Kommentar: Simulation direkter Demokratie

Kommentar: Simulation direkter Demokratie

Von Stefan Kegel

Es ist eine der großen Verheißungen der direkten Demokratie: dass durch Bürgerbeteiligung das Interesse der Menschen an Politik neu erwacht. Bürgerräte sollten dieser Idee auch auf Bundesebene Auftrieb geben. Die zuständige Stabsstelle im Bundestag wurde jedoch nun geschlossen, das Projekt damit ad acta gelegt.

Der Bürgerrat Ernährung aus der Zeit der Ampelkoalition wird damit als einziges derartiges Projekt in die Geschichte eingehen. Angesichts der Ergebnisse muss man darüber nicht traurig sein. Die Teilnehmer – im Losverfahren ermittelt – arbeiteten zwar einen Bericht aus. In ihm wurden unter anderem die Streichung der Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse, kostenloses Mittagessen in Kitas und Schulen sowie eine staatliche Kennzeichnung von Produkten hinsichtlich Klimaschutz, Tierwohl und Gesundheit gefordert. Passiert ist danach aber nichts.

Weder die Ampel noch Schwarz-Rot griffen die Ideen auf. Sie setzen eher auf Expertenkommissionen. Deren Berichte verschwinden zwar oft genauso in den Schubladen des Politikbetriebs. Aber wenigstens gaukeln sie den Bürgern nicht vor, sie könnten jenseits des Kreuzchens bei der Wahl direkt an wichtigen Entscheidungen beteiligt werden. Wer den Mut nicht hat, die Ideen von Bürgerräten in Politik umzusetzen, sollte diese Art der Beteiligung gar nicht erst einführen. Die Simulation direkter Demokratie erzeugt statt Bürgernähe eher Frust.

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Erstellt:
26. November 2025, 22:04 Uhr
Aktualisiert:
26. November 2025, 23:54 Uhr

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