Kochkurs für Kinder aller Kulturen

Der von Geflüchteten gegründete Verein „Pyramidea“ in Oppenweiler bietet viele Aktionen für Familien mit Kindern an. Auf dem Programm stehen unter anderem ein wöchentlicher Koch- und Backkurs, ein Kleiderflohmarkt und interkulturelle Abende.

Manche Kinder haben schon Erfahrung beim Rollen von Sushi, für andere ist es das erste Mal. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Manche Kinder haben schon Erfahrung beim Rollen von Sushi, für andere ist es das erste Mal. Foto: Alexander Becher

Von Klaus J. Loderer

Oppenweiler. Erwartungsvoll stehen die Kinder um den großen Tisch. Gleich werden sie zusammen Sushi zubereiten. Kleine Bambusmatten werden in Folien verpackt, dann kommt ein Noriblatt darauf. Der Reis und die Zutaten stehen schon bereit. Jedes Kind macht sich an eine eigene Kreation. Lukman zum Beispiel verteilt großzügig Wasabipaste auf dem Reis. Er solle vorsichtig damit sein und die Paste erst einmal probieren, wird ihm gesagt. Sein Nachbar Ahmed traut sich und verzieht das Gesicht. „Scharf“, kommentiert er überrascht.

Es ist der wöchentliche Koch- und Backworkshop des Projekts „‘N guten, Habibi“ („‘N guten, Schatz“). Angeboten wird er von dem 2017 von Geflüchteten gegründeten Verein „Pyramidea“. Das Programm wird im Rahmen von „Auf!leben – Zukunft ist jetzt“ der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Der Koch- und Backkurs soll Kindern im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren Essen verschiedener Kulturen näherbringen und Kenntnisse zu einer gesunden Ernährung vermitteln. Was bedeutet beispielsweise saisonal, was regional? Auch dafür möchte Chiara Dörsam, die das Projekt initiiert hat und jetzt leitet, die Kinder sensibilisieren. Die Kinder aus der Coronazeit herauszuholen ist ein weiterer Anspruch, den sie an den Kurs hat. „Dabei geht es um das Erleben und Lernen außerhalb des Unterrichts“, erklärt sie. Den Rahmen dafür bietet das Bistro „Chez Fritz“ in den Tennishallen in Oppenweiler. Dass sich die Kinder dort derzeit noch austoben können, trägt sicher zum Gelingen des Projekts bei.

Chiara Dörsam berichtet vom Muttertagsprojekt, das auf große Resonanz gestoßen sei. Die ersten Aktionen seien aber nur im Internet durchgeführt worden. Man habe Pakete mit den Zutaten und Rezepte verschickt und sich dann online getroffen. Das Kochen erfolgte dann nicht nur virtuell, sondern echt. So habe man zusammen Maultaschen gemacht. Dörsam erzählt, dass sie am Bildschirm sehen konnte, wie ganze Familien dabei mitgemacht haben. Auch der Kartoffelsalat sei gut angekommen. Ein anderes Mal habe eine Elfjährige die komplette Veranstaltung online moderiert und übersetzt. Ihre Mutter zeigte, wie man ein syrisches Gericht zubereitet.

Beim Ferienprojekt in den Osterferien für die Fünf- bis Elfjährigen war es im „Chez Fritz“ richtig voll. 30 Kinder tobten durch die Anlage. Der Kleiderflohmarkt habe so eine große Resonanz gehabt, dass danach noch mehr Kleiderspenden eingetroffen seien, die nun die Basis für einen weiteren Kleiderflohmarkt bilden sollen.

Für die Älteren ab 16 Jahren gibt es mehrmals im Monat interkulturelle Abende. Vier Jugendliche bereiten in der Küche das Essen vor, damit die Gäste Speisen aus anderen Kulturkreisen kennenlernen können. Für viele Leute zu kochen mache ihnen nichts aus, erzählt Chiara Dörsam: „Die Jugendlichen sind es von daheim gewohnt, dass für viele Leute gekocht wird.“

Was gekocht und gebacken wird, dafür machen die Kinder Vorschläge. Trends aus den sozialen Medien schlagen sich da durchaus nieder, bemerkt Chiara Dörsam. Einmal habe man Pesto hergestellt. Da habe es zuerst abfällige Kommentare gegeben wie: „Igitt, Kräuter mag ich nicht.“ Doch schließlich habe sie die Kinder auf den Geschmack gebracht. Dass gesunde Ernährung gut schmecken kann und dass man beim Kochen Spaß haben kann, das möchte sie den Kindern zeigen. Manchmal müsse man mit Stars locken, meint sie schmunzelnd: „Wenn Cristiano Ronaldo etwas isst, mögen es die Kinder auch.“ Die Rezepte sollen als Kochbuch zusammengestellt werden, das gegen eine Spende erhältlich sein soll. Weitere Kinder sind willkommen.

Beim Sushinachmittag helfen Helen und der aus Syrien stammende Dani mit. Sushi zu machen war der Wunsch der Kinder. Mohammad schaut in der ersten Runde nur zu und gibt einem Freund, den er mitgebracht hat, Anweisungen. Doch dann will er auch ausprobieren, wie man Sushi macht und verteilt Reis auf einem Noriblatt. Schnell stellt er fest, dass es gar nicht so einfach ist, die Rolle so zu wickeln, dass die Zutaten drin bleiben. Mit vereinten Kräften entsteht eine schöne Sushirolle. Für Nour ist der Geschmack ungewohnt. Silav hat schon Erfahrung mit Sushi. Sie mache Sushi schon zum vierten Mal, erzählt sie stolz. Das sieht man ihren perfekt gerollten Sushi an. Sie zerschneidet die Rolle akkurat und legt die Stücke dekorativ auf einen Teller. Dann lässt sie probieren und freut sich über das Kompliment. Sie macht noch eine zweite Sushirolle, die sie ihrer Mutter mitnimmt.

Auch die nächsten Projekte sind schon in Planung. Am 17. Juli möchte Chiara Dörsam das Haus öffnen beim „Brunch für alle“, um „zu zeigen, was wir machen und Interessenten als zukünftige Teilnehmer zu gewinnen.“ Dafür sei noch eine Anmeldung notwendig, sagt sie, aber zum Abschlussfest am 28. August könne man kommen, ohne sich vorher anzumelden. Chiara Dörsam hofft, dass das Projekt auch nach dem Sommer weitergeführt werden kann.

Für die Älteren ab 16 Jahren
gibt es mehrmals im Monat
interkulturelle Abende.

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Erstellt:
19. Mai 2022, 06:00 Uhr

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