Grüne wollen Schuldenbremse für Investitionsfonds lockern

dpa Weimar. Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel, schnelles Internet, Stromnetze oder Ladesäulen für Elektroautos - das alles kostet viel Geld. Wie soll der Staat die Ausgaben stemmen? Die Grünen haben einen Vorschlag.

Robert Habeck: „Zu einer Schuldenbremse gehört ein Investitionsmotor“. Foto: Hendrik Schmidt

Robert Habeck: „Zu einer Schuldenbremse gehört ein Investitionsmotor“. Foto: Hendrik Schmidt

Die Grünen wollen einen milliardenschweren Fonds für Investitionen des Bundes einrichten und dafür die Schuldenbremse lockern. „Wir halten an der Schuldenbremse fest, wollen sie aber zeitgemäß reformieren“, sagte Parteichef Robert Habeck der „Süddeutschen Zeitung“.

„Zu einer Schuldenbremse gehört ein Investitionsmotor.“ Dafür wollen die Grünen das Grundgesetz ändern, dort ist die Regel zur Begrenzung der Neuschulden des Staates verankert. Der neue Bundesinvestitionsfonds soll aus neuen Krediten befüllt werden, um das „öffentliche Vermögen“ zu vergrößern - also etwa Geld in Infrastruktur zu stecken.

Es geht nicht einfach um das Aufrechterhalten des laufenden Betriebs, dauerhafte Ausgaben sollen weiter aus Steuereinnahmen bezahlt werden. „Wenn der Bund mehr investiert als sein Vermögen an Wert verliert - wenn er also neue Werte schafft -, soll dies auch durch die Platzierung von neuen Anleihen finanziert werden können“, heißt es in einem Impulspapier, das die Partei- und Fraktionschefs sowie Fachpolitiker aus Bund und Ländern unterschrieben haben. Es liegt auch der Deutschen Presse-Agentur vor. Die Bundestagsfraktion der Grünen weilt derzeit in Weimar zur Klausur.

Die Grünen wollen die Schuldenbremse für den Bund dafür so verändern, dass sie zu den sogenannten Maastricht-Kriterien der EU passt. Diese erlauben ein jährliches Defizit von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also der Wirtschaftsleistung, wenn die Schuldenquote eines Staats unter 60 Prozent des BIP liegt. Deutschland liegt knapp unter dieser Marke. „Durch unseren Vorschlag dürfte der Bund im Durchschnitt etwa 35 Milliarden Euro pro Jahr Kredite aufnehmen“, heißt es im Papier. Die Schuldenbremse ist restriktiver: Danach darf der Staat sich nur mit 0,35 Prozent der Wirtschaftskraft neu verschulden und die Länder dürfen es gar nicht - Ausnahmen kann es etwa in Wirtschaftskrisen geben.

Derzeit wird darüber diskutiert, wie der Staat die Investitionen bezahlen soll, die zum Beispiel für den Klimaschutz notwendig sind. Dabei geht es meist um die „schwarze Null“, auf die insbesondere die Union pocht - das heißt, der Haushalt soll ausgeglichen sein. Die große Koalition will daran nicht rütteln. Stattdessen erwägt sie unter anderem, „Klimaanleihen“ auszugeben, also sich bei Bürgern zu einem festen Zinssatz Geld für Projekte zum Klimaschutz zu leihen. Andere argumentieren, dass es angesichts der niedrigen Zinsen für den Staat günstiger wäre, Schulden etwa bei Banken zu machen.

Linke-Fraktionsvize Fabio De Masi kritisierte die Schuldenbremse als „Investitionsbremse“, die man nicht lockern, sondern abschaffen müsse. „Die Grünen eiern wieder mal rum, um es sich nicht mit den schwarzen Nullen der Union zu verderben“, sagte er.

Schuldenbremse und Staatsschulden sind auch unter Grünen kein einfaches Thema. Parteilinke und „Realos“ setzen unterschiedliche Schwerpunkte, im Bund ist die Sicht teils anders als in den Ländern. Ein flügelübergreifendes Bund-Länder-Papier ist daher auch ein Signal in die Partei hinein. Parteikreisen zufolge waren daran Parteichef Habeck und Fraktionschef Anton Hofreiter maßgeblich beteiligt.

Die Grünen sind dabei, Forderungen genauer auszuarbeiten und zu beziffern, was sie kosten und wie sie bezahlt werden sollen. Damit bereiten sie sich auf mögliche Koalitionsverhandlungen im Bund vor, wo sie in Umfragen bei etwa 24 Prozent stehen. Die Partei gewinnt weiterhin Mitglieder: Ihre Zahl kletterte auf 90 000, wie der Bundesgeschäftsführer Michael Kellner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag) sagte. Das ist aber immer noch viel weniger als bei SPD und CDU, die mehr als 400 000 Mitglieder haben.

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Erstellt:
5. September 2019, 10:53 Uhr

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