Kinder ermitteln am Tatort Chemie
Technik-Detektive machen Station am Max-Born-Gymnasium Backnang – Freude am Experimentieren wird gefördert
Wie geht das? Warum funktioniert das? Die moderne Welt birgt viele Geheimnisse, die gelüftet werden wollen. Die Technik-Detektive sind den Lösungen auf der Spur: Kleine Experimente lösen Aha-Effekte aus und bringen Licht ins Dunkel – so wie jetzt beim „Tatort Chemielabor“ im Backnanger Max-Born-Gymnasium.

© Pressefotografie Alexander Beche
Technik-Detektive bei der Arbeit: Während fleißige Hände einen möglicherweise vergifteten Nachtisch anrühren, erproben zwei Mädchen den Umgang mit einem Indikator. Wilfried Musterle (rechts) macht die Kinder mit ersten Geheimnissen der Chemie vertraut. Foto: A. Becher
Von Armin Fechter
BACKNANG. Die Nachwuchsforscher treffen sich sonst immer in Waiblingen. Dieses Mal aber machen die Technik-Detektive am Max-Born-Gymnasium Station. Dort wartet Wilfried Musterle mit seinen Kriminalfällen auf die Dritt- und Viertklässler, die aus dem ganzen Rems-Murr-Kreis kommen. Es geht um Scheckbetrug, tödliches Gas, einen Schuss in der Küche und andere mysteriöse Vorkommnisse. Zugrunde liegen echte Fälle, über die die Zeitung berichtet hat, und es gilt, die Umstände auszuleuchten.
Zur Unterstützung hat Musterle, der Chemie, Physik, Informatik und Ethik unterrichtet, eine Reihe von Assistenten dabei – Zehntklässler aus der Chemie-AG der Schule. Sie betreuen die Kinder an den Stationen und helfen ihnen, bei den Experimenten ans Ziel zu kommen.
Die neugierigen Nachwuchsforscher gehen Schritt für Schritt voran
Während die neugierigen Kids Schritt für Schritt vorgehen, notieren sie ihre Beobachtungen, Vermutungen und zuletzt Erkenntnisse auf einem Zettel. Beispielsweise beim Fall einer Frau in Hongkong, die in eine Jauchegrube gefallen und umgekommen ist. Der Versuch dazu: In einem hohen Glas wird etwas Soda mit Zitronensäure gemischt und Wasser dazugegeben. Sogleich beginnt das Ganze zu schäumen. Dann wird eine brennende Kerze ins Glas geführt – und sie erlischt. Denn im Glas hat sich Kohlendioxid gesammelt, das den Sauerstoff, der zum Brennen (und zum Atmen) nötig ist, verdrängt hat.
An einer anderen Station testen die Kinder ein Rezept für Giftmischer. Aus Wasser, Natron und Zitronensäure stellen sie ihre persönliche Brause her, „eine widerliche“, protestiert ein Junge nach der ersten Probe. „Sie ist echt besser geworden nach dem Rühren“, bemerkt hingegen sein Kumpel. Doch der Dritte im Bunde findet: „Sie ist immer noch sauer.“ Aber nach und nach finden die Kinder den Geschmack.
Unterdessen steht ein anderes Grüppchen vom Tisch auf. Mit Assistentin Lara geht es hinunter auf den Schulhof, wo sie es richtig krachen lassen: In ein Röhrchen füllen sie etwas Wasser und geben eine Brausetablette dazu. Dann schnell den Deckel drauf, die Hand nach vorne strecken und kurz warten, bis das Geschoss mit einem lauten Knall losgeht: Im Röhrchen hat sich Druck aufgebaut, sodass der Verschluss in die Luft geht.
„Es sind einfache Experimente mit Sachen aus dem Haushalt“, erklärt Musterle, der mit seiner Hexenküche auch Viertklässler aus den Grundschulen in Backnang und Umgebung mit ersten Geheimnissen der Chemie vertraut macht und zudem im Rahmen der Hector-Kinderakademie der Grundschule Maubach tätig ist. Auch wenn die Themen seiner Kriminalfälle recht martialisch klingen, so sind die Experimente dazu doch ungefährlich und können zu Hause nachgemacht werden. Die Anleitungen können die Kinder mitnehmen.
Das Projekt Technik-Detektive soll Kindern von der dritten bis zur sechsten Klasse Themen aus dem Mint-Bereich – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – mit Spaß nahebringen sowie technisches Verständnis und Freude am Experimentieren fördern. Hintergrund ist der enorme Fachkräftemangel, über den viele Unternehmen und Wirtschaftsverbände klagen. Schon in jungen Jahren sollen deshalb Hürden und Scheu vor technischen Fragestellungen abgebaut werden. Dass über die Hälfte der Teilnehmer am Chemienachmittag Mädchen sind, freut Projektleiterin Annette Götzel vom Bildungsträger BBQ dabei besonders. Auch Mädchen seien für Naturwissenschaften und Technik zu haben, unterstreicht sie. Es kommt halt auch ein wenig darauf an, was gemacht wird: Ein Solarmobil würden sich nur wenige bauen wollen, aber das Angebot „Schmucklöten“ fanden viele beispielsweise ganz toll.
Götzel ist auch überzeugt, dass das Projekt Technik-Detektive funktioniert. Sie verweist auf das Beispiel eines Jungen, dem sie wiederholt begegnet ist: erst bei den Technik-Detektiven, später dann bei der Junior- und bei der Schüler-Ingenieur-Akademie – und inzwischen hat er ein Ingenieurstudium angetreten.
Der Technik-Club mit den Technik-Detektiven wurde im Herbst 2009 aus der Taufe gehoben. Pro Jahr gibt es etwa 15 Aktionen mit jeweils etwa 15 Teilnehmern. So haben an den bislang rund 150 Veranstaltungen über 2000 Kinder teilgenommen.
Finanziert wird das Projekt von Südwestmetall, dem Verband der Metall- und Elektroindustrie. Anfangs gab es zusätzlich eine Förderung von der Stiftung der Kreissparkasse. Umgesetzt wird das Programm vom gemeinnützigen Bildungsträger BBQ Bildung und berufliche Qualifizierung gGmbH in Waiblingen. Als Projektträger ist ferner das Landratsamt mit seiner Wirtschaftsförderung im Boot.
Vor den Sommerferien gibt es noch zwei Programme: „Solar-Renner“ am Freitag, 12. Juli, von 14.30 bis 17.30 Uhr für Klassen drei und vier (da wird ein voll funktionsfähiges, schnittiges Solarfahrzeug mit Lenkung gebaut) und „Wanduhr Labyrinth“ am Samstag, 13. Juli, von 10 bis 12.30 Uhr für Klassen fünf und sechs (da können die Kinder nach Herzenslust sägen und feilen). Beide Veranstaltungen finden bei BBQ in Waiblingen, Schmidener Straße 1, statt.
Anmeldungen nimmt Projektleiterin Annette Götzel noch bis Ende der Woche per E-Mail an goetzel.annette@biwe-bbq.de entgegen. Wer nicht zum Zug kommt, wird in eine Warteliste aufgenommen und über weitere Aktionen informiert.
Nähere Informationen gibt es im Internet auf www.technik-detektive.de.