Grenzkontrollen und Flugverkehr-Stopp im Südwesten

dpa/lsw Stuttgart. Mit strammen Schritten bis zum absoluten Stillstand: An den Grenzen wird strenger kontrolliert, die Schulen werden geschlossen, nun machen auch die Flughäfen im Südwesten dicht. Das Land versucht, die Zahl der Ansteckungen durch das Coronavirus in den Griff zu kriegen.

Ein Flugzeug landet auf dem Flughafen in Stuttgart. Foto: picture alliance /dpa/Archivbild

Ein Flugzeug landet auf dem Flughafen in Stuttgart. Foto: picture alliance /dpa/Archivbild

Baden-Württemberg schottet sich im Kampf gegen das Coronavirus weiter ab: Erst hat die Landesregierung die Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich und zur Schweiz verschärft. Jetzt will sie auch die Flughäfen bis auf weiteres schließen, um das Tempo der Ansteckungen von außen so gut es geht zu bremsen. Reisende aus dem Ausland würden aber noch zurückgeholt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Regierungskreisen in Stuttgart. Wer aus einer Krisenregion komme, müsse in Quarantäne. Der Beschluss soll demnach im Lauf der Woche in Kraft treten.

Baden-Württemberg ist neben Nordrhein-Westfalen und Bayern das am stärksten von der Ausbreitung des Coronavirus betroffene Bundesland. Bis zum Sonntag waren in Baden-Württemberg bei den dortigen Behörden 977 Infektionen bestätigt. Drei infizierte Menschen sind bisher gestorben.

Zum Teil mit Atemmasken ausgestattete Kontrolleure führten am Montag unter anderem im südbadischen Weil am Rhein Befragungen durch und schickten zahlreiche aus der Schweiz kommende Autos zurück in das Nachbarland. Bei Hinweisen auf eine Infektion oder auf Kontakt zu Infizierten können sie dies tun, außerdem müssen die Fahrer einen guten Grund für die Einreise vorweisen können. Berufspendler und Fahrzeuge des Warenverkehrs dürfen die Grenzen weiterhin überqueren. Die an Baden-Württemberg grenzende französische Region Grand Est (Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne) gilt als Risikogebiet.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte die umfassenden Kontrollen und Einreiseverbote an den Grenzen zur Schweiz, zu Frankreich, Österreich, Dänemark und auch Luxemburg am Sonntag angekündigt. „Deutsche Staatsangehörige haben selbstverständlich das Recht, wieder in ihr Heimatland einzureisen“, sagte Seehofer.

Für die Schulen und Kindergärten sprach Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) kurz vor der landesweiten wochenlangen Zwangsschließung der Einrichtungen von einer absoluten Notsituation. „Das gab's so noch nie. Auf so was kann man sich auch nicht allumfassend vorbereiten.“ Jeder müsse seinen Teil beitragen.

Sie setzt in der Zeit ohne Unterricht und Betreuung auch auf digitale Lernangebote. In Bezug auf die Schulschließungen habe sie Vertrauen in die Lehrer, sagte Eisenmann am Montagmorgen im Radioprogramm „SWR Aktuell“. Sie vertraue darauf, dass von den Schulen Übungen digital an die Schüler weitergegeben würden. „Und wenn es irgendwie gar nicht funktioniert, greifen wir vielleicht auch einfach auf die gute alte Post zurück.“

Sie sei sich bewusst, dass die Schließungen von Schulen und Kindergärten für Eltern und Kinder eine große Herausforderung seien. Dringend geboten sei es jetzt, „zu verhindern, dass Kinder dann in ein Loch fallen“.

Bis auf wenige bereits geschlossene Einrichtungen hatte am Montagmorgen landesweit zum vorerst letzten Mal der Unterricht in den Schulen und die Betreuung in den Kindergärten begonnen. Kinder und Jugendliche sollen nach Angaben des Kultusministeriums Hausaufgaben und wichtige Informationen abholen können. Anschließend heißt es: Schulen und Kitas dicht bis zum Ende der Osterferien - was trotz einer häufig eingerichteten Notbetreuung vor allem viele berufstätige Eltern vor Probleme stellen dürfte.

„Schüler bekommen nun Aufgabenzettel, die sie in der Zeit ohne Unterricht bearbeiten müssen“, sagte Martin Pelz von der Pestalozzi-Schule in Filderstadt. Außerdem würden Eltern Kontaktmöglichkeiten ebenso angeboten wie für einige wenige Fälle eine Notfallbetreuung. Unklar sei dagegen, ob Lehrer bis zu den Osterferien arbeiten müssten. „Das hieße ja unter anderem auch, dass man sich treffen müsste - und das sollte man ja eigentlich nicht“, sagte Pelz, an dessen Schule Schüler mit Lernschwierigkeiten unterrichtet werden.

Zahlreiche Jungen und Mädchen kamen schon am Montag gar nicht erst zur Schule: „Ich würde schätzen, dass die Hälfte von ihnen heute nicht da war“, sagte die Rektorin einer gemischten Real- und Grundschule im Landkreis Esslingen. In den kommenden drei Wochen werden dort täglich drei Lehrer für die Notbetreuung von Kindern verantwortlich sein. „Die Lehrkräfte wissen um ihre Verpflichtung“, sagte die Schulleiterin.

Von den Schul- und Kita-Schließungen könnten bis zu 1,6 Millionen Familien und Alleinerziehende mit Kindern betroffen sein. Trotzdem verteidigte die Landesregierung sie als einzig richtige Maßnahme. Auch andere Bundesländer hatten zuvor angekündigt, landesweit alle Schulen und Kindertagesstätten bis Ostern zu schließen.

In Baden-Württemberg besuchen derzeit rund 1,5 Millionen Schüler allgemeinbildende oder berufliche Schulen. Rund 444 000 Kinder wurden 2019 in Kindertageseinrichtungen betreut.

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Erstellt:
16. März 2020, 11:02 Uhr

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