Himmlische Weihnachten

Nicht nur Naschkatzen lieben die kleinen Gebäckstücke, die im Advent und zum Fest auf keinem Tisch fehlen dürfen: Nein, die verführerischen süßen Plätzchen mag jeder. Der Landfrauenverein in Althütte pflegt die Tradition dieser Weihnachtsbäckerei.

Harald Kluge tröpfelt für die Husarenbrötchen flüssiges Johannisbeergelee in die Mulde, die er vor dem Backen in den Teig gedrückt hat. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Harald Kluge tröpfelt für die Husarenbrötchen flüssiges Johannisbeergelee in die Mulde, die er vor dem Backen in den Teig gedrückt hat. Foto: A. Becher

Von Armin Fechter

ALTHÜTTE. Schon die Kleinen sind mit Begeisterung dabei, wenn es zu Hause daran geht, Gutsla zu backen. Und in so manchem Haus erklingt dazu der Hit von Rolf Zuckowski: „In der Weihnachtsbäckerei gibt es manche Leckerei. Zwischen Mehl und Milch macht so mancher Knilch eine riesengroße Kleckerei.“

Bei den Landfrauen in Althütte klappt der Umgang mit Zucker, Nüssen, Ei und Mandeln – anders als im Lied – perfekt. Regelmäßig, viermal im Jahr, kommen sie zum Backtreff zusammen, um sich in der Kunst der Herstellung von Kuchen, Torten, Kleingebäck und pikanten Sachen in allen Variationen zu üben. Derzeit aber ruht dieses Angebot, coronabedingt, und obendrein muss auch die Referentin, die sonst mit den neuesten Raffinessen zu Gast ist, vorübergehend pausieren.

Dennoch hat die Vorsitzende Ilona Belz in der Küche der Festhalle eine Backlektion organisiert – ohne Publikum, aber mit Referent. Das Zepter schwingt dabei nicht etwa, wie der Außenstehende erwarten würde, eine sachkundige Frau aus den Reihen des Vereins. Die Schürze umgebunden hat vielmehr ein Mann. Harald Kluge gehört dem Landfrauenverein an, und das ist gar nicht so ungewöhnlich, denn Männer können, wie Belz erläutert, sehr wohl Fördermitglieder werden.

Kluge, der beruflich als Bankkaufmann tätig ist, hat zudem eine wichtige Aufgabe im Verein übernommen: Er pflegt die Webseite www.landfrauen-althuette.de – und da gibt es allerhand zu tun. Denn im Verein läuft ein vielseitiges Programm: vom alljährlichen Schmücken eines Osterbrunnens über Yoga und Nordic Walking bis zu Englischkursen und Reisen, zuletzt nach Südafrika. Es gibt eine Theatergruppe, Gruppen für Kinder und Jugendliche – die Mini- und die Maxibienen – sowie die Fidelfeger, einen Kinderchor. Und es gibt immer wieder Aktionen – so jetzt in der Adventszeit mit Kerzen als Fensterdeko.

Der Ordner enthält auch zwei Originalrezepte von der Oma.

Aber wie sieht es nun mit der Gutslesbäckerei aus? Harald Kluge ist bereits mittendrin. Für heute hat er sich drei Klassiker der Weihnachtsbäckerei ausgesucht: Vanillekipferl, Husarenbrötchen und Zimtsterne. Plätzchen sollten, so erklärt er, zum ersten Advent bereitstehen. Um sein Pensum zu schaffen, nimmt er sich eigens immer ein paar Tage Urlaub.

Mit flinken Händen mischt Kluge, der auch Haselnuss- und Kokosmakronen, Bärentatzen und Terrassengebäck sowie Stollen im Repertoire hat, die Zutaten zusammen, knetet den Teig, wellt aus, wendet die Platten, portioniert Abschnitte und formt Stück für Stück der süßen Versuchungen, um sie sorgfältig auf dem Blech aneinanderzureihen. Dazwischen geht sein Blick ab und an zum Rezept, das im Ordner unter dem Stichwort „Himmlische Weihnachten“ einsortiert ist. Dort finden sich unter insgesamt über 20 Sorten mit den Vanillekipferl und Zimtsternen auch zwei Originalrezepte seiner Oma. Zum Backen benutzt Kluge Backfolie, die auf den ersten Blick wie Backpapier aussieht, aber leicht abwaschbar, vielfach wiederverwendbar und dabei schier unkaputtbar ist.

Als Erstes hat sich der 48-Jährige, der schon als Kind gern in der Küche dabei war, die Vanillekipferl vorgenommen. Damit sie angenehm zart werden, müssen die Mengenverhältnisse in der Zutatenmischung stimmen. Und bevor das Blech mit den darauf drapierten Halbsicheln in den Ofen wandert, sollte es noch eine Weile im Kühlschrank gelagert werden, empfiehlt der leidenschaftliche Hobbybäcker, der das Backen als entschleunigend schätzt: Das Abkühlen verhindert, dass die Kipferl beim Backen auseinanderlaufen. Denn beim Formen in der warmen Hand ist die Margarine weich geworden.

Vor dem Backen kühlen, das gilt auch für die Husarenbrötchen, die auch Engels- oder Kulleraugen genannt werden. Sie bekommen als Tüpfelchen aufs i ein paar Tropfen Johannisbeergelee in die vorbereitete Mulde. Wichtig: Das fruchtige, säuerliche Gelee wird im Wasserbad flüssig gemacht und glatt gerührt und – anders als in manchen anderen Rezepten – erst nach dem Backen mit einem Löffel aufgeträufelt. Dazu braucht es allerdings eine ruhige Hand. Kein Problem für Harald Kluge, auch wenn er ein ordentliches Tempo an den Tag legt.

Bei den Zimtsternen schließlich kommt es darauf an, die Menge an Mandeln und Nüssen richtig zu erwischen: „Sie ist abhängig von der Größe der Eier beziehungsweise dem Eiweiß.“ Und um die ziemlich klebrige Masse gut ausrollen zu können, legt Kluge sie zwischen Haushaltsfolien. Werden die Zimtsterne später beim Lagern hart, kann man sie, so Kluges Rat, in der warmen Wohnung eine Weile auf den Gebäckteller legen, dann werden sie wieder weich.

Und was tun mit dem übrigen Eigelb? Kluge schmunzelt: „Daraus mach ich heute Abend einen Eierlikör.“

Himmlische Weihnachten

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Erstellt:
27. November 2020, 11:30 Uhr

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