Im Zug sprang der Funke über

Aber erst ein Fußballspiel brachte sozusagen den Ball ins Rollen. Am heutigen Mittwoch feiern Helga und Jürgen Metscher aus dem Oppenweiler Ortsteil Aichelbach ihre diamantene Hochzeit.

Sie besiegelten ihre Verlobung 1959 auf einer Bank sitzend im Ötztal: Jürgen und Helga Metscher sind seit 60 Jahren verheiratet. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Sie besiegelten ihre Verlobung 1959 auf einer Bank sitzend im Ötztal: Jürgen und Helga Metscher sind seit 60 Jahren verheiratet. Foto: A. Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Oppenweiler. Noch keine 20 waren die beiden, als es gefunkt hat. Das war im Zug. Sie saß mit ihren Freundinnen im Abteil, er stand mit seinen Kumpels draußen, doch irgendwie trafen sich ihre Blicke immer wieder, Tag für Tag.

Doch miteinander gesprochen haben sie zunächst nicht. Erst ein Fußballspiel brachte sozusagen den Ball ins Rollen, denn als die junge Helga Waltraud ihren Bruder nach dem Spiel in die Vereinsgaststätte begleitete, traf sie dort den jungen Mann, der ihr schon öfter im Zug aufgefallen war. Und er fasste sich ein Herz und begleitete sie nach Hause. Dass sie ihr Leben zusammen verbringen wollten, besiegelten sie mit ihrer Verlobung 1959 im Ötztal, „auf einer Bank“, wie sich beide erinnern.

Am 26. Januar 1962 schlossen dann die jungen Leute den Bund der Ehe und zogen in das frisch renovierte Haus in Aichelbach ein. Hier hatten früher Jürgen Metschers Großeltern gelebt. Unter anderem ein Bienenstand und ein Backofen hatten hier ihren Platz gehabt. Zwar steht beides nicht mehr, doch das Brotbacken ist seit 40 Jahren eine Leidenschaft von Helga Waltraud Metscher.

Die gebürtige Sulzbacherin ist mit fünf Brüdern aufgewachsen, hat bei Telefunken und in Stuttgart in einem Arzthaushalt gearbeitet. Sie pausierte dann zunächst, als 1963 zuerst die Tochter, drei Jahre später der Sohn auf die Welt kam. Als die beiden schließlich Kindergarten und Schule besuchten, fand sie eine Anstellung in Oppenweiler im Geschäft Hemden-Müller.

Nach der Firma Elektro Peter folgte das Wilhelmsheim

Ihr Mann Jürgen trat derweil gewissermaßen in die Fußstapfen seines Vaters, der lange im Lungensanatorium Wilhelmsheim gearbeitet hatte. Nach 15 Jahren bei der Firma Elektro Peter wurde er in Wilhelmsheim „Mädchen für alles“, wie er schmunzelnd erzählt. Das Maschinenhaus war dort sein Reich, der „Dampfkessel mit Turbinenantrieb war eine Wissenschaft für sich“, erinnert sich der gelernte Elektriker, der extra dafür seine Heizerprüfung gemacht hatte. Wochenend- und Bereitschaftsdienst und Schichten gehörten zu seinem Arbeitsalltag dazu. Doch er denkt gern daran zurück: „Interessant war es auf jeden Fall.“

Am 26. Januar 1962 schlossen die jungen Leute den Bund der Ehe. Repro: A. Becher

© Alexander Becher

Am 26. Januar 1962 schlossen die jungen Leute den Bund der Ehe. Repro: A. Becher

Lassen die beiden ihre gemeinsame Zeit Revue passieren, sind sie sich einig, dass sie die Jahre sehr gut miteinander verbracht haben, auch wenn es immer wieder leicht auf- und abgegangen sei. Doch: „Es muss auch ein bissle stürmisch zugehen“, findet Jürgen Metscher. Vor 14 Jahren erlitt er einen Schlaganfall, drei Wochen habe er im Rollstuhl gesessen. Heute merkt man kaum noch etwas davon.

Insgesamt acht Wochen hatte er in einer Rehaklinik am Bodensee verbracht und ist dankbar für die gute Betreuung dort: „Die haben mich wieder zum Laufen gebracht.“ Auch seine Frau war die ganze Zeit über vor Ort, darüber war er sehr froh, sie hat ihn tatkräftig unterstützt.

Eine gemeinsame Leidenschaft ist der Garten. „Meine Frau ist ganz gierig, wenn sie ausgrasen kann“, lacht Jürgen Metscher. Beide bauen gemeinsam Gemüse an, zum Teil ziehen sie die Pflanzen selbst. „Wir sind Zucchini-Fans“, bekennt die Jubilarin mit dem grünen Daumen. Doch auch Tomaten, Paprika, Auberginen, Gurken, Bohnen und Salat wachsen im Gemüsegarten.

Allerdings kann auch ein an sich harmloser Obst- und Gemüsegarten seine Tücken haben, beim Kirschenpflücken hatte sie einen Unfall und seither ein künstliches Gelenk. Doch stets unterstützen sie sich gegenseitig und sind froh, dass sie weiterhin noch beieinander sind, dass sie so weit gesund sind und, wie Jürgen Metscher verschmitzt anmerkt, „dass meine Frau noch für mich kocht“.

„Ich will 95 werden“, sagt Helga Metscher, immerhin sei ihre Schwiegermutter auch so alt geworden, und dann sinniert sie: „Man denkt gar nicht, dass man seit 60 Jahren miteinander verheiratet ist, es ist ganz selbstverständlich für uns.“ Auch wenn die Tochter, die mit ihrer Familie ebenfalls im Haus wohnt, manchmal sagt, es sei Krieg und Frieden zwischen den beiden. Hauptsache, der Frieden überwiegt. Und so achtsam, wie das Ehepaar miteinander umgeht, bestehen hier für die Zukunft gar keine Bedenken.

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Erstellt:
26. Januar 2022, 16:00 Uhr

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