Gassi gehen mit feuerroten Kotbeuteln

CDU Backnang beantragt Kauf von signalfarbenen Tüten für Dog-Stationen – Wilde Entsorgung der Beutel soll reduziert werden

So lieb Hunde auch sein mögen, ihre Hinterlassenschaften in freier Natur sind ein Ärgernis und zudem gesundheitsschädlich. Selbst Kotbeutel aus Tütenspendern werden oft einfach gefüllt in der Landschaft entsorgt. Deshalb hat die CDU Backnang beantragt, signalfarbene und biologisch abbaubare Tüten für Dog-Stationen anzuschaffen.

Gassi gehen mit feuerroten Kotbeuteln

© apcefoto - stock.adobe.com

Von Florian Muhl

BACKNANG. „Die wild entsorgten Hundekottüten sind ein riesen hygienisches Problem für die Landwirtschaft“, sagt Ute Ulfert. Bauern würden davor warnen, dass die Hundehaufen Keime enthalten würden, die Lebensmittel wie Salat aber auch Getreide belasten würden, so die Vorsitzende der CDU-Fraktion in Backnang weiter. Außerdem fürchteten die Landwirte, dass der Kot Futtermittel verunreinigen würde.

Aber Ulfert denkt auch an die Kinder: „Die sollen doch am Ortsrand in der Natur spielen können und unbedarft auf Streuobstwiesen herumhopfen dürfen, ohne dabei Angst haben zu müssen, bei jedem Schritt auf einen Hundehaufen treten zu können.“ Abgesehen davon, dass der Gedanke daran ekelerregend sei, denke die Allgemeinmedizinerin natürlich auch an die Gesundheit der Kinder.

Ihr Fraktionskollege Gerhard Ketterer habe bei seinen Spaziergängen schon mehrfach aus der Ferne beobachtet, wie Hundebesitzer Beutel einfach ins Feld oder in den Wald geworfen hätten. So habe man sich innerhalb der Fraktion Gedanken gemacht, was man dagegen tun könne. Tüten in Signalfarben. Die zudem noch biologisch abbaubar seien. Das war für die Christdemokraten die Lösung. Einen entsprechenden Antrag hat Ulfert am 5. Dezember vergangenen Jahres im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Haushaltsentwurf 2020 gestellt.

„Tüten in grellen Farben fallen in der Landschaft einfach viel schneller auf. Auch, wenn jemand einen solchen Beutel gerade wegwirft“, sagt Ulfert. Zudem habe die Farbe eine erzieherische Komponente. „Wenn jemand vom Gassigehen zurückkommt, sieht man eine beispielsweise feuerrote Tüte sofort, und man denkt sich: Aha, der entsorgt seinen Hundekotbeutel vorbildlich.“ Und wenn man über die Farbe nachdenke, könne man gleich auch über das Material der Tüten nachdenken, so Ulfert.

Und was sagen die Räte anderer Fraktionen zu dem CDU-Vorstoß? „Schön, dass über biologische Abbaubarkeit diskutiert wird. (...) Toll wäre es, wenn es Tüten geben würde, die aus nachwachsenden Rohstoffen wären und bei Gebrauch nicht aufreißen würden“, sagt beispielsweise Willy Härtner von den Grünen. „Für uns hat besonders die Bereitstellung von biologisch abbaubaren Tüten oberste Priorität, um dem generellen Plastikproblem entgegenzuwirken“, bekräftigt Melanie Lang. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen stimmt auch aus einem anderen Grund zu: „Da wir auch schon ähnliche Anträge gestellt haben, um die Situation zu verbessern, würden wir natürlich auch diese Maßnahme befürworten.“ Der Antrag aus dem Jahr 2015, der laut Lang wohl nicht bearbeitet worden war, lautete: „Die Stadt errichtet mehr Dog-Stationen, erstellt einen Standortplan und stellt diesen per App/Webseite zur Verfügung und verschickt diesen mit der Hundesteuerrechnung und dem Hinweis auf recyclingfähige Hundekottüten.“

Die Idee sei sicher sinnvoll; ob das Ganze allerdings etwas nützt? Heinz Franke hat da seine Zweifel. „Hundehalter, die der Meinung sind, meiner darf wo und wie er will, wird’s egal sein“, sagt der Vorsitzende der SPD-Fraktion. „Bei abbaubaren Tüten besteht vielleicht sogar die Gefahr, dass sie nicht in die Dog-Station wandern, sondern vermehrt in die freie Natur – nach dem Motto, die verrotten ja eh, da brauch ich sie schon nicht mit mir herumtragen“, so Franke weiter. Letztendlich entscheide die Bereitschaft dessen, der sich am Ende der Leine befände. „Aber einen Versuch ist das Ganze allemal wert. Vielleicht gibt es dann tatsächlich weniger Tretminen – selbst in der Nähe von Dog-Stationen.“

Nicht nur in Backnang ärgert man sich über die zahlreichen Hundehaufen (siehe Info-Kasten). Ein Blick über die Stadtgrenze hinaus zeigt, dass es Nachbargemeinden nicht besser ergeht. Auch sie schimpfen über uneinsichtige Hundehalter. „Probleme gibt es hauptsächlich innerorts in Grünanlagen und Blumenbeeten. Stellenweise so stark, dass eine Grünpflege nicht mehr zumutbar ist“, stellt Burgstettens Bauhofleiter Manfred Stadel auf Anfrage fest. Insgesamt 18 Hundetoiletten hat die Gemeinde aufgestellt. Rund 30000 Tüten werden pro Jahr verbraucht. Gleich viele Dog-Stationen haben die Gemeinden Oppenweiler und Althütte aufgestellt. „Wir haben einen Jahresverbrauch von 40000 Beuteln“, sagt Kämmerin Marisa Wüstner aus Oppenweiler. „Dennoch sind sehr viele Hundekothaufen beziehungsweise -beutel in den Grünanlagen zu finden.“ Bei einem Jahresverbrauch von 65000 Beuteln hat Althütte offensichtlich weniger Sorgen: „Probleme gibt es nur an einem Standort. Der Hundehaufen wird in der Tüte verpackt, jedoch wird dann die Tüte liegen gelassen“, sagt Daniela Binder vom Hauptamt.

Jeweils 100000 Beutel pro Jahr werden aus den Spendern in Weissach im Tal und Auenwald gezogen. Über die üblichen Probleme berichtet Weissachs Haupt- und Ordnungsamtsleiter Maximilian Sczuka: „Vereinzelt ist leider zu beobachten, dass Müllbeutel in der Natur entsorgt werden.“ Dass die aufsummierten Entsorgungskosten auch ganz schön ins Geld gehen können, davon weiß Auenwalds Hauptamtsleiterin Yvonne Bader ein Lied zu singen. Demnach schlagen die Beutel jedes Jahr mit 1260 Euro zu Buche. Für die wöchentliche Befüllung der Spender und Leerung der Abfallbehälter benötigt ein Mitarbeiter anderthalb Tage. „Bei geringer Verschmutzung“, sagt Bader, „es können auch mal zweieinhalb Tage werden, bei starken Müllablagerungen an Containerplätzen.“ Und dann noch die Deponiekosten von wöchentlich rund 150 Euro, da Hundekotbeutel unter Sondermüll laufen.

Noch mehr Beutel pro Jahr verbraucht die Gemeinde Aspach, nämlich 125000, und die sind feuerrot. „Wir haben vor einem Jahr auf die Signalfarbe umgestellt“, sagt Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff. Der Vorstoß kam aus den Reihen des Bauhofs. Denn die Mitarbeiter haben die undankbare Aufgabe, die Haufen und Beutel zu entsorgen. Und das Fazit der Bürgermeisterin nach einem Jahr Signalfarbe im Beutelspender? „Super. Die Zahl der unrechtmäßig entsorgten Beutel ist deutlich zurückgegangen.

Info

In Backnang sind derzeit insgesamt 1418 Hunde gemeldet, davon sind 1316 Ersthunde und 102 Zweithunde beziehungsweise weitere Hunde.

Insgesamt sind im gesamten Markungsgebiet der Stadt Backnang 120 Dog-Stationen aufgebaut. Die ersten wurden bereits vor über 20 Jahren installiert und jährlich kommen weitere hinzu.

Pro Monat werden in Backnang rund 40000 Hundekotbeutel verbraucht, also fast 500000 Tüten jedes Jahr.

Probleme gibt es laut Pressestelle der Stadt vor allem, weil die Beutel zur Hausmüllentsorgung zweckentfremdet werden oder die Beutel unbefugt entfernt und anschließend in den angrenzenden Flächen verstreut werden.

Weiterhin besteht aber ein Problem mit Verunreinigungen von öffentlichen Flächen, Pflanzbeeten, Sportanlagen und Kinderspielplätzen mit Hundekot, was nicht nur für die Mitarbeiter des Baubetriebshofs, sondern auch für die Nutzer ein großes Ärgernis darstellt.

Ebenso sorgen Verschmutzungen durch Hundekotbeutel auf landwirtschaftlich genutzten Flächen für massiven Ärger bei den betroffenen Landwirten.

Die Dog-Stationen werden jedoch von den meisten Hundebesitzern sehr gut angenommen, die Hundekotbeutel regelmäßig genutzt und dann auch ordnungsgemäß in den Dog-Stationen oder anderen zur Verfügung stehenden Abfallbehältern entsorgt, stellt Pressereferentin Christine Wolff fest.

Auch in diesem Jahr plant die Stadt Backnang, weitere zusätzliche Dog-Stationen aufzubauen oder ältere Stationen durch neue zu ersetzen.

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Erstellt:
26. Februar 2020, 06:00 Uhr

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