Ilmihal – Leitfaden für die Parallelwelt
Experten: Ideologie von Islamverband VIKZ ist integrationsfeindlich – Patriarchalisches Frauenbild in der Kritik
Das Land hat den VIKZ zum Partner bei der Neuorganisation des islamischen Religionsunterrichts gemacht. Doch ein Blick in Geschichte und Lehren des Verbands weckt Zweifel an dessen Bekenntnis zum Grundgesetz.
Stuttgart Vertreter des türkisch-muslimischen Verbands der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) werden nicht müde, öffentlich zu betonen, wie sehr sie sich für Integration einsetzen und die Werte des Grundgesetzes leben. Die Schülerwohnheime – ihre Spezialität, von denen es im Südwesten elf gibt – leisteten einen „elementaren Beitrag zur Integration der muslimischen Jugendlichen“, teilt Landeschef Yavuz Kazanç mit.
Doch meint der VIKZ auch, was er sagt, oder täuscht er seit Jahren Politiker, Behörden und Kirchen über die wahren Absichten? Alle Experten betonen, wie schwer es ist, einen echten Einblick zu bekommen. „VIKZ-Mitglieder agieren nur unter sich, sie tragen ihre Lehren nicht nach außen. Das Ganze hat Ähnlichkeit mit einer Sekte“, sagt der Islamwissenschaftler Mathias Rohe.
Dieses Verhalten erklärt sich aus der Gründungsgeschichte: Der VIKZ wird bis heute geprägt von seinem geistlichen Führer, dem 1959 verstorbenen Prediger Süleyman Hilmi Tunahan. Als Mustafa Kemal Atatürk 1923 die türkische Republik gründete, der Islam vom Staat getrennt, die Scharia abgeschafft wurde, passte Süleyman nicht mehr in die Zeit. Die Religionsbehörde entzog ihm zweimal die Lizenz – unter anderem, weil er behauptete, ein direkter Nachkomme des Propheten Mohammed zu sein. Im Sufi- Islam ist ein Scheich der Glaubensführer seiner Anhänger, die ihm zu absolutem Gehorsam verpflichtet sind.
Der VIKZ ist der europäische Ableger der türkischen Organisation. Ihr Ziel damals wie heute: die religiöse Unterweisung – Kritiker sprechen von Indoktrination – ihrer Schüler im Gegensatz zu säkularem Staat und Schule. So gründete Süleyman 1951 in Konya das erste Koran-Internat. Die Süleymancilar praktizieren einen erzkonservativen Islam, eng an der Scharia ausgerichtet, und unterwanderten Politik und Behörden der Türkei.
1967 gründete der Europa-Repräsentant der Muslimbrüder, Yusuf Zeynel Abidin, auf Geheiß der Mutterorganisation der Süleyman-Anhänger den VIKZ-Vorläufer „Türkische Union“, aus dem 1973 das Islamische Kultur-Zentrum Köln (IKZ) hervorging. Die Muslimbrüder werden heute von den Sicherheitsbehörden als extremistisch eingestuft. Aber auch Süleymans Leute fielen schon damals durch heftigste antidemokratische, antijüdische, antichristliche und antideutsche Attacken auf. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erhob deshalb – erfolgreich – Einspruch, als der türkische Verein 1979 als erste islamische Gruppierung in Deutschland die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts beantragte. Im Mai 1980 wurde die Organisation in VIKZ mit Sitz in Köln umbenannt. Sie hat nach eigenen Angaben in Deutschland etwa 300 Ableger, darunter 45 im Südwesten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den VIKZ gerade zum Partner des Landes bei der Neuorganisation des islamischen Religionsunterrichts im neuen Stiftungsmodell gemacht.
Der Markenkern des VIKZ: muslimische Schülerheime – Jungen und Mädchen früh streng getrennt – in ganz Europa gründen, um ihre umstrittenen Lehren in der türkischen Diaspora zu verbreiten. Die Jugendlichen besuchen in der Regel eine reguläre Schule, in der sie etwa mit der Evolutionslehre vertraut gemacht werden, die von den Leitern der VIKZ-Heime verworfen wird. Derzeit will der Verband in Leinfelden-Echterdingen ein Schülerheim errichten. Doch die Stadt will das nicht. „Ihre Weltsicht und Einordnung in Gut und Böse, in Islamisch und Nichtislamisch ist definitiv integrationsfeindlich“, sagt die Islamwissenschaftlerin Ursula Spuler-Stegemann.
Andere Hinweise auf fragwürdige Lehren, die mit einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft kaum vereinbar sind, finden sich im VIKZ-Katechismus für die Jugendarbeit. Dem „Kleinen Ilmihal“ (Leitfaden) von 2014 und dem darin verbreiteten strengen Scharia-Islam zufolge ist die Frau von Natur aus minderwertig und muss gesondert behandelt werden. Der Grund: die Unreinheit durch ihre Blutungen. Wie rigide der Verband darüber denkt, zeigt sich im Abschnitt „Besondere Zustände der Frau“. Da lernen Jugendliche, dass Frauen während ihrer Monatsblutung neben dem Berühren des Korans sogar das Berühren von Beschriftungen mit Koran-Versen untersagt ist: „Âyets dürfen nicht angerührt werden, auch dann nicht, wenn sie auf Papier, Stoff oder Mauern wiedergegeben sind.“ Dazu sagt Spuler-Stegemann: „Mit der Betonung des uralten Blut-Tabus zeigt sich, wie extrem die Lehren des VIKZ-Islam sind.“ So werde früh das Bild ihrer Zöglinge von der Minderwertigkeit von Mädchen und Frauen für ihr ganzes Leben geprägt.