„In der Natur ist’s halt am gesündesten“

In der Gemeinde Burgstetten werden langsam die Kindergartenplätze knapp, weil viele neue Häuser gebaut und junge Familien zuziehen werden. Deswegen steht jetzt die Gründung eines Waldkindergartens auf Platz eins der Wunschliste des Gemeinderats.

Auch wenn das Foto gestellt ist – es drückt doch aus, mit welcher inneren Zufriedenheit und Begeisterung diese Mädchen und Jungen in den Waldkindergarten Althütte gegangen sind. Archivfoto E. Layher

© Edgar Layher

Auch wenn das Foto gestellt ist – es drückt doch aus, mit welcher inneren Zufriedenheit und Begeisterung diese Mädchen und Jungen in den Waldkindergarten Althütte gegangen sind. Archivfoto E. Layher

Von Florian Muhl

BURGSTETTEN. „Ich war schon vor über 20 Jahren begeistert vom Waldkindergarten. Ich habe davon geträumt, meine Kinder da hinzubringen; leider war zu diesem Zeitpunkt der nächstliegende in Althütte gewesen und damit für uns viel zu weit weg“, bekannte Gemeinderätin Anja Geldner in der jüngsten Gemeinderatssitzung. „Ich wünsche mir, dass jedes Kind die Chance hat, wirklich viel Zeit draußen in der Natur, im Wald zu verbringen und da ganz andere Erfahrungen mit allem, was man da entdecken kann, zu machen als in einem eingezäunten Bereich. In der Natur ist’s halt am gesündesten.“ Mit diesen Worten sprach die stellvertretende Bürgermeisterin offensichtlich allen ihren Ratskollegen aus der Seele. Aber von Anfang an.

Zu Beginn stellte Bürgermeisterin Irmtraud Wiedersatz fest, dass „die heutige Sitzung ja geprägt ist von der Unterbringung unserer Kinder in der Gemeinde“. Im anschließenden Bericht über die Kindergartensituation machte Hauptamtsleiterin Steffi Lämmle deutlich, dass die Plätze derzeit zwar noch ausreichen, nicht aber in absehbarer Zeit. „Es werden nicht weniger, sondern mehr Kinder“, ergänzte die Bürgermeisterin. „Die Zahlen sind immer stark angestiegen und die Kinder werden ja auch immer jünger, die wir aufnehmen müssen“, so Wiedersatz weiter. Die Gemeinde habe seither immer eine Vollauslastung gehabt und immer wieder erweitert. Ein Blick in die Zukunft verrät: Es wird weitere Kinder geben, die betreut werden wollen. Etliche Mehrfamilien- und Doppelhäuser entstehen in Erbstetten, so in der Panoramastraße, Zwingergasse und Schillerstraße. Zudem wird zeitnah das Neubaugebiet Brühl in Erbstetten erschlossen. „Jetzt machen wir uns einfach Gedanken, wie wir angesichts des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz rechtzeitig die Weichen stellen können“, sagte die Verwaltungschefin. Folgende drei Alternativen, die auch miteinander kombiniert werden können, standen noch auf der Tagesordnung: Erweiterung des evangelischen Kindergartens Erbstetten, Umbau der leer stehenden Hausmeisterwohnung in Burgstall und Einrichtung eines Waldkindergartens.

Die Erweiterung des evangelischen Kindergartens Erbstetten um eine Gruppe kam im Gremium unterschiedlich gut an. Das Architekturbüro Beutelspacher& Partner aus Marbach am Neckar hatte dazu die Pläne erstellt. Wegen der fehlenden Barrierefreiheit kam eine Aufstockung nicht infrage. So wurde ein zweistöckiger Anbau geplant. Die bürgerliche Gemeinde rechnet mit Kosten von 900000 bis eine Million Euro, wobei der Kirchengemeinderat auch noch zustimmen müsste, wenn diese Planung realisiert werden sollte. Doch das 830 Quadratmeter große Grundstück bietet jetzt schon nur wenig Freifläche für die Kinder im Außenbereich. Sollte der Anbau kommen, würde der Spielbereich im Freien weiter schrumpfen. Die Nutzfläche im Innenbereich würde von derzeit 185 auf dann 375 Quadratmeter anwachsen. Die neue Gruppe könnte etwa 15 Kinder aufnehmen. Auch bemängelt wurde von den Räten die bereits beengte Verkehrssituation.

Der Umbau der leer stehenden Hausmeisterwohnung in Burgstall wurde dagegen allseits begrüßt. Die Wohnung befindet sich direkt am Eingang der Gemeindehalle rechter Hand. Denkbar wäre laut Bürgermeisterin der Einbau eines Krippenraums inklusive Schlafraum für etwa zehn Kinder von null bis drei Jahren. Die Umbaukosten schätzt das Architekturbüro auf 150000 bis 200000 Euro. Den Gemeinderäten gefiel besonders die Nähe zum bestehenden Kindergarten und zur Grundschule. Anja Geldner sprach bereits von einem „Bildungszentrum“, das dort entstehen würde. Es sei ausreichend Spielgelände da, ebenso Parkplätze. Alles sei ebenerdig. Den einzigen kritischen Aspekt brachte Hannes Ludwig ins Spiel. In Erbstetten würde, was die Bautätigkeiten anbelange, die Post abgehen, und die Krippenplätze würden in Burgstall entstehen. Wiedersatz sah darin kein Problem: „Die Eltern bringen ihr Kind mit dem Auto und fahren dann weiter zu ihrem Arbeitsplatz.“

Die mögliche Einrichtung eines Waldkindergartens begeisterte schließlich das ganze Gremium. „Hier wachsen die Kinder in der Natur auf. Auch aus gesundheitlichen Aspekten wäre der zu begrüßen, weil die Kinder an der frischen Luft sind und sehr viel Bewegung haben“, sagte Wiedersatz. Aus aktuellem Anlass fügte die Rathauschefin noch an: „Vor allem in Zeiten einer Pandemie wäre der Aufenthalt im Freien wichtig.“ Angedacht sei eine Gruppenstärke von 20 drei- bis sechsjährigen Kindern. Geldner wies auf weitere Aspekte hin: „Waldkindergärten zeichnen sich auch dadurch aus, dass fast alles mit Naturmaterialien gearbeitet wird und dass die Kinder recht frühzeitig das Miteinander leben müssen.“

Für das wirklich schlechte Wetter stünde ein Bauwagen zur Verfügung, in den sich die Kinder zurückziehen könnten. Dessen Standort sei noch zu klären. Und der Knüller: Die Wiesheu-Stiftung hat der Gemeinde bereits eine finanzielle Unterstützung zugesagt, laut Wiedersatz für mindestens zehn Jahre.

Zum weiteren Vorgehen sagte die Bürgermeisterin: „Der Schul- und Kindergartenausschuss wird sich jetzt zeitnah sehr ausgiebig mit dem Thema beschäftigen, die ganzen Vor- und Nachteile aufzeigen und die ganzen Kosten zusammenstellen, um dann so letztlich die Frage beantworten zu können: Welche Plätze können wir dann tatsächlich zusätzlich schaffen und für welche Altersgruppe?“

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Erstellt:
21. Oktober 2020, 06:00 Uhr

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