtlichen, findet Olena Butova. „Viele schöpfen neues Selbstbewusstsein, lernen, im Team zu arbeiten.“ Für Schneider zudem wichtig: „Sie können sich auch ein bisschen ausprobieren, in einem entspannten Rahmen.“ Wie etwa eine Kunsttherapeutin, die sich nach wenigen Stunden bei Pyramidea getraut hat, eine Stelle in einem Krankenhaus anzutreten. „Es sind viele kleine Erfolgsgeschichten, aus denen sich ganz praktische und gute Dinge ergeben“, findet Butova. Ihr berichten viele Frauen, dass sie durch den Verein neue Perspektiven entdeckt haben und das Vertrauen gefasst haben, sich in den Arbeitsmarkt zu wagen. Ziel ist es auch, die Ehrenamtlichen zu ermutigen, Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Viele Ideen zu Kursen und Workshops kommen nicht von den Mitarbeitern. „Die Ehrenamtlichen sehen, wo der Bedarf ist und wir schaffen die Möglichkeiten, beantragen die Förderung und koordinieren“, sagt Jochen Schneider. Und das durch die Spenden finanzierte Fahrzeug soll die Erfolgsgeschichten fortsetzen und noch mehr Menschen die Möglichkeit geben, den Verein und seine Angebote zu erreichen.
