Geldgeschäft
Griechenlands gierige Banken
Der Athener Premier Kyriakos Mitsotakis legt sich mit den griechischen Geldinstituten an. Seine Gründe: zu hohe Gebühren, zu wenige Kreditvergaben.

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Kyriakos Mitsotakis ist der Geduldsfaden gerissen.
Von Gerd Höhler
Der konservative griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gilt als Freund der Wirtschaft. Jetzt macht er Druck auf die Banken. Sie sollen ihre horrenden Gebühren senken und mehr Kredite vergeben. Über 30 Euro Gebühren für eine Überweisung von zehn Euro ins EU-Ausland, Minizinsen auf Guthaben, teure Kredite: Kein Wunder, dass die griechischen Geldinstitute nach der Durststrecke der Finanzkrise in den 2010er Jahren jetzt wieder glänzend verdienen. Die vier systemischen Banken meldeten im vergangenen Jahr Rekordgewinne von insgesamt 3,8 Milliarden Euro. Davon schütteten sie 875 Millionen Euro an ihre Aktionäre aus.
Gebühren übersteigen Überweisungsbeträge
Für das zu Ende gehende Geschäftsjahr 2024 wollen die Banken sogar zwei Milliarden Euro Dividende zahlen – auf Kosten der Kunden? Das glauben viele Griechinnen und Griechen. Sie fühlen sich von den Banken geschröpft. Redakteure der Zeitung „Proto Thema“ machten die Probe aufs Exempel. Sie überwiesen in Echtzeit zehn Euro von einer griechischen Bank nach Deutschland auf ein Konto der Deutschen Bank. Die griechische Bank berechnete dafür Gebühren von 31,20 Euro – das Dreifache des Überweisungsbetrages.
Auch bei eingehenden Überweisungen aus dem Euroraum greifen die Banken zu. Die Eurobank berechnet für solche Gutschriften dem Empfänger 3,50 Euro. Dabei sollten Sepa-Überweisungen innerhalb des Euroraums eigentlich bis zu einer Summe von 50 000 Euro kostenlos sein. Das gilt auch für Echtzeit-Überweisungen, die in der Regel zehn Sekunden dauern. Darauf haben sich die EU-Staaten und das Europarlament im vergangenen Jahr geeinigt. Aber die griechischen Banken halten sich nicht daran.
Forderungen nach Gebührensenkungen ignorieren die Banken
Gebühren von 480 Millionen Euro kassierte allein die Piraeus Bank in den ersten drei Quartalen. Die Eurobank schröpfte ihre Kunden um 451 Millionen Euro. Die beiden anderen der vier großen griechischen Banken, die National Bank of Greece und die Alpha Bank, kassierten Gebühren von 314 und 306 Millionen.
Nicht nur die Bankkunden sind genervt, auch Wirtschafts- und Finanzminister Kostis Hatzidakis ist mit seiner Geduld am Ende. Die Banken sollten endlich „aufhören, die Nerven ihrer Kunden zu strapazieren“, sagte er jetzt in einem Radiointerview. Seit Monaten verhandelte das Ministerium mit den Banken über Gebührensenkungen. Aber die Banker blieben stur.
Jetzt macht Ministerpräsident Mitsotakis das Thema zur Chefsache: „Wir haben die Banken gebeten zu reagieren, aber ihre Antworten haben uns nicht zufriedengestellt“, sagte der Premier kürzlich im Parlament. Die horrenden Gebühren sind nur ein Ärgernis. So gierig sie bei den Provisionen zulangen, desto geiziger sind die griechischen Banker bei den Guthabenzinsen. Auf Tagesgeld zahlen sie nur 0,03 Prozent Zinsen. In der Eurozone liegt der Durchschnitt nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) mit 0,36 Prozent beim Zwölffachen. Festgeld verzinsen die griechischen Banken mit durchschnittlich 1,86 Prozent. In der Eurozone bekommen die Sparer 2,97 Prozent.
Kreditzinsen zählen zu den teuersten Europas
Dafür kassieren die Hellas-Banken bei den Kreditzinsen umso mehr. Verbraucherkredite kosteten nach Angaben der EZB in Griechenland im Oktober durchschnittlich 10,86 Prozent. Der Durchschnitt der Eurozone lag bei 7,67 Prozent. Auch Unternehmenskredite sind in Griechenland deutlich teurer. Von Glück sagen kann, wer überhaupt einen Kredit bekommt. Die Geldinstitute sind extrem zurückhaltend, obwohl sie genug Liquidität haben. Nur knapp 60 Prozent ihrer Einlagen haben sie als Darlehen ausgereicht. In der Eurozone lag die Quote laut EZB im 3. Quartal bei 94,5 Prozent.
Die griechischen Banken parken ihre Liquidität lieber in Staatsanleihen. Premier Mitsotakis fordert jetzt von den Banken mehr Kredite für kleinere und mittlere Unternehmen. Er erwarte, dass die Banken eine „proaktivere Rolle bei der Stützung der Wirtschaft und des Wachstums übernehmen“, sagte der Premier.
Rund 21 000 leer stehende Wohnungen im Eigentum von Banken
Die Regierung will die Geldinstitute auch beim Thema Wohnungsnot in die Pflicht nehmen. Die Banken haben in ihren Immobilienportfolios rund 21 000 leer stehende Wohnungen. Sie sind in ihren Besitz übergangen, weil die Eigentümer ihre Hypothekenkredite nicht mehr bedienen konnten. Die Regierung fordert von den Banken, diese Immobilien auf den Markt zu bringen. Denn in Griechenland fehlen rund 212 000 Wohnungen. Nun gibt es in Regierungskreisen Überlegungen, die jährlichen Immobiliensteuern für diese leer stehenden Wohnungen drastisch zu erhöhen. Auch bei den Gebühren erhöht die Regierung jetzt den Druck. Notfalls könnte sie mit einem Gesetz die Provisionen deckeln. Mitsotakis warnt: „Wir wissen, was wir von den Banken erwarten, und wir haben die Instrumente, das auf den Weg zu bringen.“