Hecktor-Nachlass geht ins Landesarchiv

Stuttgarter Einrichtung übernimmt den Nachlass des Weissacher Friedensaktivisten – Umfangreiches Material seit 1980

Fast 40 Jahre lang setzte sich Bernd Hecktor unermüdlich für das Thema Frieden ein. Seit Anfang der 1980er-Jahre bewahrte der Weissacher Materialien über die Aktivitäten der Backnanger Friedensinitiative auf. Dieser Nachlass wird nun im Landesarchiv Baden-Württemberg archiviert, um ihn der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Demonstration gegen rechte Umtriebe: Bernd Hecktor (Mitte) war stets in der ersten Reihe zu finden. Archivfoto: E. Layher

© Edgar Layher

Demonstration gegen rechte Umtriebe: Bernd Hecktor (Mitte) war stets in der ersten Reihe zu finden. Archivfoto: E. Layher

Von Claudia Ackermann

BACKNANG/WEISSACH IM TAL. „Frieden und Abrüstung waren in den letzten Jahrzehnten zentrale gesellschaftliche Themen, für die sich viele Initiativen eingesetzt und engagiert haben“, erklärt Peter Schiffer vom Landesarchiv Baden-Württemberg/Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Aber es seien kaum Unterlagen darüber archiviert worden. Die umfangreichen Materialien über die Backnanger Initiative für Frieden und Abrüstung seien ein Beispiel für die Friedensbewegung, die eine Zeit geprägt hat. Diese Erinnerung gelte es zu bewahren, sagt der Oberarchivrat.

Einige Zeit nach dem Tod ihres Mannes Bernd Hecktor, der im September 2018 verstorben war, fragte sich seine Witwe Margrit Schatz, was mit dem Material über die Friedensinitiative geschehen sollte, das sich in ihrem Haus in Unterweissach, der Scheune und Wagenremise befand. Überall gab es Unterlagen, Ordner mit Reden, Plakate, Flugblätter oder große Banner mit Stangen, die bei Demonstrationen verwendet worden waren. Jeden Zeitungsartikel hatte Bernd Hecktor aufbewahrt mitsamt dazugehörigen Leserbriefen.

Unterlagen über Friedensinitiative stoßen auf großes Interesse

Das Material reicht bis 1980 zurück, als das Ehepaar nach Weissach gezogen ist. Ein Jahr zuvor hatte Bernd Hecktor seine Stelle als Lehrer am Technischen Gymnasium der Gewerblichen Schule Backnang angetreten. Im Juni 1980 wurde die Friedensinitiative Backnang gegründet, erinnert sich Margrit Schatz. Ein Jahr vor dem Tod ihres Mannes hatte sich das Ehepaar darüber unterhalten, was einmal mit den Unterlagen passieren sollte. „Er wollte, dass sie dem Landesarchiv übergeben werden“, blickt Margrit Schatz zurück. Ob man daran interessiert sein würde, das wusste sie allerdings nicht. 2019 bot sie die Sammlung dort an, was gleich auf Interesse stieß.

Margrit Schatz nahm sich die Ordner und Kartons vor. In mühevoller, wochenlanger Arbeit ordnete sie die Unterlagen, etwa über Proteste gegen den Golf- und Irakkrieg oder Waffenexporte, chronologisch. Bei den Reden sortierte sie Ansprachen aus, die nicht zur Friedensinitiative gehörten. Bernd Hecktor war vielseitig aktiv. 27 Jahre lang gehörte er beispielsweise dem Weissacher Gemeinderat an. Ihr fiel auf, dass es für manche Jahre sehr viele Unterlagen gab, für andere war das Material eher spärlich. Schatz entdeckte Kartons mit Buttons oder bedruckten T-Shirts. Im Herbst 2019 wurde das umfangreiche Material vom Landesarchiv abgeholt.

Es war Anfang 2020, als sie etwas in einer Schublade suchte. Da fielen Margrit Schatz weitere Unterlagen in die Hände, die zur Friedensinitiative gehörten. Beim chronologischen Ordnen schienen sie genau die zeitlichen Lücken der ersten Ladung zu schließen. Sie fragte erneut nach, ob das Landesarchiv weitere Unterlagen aufnehmen möchte, und stieß auf großes Interesse. Schatz machte sich nochmals auf die Suche und fand in der Wagenremise und auf dem Dachboden weitere Kartons mit Plakaten. Es sei fast noch mal so viel zusammengekommen wie beim ersten Mal, erzählt sie. Wiederum wurden die schweren Kartons mit dem Papier bei ihr abgeholt.

Im Landesarchiv Stuttgart wird nun alles sortiert und archiviert. Es sei nicht leicht, so umfangreiches Material über die Friedensbewegung zu finden, sagt Archivar Peter Schiffer. Proteste, etwa gegen den Nato-Doppelbeschluss und die atomare Hochrüstung Anfang der 1980er-Jahre, sind ein Stück Zeitgeschichte. Zwar seien viele Punkte außenpolitische Themen, für die sonst andere Stellen zuständig sind, aber die Materialien sind eine Dokumentation als Beispiel der Friedensbewegung in Baden-Württemberg. Für die Öffentlichkeit und die Forschung solle das gesichert werden.

Es wird noch eine Zeit lang dauern, bis die Unterlagen, die zurzeit unter der Nummer Q 3/86 bearbeitet werden, der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Dann werden Titelaufnahmen auch online gehen und die Originale im Lesesaal des Hauptstaatsarchivs in Stuttgart verpackt in Standardschachteln mit laufender Nummer zugänglich sein.

Margrit Schatz sagt: „Ich habe Glück gehabt, dass das Landesarchiv die Sachen übernommen hat.“ Diesen Teil des Lebenswerks ihres Mannes Bernd Hecktor zu entsorgen, hätte sie wohl nur schwer übers Herz gebracht.

„Auch die Mitglieder der Friedensini, die Aktionen wie Demonstrationen oder Mahnwachen erst möglich gemacht haben, freuen sich, dass die Unterlagen nicht verloren gehen. Zur Langlebigkeit der Initiative trug sicherlich auch die Atmosphäre der Offenheit in Backnang sowie die ausgiebige Berichterstattung der BKZ bei“, fügt sie an und unterstreicht: „Die Aktivitäten der Backnanger Friedensinitiative gehen weiter.“

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Erstellt:
25. April 2020, 06:00 Uhr

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