Gespräche und eine Spritztour

Bürgermeisterwahl in Murrhardt: Kandidat Roland Anton Krojer organisiert E-Bus-Vorstellung

Roland Anton Krojer steht vor dem Bahnhof und hält Ausschau. Während er auf das Eintreffen des Vorführbusses wartet, erkennt er mit fachmännischem Blick auch Elektroautos beim Vorbeifahren in der Murrhardter Bahnhofstraße. Der Bürgermeisterkandidat und Geschäftsführer der IWWS-Group (Immobiliengesellschaft Wind, Wasser Solar) hat zu einer Infoveranstaltung rund um E-Mobilität eingeladen.

Guter Betreuungsschlüssel: Tobias Schmidt (Zweiter von rechts) führt Roland Anton Krojer (rechts), Gerd Linke (Zweiter von links) und Erdinc Tekin (links) in die Technik des E-Busses ein, der in Murrhardt beim Bahnhof besichtigt werden konnte. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Guter Betreuungsschlüssel: Tobias Schmidt (Zweiter von rechts) führt Roland Anton Krojer (rechts), Gerd Linke (Zweiter von links) und Erdinc Tekin (links) in die Technik des E-Busses ein, der in Murrhardt beim Bahnhof besichtigt werden konnte. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Dann nähert sich der große azurblaue Elektrobus der Künzelsauer Firma Ziehl-Abegg. „Mein Sohn hat bei uns am Haus noch eine Steckdose eingebaut“, berichtet Roland Anton Krojer, allerdings sei ein Aufladen des Busses in Murrhardt wohl nun doch gar nicht nötig. Beide Söhne Krojers sind Elektriker und stünden auch zur Verfügung, falls der Vater bei einer Wahl die Firma abgeben müsste. „Das werde ich oft gefragt“, sagt der 53-Jährige, der keiner Partei angehört. Er weist den Fahrer ein, sodass der in der Nähe des Bahnhofs das Gefährt abstellen kann. Die Infoveranstaltung, die Krojer im Rahmen seines Wahlkampfs anbietet, findet kaum Resonanz. Vor Ort sind Stadtrat Gerd Linke von der MDAL/ Die Grünen und der Busfahrer Erdinc Tekin, der sich die Vorführung und Technik gerne spontan ansehen möchte. Ob es am Zeitpunkt liegt? Nachmittags, 16 Uhr, arbeiten viele noch. Roland Anton Krojer sagt, dass ihm eigentlich eine Reihe von Interessierten zugesagt hätten. Auf die Firma Ziehl-Abegg sei er letztlich durch die Gespräche über E-Mobilität im Rahmen seiner Kandidatur gekommen, weil das Unternehmen in relativer Nachbarschaft liege. „Ich bin angetreten, um etwas zu verändern“, sagt er. In den vergangenen acht Jahren sei in Murrhardt in dieser Hinsicht nichts passiert.

Über die Frontanzeige des Elektrobusses läuft der Slogan „Endlich sauber und leise durch die Stadt“. Tobias Schmidt steigt aus und begrüßt die kleine Runde. Dann weiht er die Interessierten in die Technik und Ausstattung ein. Die Verbreitung von E-Bussen ist in Deutschland noch überschaubar, trägt die Runde zusammen. Gerd Linke erinnert sich an eine Linie in Murrhardts polnischer Partnerstadt Rabka-Zdrój, die bei steilen Strecken über die Oberleitung laden kann. Auch in Frankfurt sei eine Strecke an der Autobahn ausgebaut worden.

Tobias Schmidt erläutert, dass die Batterien auf dem Dach und im Boden des Busses – ein holländisches Modell – sitzen. Ziehl-Abegg ist Spezialist für Luft-, Regel- und Antriebstechnik, zeichnet beim Bus für den Achsantrieb und die dazugehörige Regeltechnik verantwortlich und liefert beide Komponenten an ganz verschiedene Hersteller, berichtet der Mitarbeiter. In der Runde wird die Frage nach der Reichweite und Praktikabilität im Linienbusverkehr diskutiert. Aber in der Regel könnte nach einer intensiveren Phase wie Schulfahrten vor einem Einsatz am Nachmittag durchaus eine Ladezeit eingeschoben werden, so der Tenor. Der Weg zu den Themen Feinstaub und Fahrverbote ist nicht weit. „Da ist ja ebenso Backnang betroffen“, sagt Roland Anton Krojer, der findet, dass der Ausbau der E-Mobilität in Deutschland ziemlich schleppend verläuft. Schmidt ergänzt: In puncto Feinstaub sei beim E-Fahrzeug der große Vorteil, dass durch das Bremsen über den Motor so gut wie kaum noch Reifenabrieb anfalle. Hinzu komme die Energieaufnahme bei Gefälle, die bei Steigungen dann wieder zur Verfügung stehe. „Auf einer Strecke in der Nähe unseres Werks, bei der es hoch, aber auch runter geht, haben wir festgestellt, dass sich das so gut wie ausgleicht“, sagt Tobias Schmidt. Ein komplettes Aufladen eines E-Busses dauert nach seiner Schätzung rund acht Stunden.

Bis zum Ortsausgang kommt wenig Bremsweg zusammen

Und wer wird zurzeit beliefert? Unter den Kunden sind beispielsweise Touristenbusbetreiber für Stadtführungen sowie Abnehmer in Spanien und Schweden. In den Prospekten finden sich auch Bilder von Müllautos bis hin zu Fahrzeugen im Tagebau.

Wie läuft die Umstellung in der Fahrpraxis? Bei Tobias Schmidt, ausgebildeter Kfz-Mechatroniker, hat eine kurze Einweisung gereicht. „Das ist auch Gewohnheit, das Fahren ist leiser, man rast nicht so, hat sofort das volle Drehmoment und muss mehr aufpassen, vorausschauender fahren“, ergänzt Roland Anton Krojer, der selbst seit Langem Elektroauto fährt. Dabei hat er auch die nötige Infrastruktur im Blick, bei der zurzeit vor allem die Supermärkte als Anbieter von Ladestationen vorangehen würden. Tobias Schmidt zeigt den Anschluss des Busses fürs Ladekabel. „Das ist entsprechend gesichert, dass er nicht überlädt.“ Im Sommer läuft dies aus Sicherheitsgründen noch mal etwas langsamer, damit die Batterien nicht überhitzen.

Dann heißt es, im Elektrobus zu einer kleinen Spritztour nach Fornsbach Platz zu nehmen. Erdinc Tekin bleibt neben dem Fahrersitz stehen, um Tobias Schmidt über die Schulter schauen zu können. Bis zum Ortsausgang kommt wenig Bremsweg zusammen, immer nur kurz vor der Ampel, erläutert Schmidt, ansonsten gilt es, die Fahrt über das Gaspedal zu regeln. „Das ist so ähnlich wie bei der Nähmaschine, oder?“, sagt Erdinc Tekin und lacht. Die Fahrt verläuft zügig und ruhig – unter anderem vorbei an Krojers Haus mit Solaranlage. Die Gespräche können in derselben Lautstärke wie zuvor fortgesetzt werden. Haltgemacht wird beim Autohaus Weber in Fornsbach. Krojer hat sich mit Ulrich Frank, der im Unternehmen den Lkw-Bereich leitet, unterhalten. Er interessiere sich auch für die Thematik. „Eigentlich wollte er kommen, wir können ja mal nach ihm schauen“, sagt Krojer. Ulrich Frank ist da, lässt sich von Tobias Schmidt einführen und nimmt auch im E-Bus Platz. Der Fachmann lauscht. „Ich höre nur die Achse“, sagt er. Beim Abwarten des Gegenverkehrs vor dem Abbiegen in den Ortskern von Fornsbach ist es so ruhig, dass er meint: „Beim Diesel würde man sagen, jetzt hat er ihn abgewürgt.“

Das, was noch ins gewohnte Geräuschbild passt, ist das Öffnen der Türen. „Das ist eigentlich am lautesten“, stellt die Runde fest. Roland Anton Krojer sagt, dass andere Länder wie beispielsweise China beim Umrüsten stärker vorangingen, Deutschland in der Sache hinterherhinke. „Mittlerweile fördert der Bund die Umrüstung aber auch“, meint Gerd Linke. Ulrich Frank denkt, dass das Thema kommt, aber noch etwas Zeit braucht. Erdinc Tekin kann sich gut vorstellen, einmal einen E-Bus zu lenken; er geht davon aus, dass er schnell mit der anderen Antriebstechnik zurechtkommt.

Für Ulrich Frank geht es wieder an die Arbeit, Tobias Schmidt bringt die anderen nach Murrhardt zum Bahnhof zurück, bevor er seine leise Fahrt in Richtung Künzelsau antritt.

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Erstellt:
10. Juli 2019, 11:30 Uhr

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