Hommage an Onkel Rüdiger

Bürgermeisterwahl Aspach: Dauerkandidatin Fridi Miller hat ihre ganz eigenen Motive für die Bewerbung

Wo Fridi Miller auftaucht, da fällt sie auf. Auch in Großaspach zieht die schrille Kandidatin mit ihrem Porsche, den sie mit unzähligen Merkel-muss-weg-und Fridi-für-Deutschland-Aufklebern verziert hat, die Blicke der Passanten auf sich. Bei mehr als 100 Bürgermeisterwahlen hat die Sindelfingerin schon kandidiert. Dabei geht es ihr weniger um den jeweiligen Ort als um persönliche Motive: Die 49-Jährige sieht sich als Opfer einer Verschwörung.

Siegerpose vor dem Aspacher Rathaus: Fridi Miller will mit ihren Bürgermeisterkandidaturen Aufmerksamkeit erregen. Das gilt auch für ihren beklebten Porsche, den sie momentan aber nicht selbst fahren darf.Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Siegerpose vor dem Aspacher Rathaus: Fridi Miller will mit ihren Bürgermeisterkandidaturen Aufmerksamkeit erregen. Das gilt auch für ihren beklebten Porsche, den sie momentan aber nicht selbst fahren darf.Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

ASPACH. Zum Pressegespräch vor dem Großaspacher Rathaus hat die Bürgermeisterkandidatin einen Bilderrahmen mit drei Fotos mitgebracht. Sie zeigen einen Mann im Rollstuhl. „Das ist Onkel Rüdiger“, erklärt Friedhild Anni Miller, die alle nur Fridi nennen. Kein leiblicher Onkel zwar, aber ein enger Freund der Familie – bis zu seinem Tod vor zwei Jahren. „Er war mein größter Fan und hat über 25 Jahre alle Presseberichte über mich gesammelt“, erzählt Miller. Zugleich war er auch ein großer Fan von Andrea Berg. Als Fridi Miller hörte, dass im Heimatort des Schlagerstars ein neuer Bürgermeister gesucht wird, war für sie klar, dass sie sich dort bewerben muss: „Zum Gedenken an Onkel Rüdiger. Ich finde, er hat’s verdient.“

Ihre wievielte Bürgermeisterkandidatur dies schon ist? Fridi Miller überlegt kurz: „Es müsste die 111. sein“. Zeitweise kandidierte sie bei 50 Wahlen gleichzeitig. Auch Bundestagsabgeordnete und Landrätin wollte sie schon werden. Ihr eigentliches Ziel sei es jedoch, Bundeskanzlerin Angela Merkel abzulösen.

Miller sieht sich als
Opfer eines Komplotts

Wer die Motivation der 49-Jährigen verstehen will, muss ihre persönliche Vorgeschichte kennen. Fridi Miller hat eine heute zwölfjährige Tochter. Nach der Scheidung von ihrem Mann wurde ihr vor vier Jahren das Sorgerecht entzogen. Die Mutter sieht sich seitdem als Opfer von Behördenwillkür. Dass ein psychiatrischer Gutachter bei ihr eine „wahnbildende Psychose“ diagnostizierte und sie deshalb im Frühjahr vom Amtsgericht Böblingen für schuldunfähig erklärt wurde, ist in Millers Augen Teil eines großen Komplotts. Justiz und Politik seien von der Scientology-Sekte unterwandert. „Das System kann in Deutschland willkürlich Menschen zerstören.“ Kinder würden aus Familien gerissen und in Heime verschleppt, um Geld damit zu verdienen. „Ich habe diesen organisierten Kinderhandel aufgedeckt“, erklärt sie. Mit ihren Kandidaturen will sie Aufmerksamkeit erregen: „Nur über Öffentlichkeit kann man für Kinder etwas gewinnen.“ Die Rechnung scheint aufzugehen: Im Internet hat die selbst ernannte Aufdeckungspolitikerin eine beachtliche Fangemeinde, noch dieses Jahr will sie zusammen mit ihren Unterstützern die Fridi-Partei gründen, um im kommenden Jahr auch bei der Europawahl antreten zu können.

In Aspach ist Fridi Miller an diesem Vormittag zum allerersten Mal, und sie hat auch nicht vor, hier Wahlkampf zu machen. „Eigentlich konzentriere ich mich zurzeit voll auf Villingen-Schwenningen“, erklärt die Sindelfingerin. Dort ist am 7. Oktober Oberbürgermeisterwahl, Fridi Miller ist eine von sechs Kandidaten.

Zu Aspacher Themen kann sie deshalb auch nicht viel sagen. Über Google hat sie vor dem Gespräch immerhin noch herausgefunden, dass der Aspacher Jugendtreff am Wochenende geschlossen hat. „Das geht gar nicht“, findet die Kandidatin. Ein Jugendtreff müsse schließlich dann geöffnet sein, wenn die Kinder und Jugendlichen Freizeit haben. Ansonsten sagt sie das, was sie überall sagt: Dass sie einen Bürgerhaushalt einführen möchte und die Bürger selbst entscheiden sollen, wofür die Gemeinde Geld ausgibt. Außerdem kämpfe sie für die Rechte von Kindern und für eine Welt voller Liebe und Frieden.

Drohungen gegen
den Sindelfinger OB

Die 49-Jährige, die im persönlichen Umgang fast ein wenig schüchtern wirkt, tritt selbst allerdings nicht immer friedlich auf. Bei Podiumsdiskussionen und in ihren Internet-Videos wird sie bisweilen ausfallend, vor zwei Monaten drohte sie dem Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer, den sie für den Entzug ihrer Tochter mitverantwortlich macht, via Facebook mit dem Tod. Darauf angesprochen, zieht Fridi Miller ihr Handy hervor und spielt das Video vor, das im Internet bereits gelöscht wurde. „Eine Löwin tötet für ihre Kinder. Und ich bin eine Löwin“, erklärt sie darin mit starrem Blick. Deshalb gebe sie jetzt ihren russischen, kroatischen und griechischen Freunden „das Go“. Vöhringer engagierte daraufhin einen Personenschützer. Miller will von einem Mordaufruf hingegen nichts wissen. „Nur wer ein schlechtes Gewissen hat, kann so etwas reininterpretieren“, sagt sie und lächelt charmant. Sie habe den OB lediglich „psychologisch manipulieren“ wollen.

Dass man ihr kürzlich den Führerschein entzogen hat – ihren Porsche fährt nun ein junger Begleiter mit Bodybuilder-Figur – ist für sie nur der nächste Beweis für die große Verschwörung: „Die wollen, dass ich zusammenbreche“, sagt Fridi Miller, aber sie will sich nicht beugen. Die Frage, ob sie sich für gesund hält, beantwortet sie mit einem klaren Ja. „Ich bin nicht erpressbar, und ich werde diesen Kampf durchstehen.“

Friedhild Anni Miller Zur Person

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Erstellt:
19. September 2018, 06:00 Uhr

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