Grundsteuer-Streit in Tübingen
Haus&Grund prüft Palmers Unterlassungsforderung und gibt Gutachten in Auftrag
Im Streit um die Grundsteuer-Erhöhung in Tübingen hatte OB Boris Palmer eine Unterlassungserklärung an Haus&Grund versendet. Der Eigentümerverein bittet seine Mitglieder um Geduld.

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Boris Palmer wehrt sich gegen die Behauptung von Haus&Grund, die Grundsteuer-Erhöhung in Tübingen sei möglicherweise rechtswidrig gewesen.
Von Florian Dürr
Der Streit um die Grundsteuer-Erhöhung in Tübingen geht weiter: Jetzt kündigt Haus&Grund „im Interesse der Mitglieder“ ein eigenes Gutachten bei einem Experten für Verwaltungsrecht an: „Dieses liegt uns voraussichtlich Ende Oktober vor“, informiert die Tübinger Haus&Grund-Vorsitzende Dagmar König auf der Internetseite des Eigentümervereins: „Wir werden Sie dann über unsere Homepage informieren, bis dahin bitten wir um Geduld.“
Boris Palmer: „400 offenkundig unbegründete Widersprüche“
Bisher hatte sich der Verein auf ein „von dritter Seite in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten“ gestützt: Laut dem Dokument sei die sogenannte Änderungssatzung zur Anhebung der Grundsteuer-Hebesätze ungültig, „weil sie nicht veröffentlicht wurde“, hieß es. Tübingen hatte im Sommer für einen genehmigungsfähigen Haushalt den Hebesatz für die Grundsteuer B rückwirkend zum 1. Januar angehoben.
König wies in der Mitteilung an betroffene Grundstückseigentümer daraufhin, dass sie ihren Grundsteuer-Bescheid zu Fall bringen könnten, wenn sie „umgehend“ Widerspruch bei der Stadt Tübingen einlegten. Dieser Hinweis führte offenbar zu hunderten Widersprüchen, die bei der Stadt Tübingen zuletzt eingingen: Von rund „400 offenkundig unbegründeten Widersprüchen wegen einer offenkundig falschen Behauptung des Hausbesitzervereins“, sprach Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) verärgert.
120 Euro Gebühr drohen für abgelehnte Widersprüche
Als Reaktion auf die laut Palmer „sinnlose“ Beschäftigung der Verwaltung schickte der Ex-Grüne eine Unterlassungserklärung an den Eigentümerverein. „Die Unterlassungserklärung sollen sie unterschreiben“, sagte der Tübinger OB gegenüber unserer Zeitung und kündigte an: „Wenn sie es nicht tun, erwirken wir es vor Gericht.“
Mittlerweile ist das Schreiben der Stadt bei Haus&Grund Tübingen eingegangen, teilte deren Vorsitzende mit: „Wir werden den Sachverhalt nun zunächst sorgfältig prüfen und dann über das weitere Vorgehen entscheiden“, so Dagmar König. Palmer fordert den Verein auf, die Unterlassungserklärung bis spätestens 24. Oktober zu unterschreiben. Die Forderung: „Künftig jede Wiederholung oder Verbreitung der falschen Behauptung zu unterlassen, die Satzung zur Erhöhung der Grundsteuer B sei nicht öffentlich bekannt gemacht worden“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt.
Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Regierungspräsidium Tübingen, stellte vergangene Woche klar: Das Regierungspräsidium habe „keine Anhaltspunkte für eine mangelhafte Bekanntmachung der Satzung“. Sollten die bereits eingelegten Widersprüche nicht zurückgezogen werden, will sie die Stadt Tübingen mit einer Gebühr von 120 Euro ablehnen.
Rückwirkende Grundsteuer-Erhöhung
HaushaltTübingen hat in diesem Jahr nicht nur die Grundsteuer rückwirkend erhöht, sondern auch die Gewerbesteuer. Mit den daraus zusätzlichen Einnahmen von rund 7,6 Millionen Euro will die Stadt das Haushaltsloch stopfen.