Grün-Schwarz einig bei Nachtragsetat

dpa/lsw Stuttgart. Der Nachtragshaushalt im vergangenen Corona-Jahr war Landesrekord: 13,5 Milliarden Euro neue Schulden. Nun will Grün-Schwarz weitere Kredite aufnehmen, um sich für die Folgen der Pandemie zu wappnen.

Andreas Schwarz redet im Landtag von Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Andreas Schwarz redet im Landtag von Baden-Württemberg. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Die Spitzen der grün-schwarzen Koalition haben sich auf einen Nachtragshaushalt in Höhe von zwei Milliarden Euro verständigt. Das teilten Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz und sein CDU-Kollege Manuel Hagel am Dienstagabend nach der Sitzung der Haushaltskommission in Stuttgart der Deutschen Presse-Agentur mit. Mehr als die Hälfte davon sei als Rücklage für die Bekämpfung der Pandemie und die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise gedacht. Zudem wolle das Land Schulen, Unternehmen, Hochschulen und Kommunen unterstützen, hieß es. Dem Vernehmen nach will die Koalition für den Nachtrag insgesamt 1,2 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen.

Die Spitzen um Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) einigten sich darauf, die Corona-Krise erneut zur Naturkatastrophe zu erklären und damit die Schuldenbremse zeitweise auszusetzen. Über diesen Weg sollen 950 Millionen Euro neue Kredite aufgenommen werden. Zudem will die Koalition die bei der Schuldenbremse vorgesehene Konjunkturkomponente für weitere Kredite nutzen, erfuhr die dpa. Weil die Wirtschaft wegen Corona geschrumpft ist, kann die Regierung nochmal 255 Millionen Euro Schulden aufnehmen. Jedoch müssen diese Kredite schnell wieder zurückgeführt werden, wenn die Konjunktur wieder anzieht.

Außerdem verplant die Koalition noch die Mehreinnahmen in Höhe von 657 Millionen Euro in diesem Jahr, die jüngst bei der Steuerschätzung errechnet wurden. Darüber hinaus sollen nicht abgerufene Gelder fortgeschrieben werden und es gibt eine sogenannte globale Minderausgabe, für die alle Ministerien eine Einsparung bringen müssen. Mit dem Sparbeitrag sollen das zusätzliche Bauressort und die weiteren Staatssekretäre finanziert werden, hieß es.

Die Fraktionschefs Schwarz und Hagel erklärten gemeinsam: „Von unserer Einigung geht ein starkes Signal aus: Der Staat ist in der Krise handlungsfähig - und er wird es auch durch eine hohe Risikorücklage bleiben.“ Weiter hieß es: „Indem wir beim Nachtrag den Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Pandemiefolgen setzen, gehen wir verantwortungsvoll mit der fragilen Infektionslage um.“ Corona und die Auswirkungen der Krise seien längst nicht vorbei, deswegen mache die Koalition „maßvoll“ von den Ausnahmeregeln zur Kreditaufnahme Gebrauch.

Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) sprach von guten Verhandlungen in der Kommission. „Leider ist die Pandemie nicht vorbei, die Delta-Variante breitet sich auch bei uns aus. Verantwortungsvolle Finanzpolitik trifft hier Vorsorge, genau das tun wir als grün-schwarze Landesregierung“, teilte er der dpa mit. Es sei richtig neue Kredite aufzunehmen. „Denn der Kampf gegen die Pandemie bleibt weiterhin die beste Finanzpolitik, da wir so die Konjunktur und damit auch die Steuereinnahmen stabilisieren.“

Erste Lesung im Landtag soll am 14. Juli sein, beschlossen werden soll der Nachtrag kurz vor der parlamentarischen Sommerpause am 23. Juli. Die grün-schwarze Vorgängerregierung hatte Ende vergangenen Jahres zur Bewältigung der Pandemie im Nachtrag 13,5 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen - auch hier hatte man argumentiert, Corona sei als außergewöhnliche Notsituation zu verstehen.

Die neue Koalition will aber auch mit Investitionen eigene Akzente setzen, auch wenn die Kassen wegen der Pandemie ziemlich leer sind. So soll mehr Geld in den Ausbau des schnellen Internets und die Förderung der grünen Wasserstofftechnologie als Ersatz für fossile Brennstoffe fließen. Hier steht die Landesregierung unter Zugzwang, weil der Bund diese Projekte nur dann fördert, wenn das Land sie mitfinanziert.

Beim Breitbandausbau will das Land eine Verpflichtungsermächtigung abgeben, damit die Anträge gestellt werden können, auch wenn das Geld erst im kommenden Jahr fließt. Der Bund übernimmt dann 50 Prozent der Kosten, das Land 40 Prozent und die Kommunen 10 Prozent. Bei der Förderung der Wasserstofftechnologie muss das Land 30 Prozent dazuschießen, auch hier soll das Geld erst später fließen.

© dpa-infocom, dpa:210623-99-105039/2

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Erstellt:
23. Juni 2021, 05:02 Uhr

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