Kontrahentin an den Haaren gezogen

40-Jährige kommt vor dem Amtsgericht Backnang mit einer Bewährungsstrafe davon.

Symbolfoto: Romolo Tavani - adobe.stock.com

© Romolo Tavani

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Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Vor dem Amtsgericht hat sich eine 40-jährige Frau aus Backnang wegen gefährlicher Körperverletzung zu verantworten. Sie wird zu einer dreimonatigen Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Vorfall hat sich im Februar dieses Jahres ereignet. Am späten Nachmittag treffen die Angeklagte und ihre Kontrahentin in der Nähe der Fußgängerunterführung am Bahnhof aufeinander. Die beiden Frauen kennen sich, sind aber schlecht aufeinander zu sprechen. Die eine verbreitet über die andere wilde Gerüchte und umgekehrt. Gern geht es in diesen Gerüchten um die Beziehungen mit Männern. Das zufällige Zusammentreffen an jenem Tag lässt bei der Angeklagten offenbar die ganze Wut über ihre Kontrahentin hochkommen. Heftig fährt sie die andere Frau an. Diese nimmt aber auch kein Blatt vor den Mund. Und schon sind die beiden in einem heftigen Wortgefecht, in dem keine der anderen etwas schuldig bleibt.

Dann aber wird es handgreiflich. Das heißt, die Angeklagte langt besonders zu. Sie zieht ihre Kontrahentin an den Haaren, reißt ihr angeblich ganze Haarbüschel aus. Die Gepeinigte geht zu Boden, erleidet dadurch Prellungen und Hämatome. Die Situation ausnutzend soll die Angeklagte ihre Gegnerin auch noch gegen den Kopf getreten haben. So steht es zumindest in der Anklageschrift des Staatsanwalts. Die Angeklagte selbst leugnet die Tritte gegen den Kopf.

Um Klarheit in die Sache zu bringen, soll auch die Geschädigte gehört werden. Sie ist als Zeugin geladen, erscheint aber nicht. Ein Ordnungsgeld wird gegen sie verhängt. Vielleicht kann durch die Angaben der anderen Zeugen der Ablauf des Geschehens vorangetrieben werden. Ein 38-jähriger Monteur, der Lebensgefährte der Angeklagten, sagt aus. Als die beiden Damen in Streit gerieten, ging er dazwischen. Dass die Kontrahentin zu Boden ging, streitet er ab.

Ein vorbeifahrendes Ehepaar sieht die streitenden Frauen und schreitet ein.

Gerade als die beiden streitbaren Damen aufeinandertrafen, war ein Ehepaar mit dem Auto auf der Erbstetter Straße unterwegs. Sie wurden auf die Handgreiflichkeiten aufmerksam. Auch deshalb, weil ein Handy auf die Straße geschleudert wurde. Weil die Sache gefährlich aussah, schritt das Ehepaar ein. Eine 38-jährige Ingenieurin, Beifahrerin im Auto, sah, dass jemand am Boden lag. Tritte gegen den Kopf kann sie nicht bestätigen. Für ihren Ehemann sah es zumindest so aus, als wollte die Angeklagte gerade mit dem Fuß ausholen. Beide Zeugen kümmerten sich nach dem Vorfall um die Malträtierte und fuhren sie zur Polizei. Nur zögerlich habe sie dem Vorhaben zugestimmt, die Rangelei zur Anzeige zu bringen. Für den Staatsanwalt steht die Sache fest. In seinem Plädoyer konstatiert er: Die Angeklagte hat ihre Kontrahentin geschlagen und zu Boden gebracht. Die Tritte gegen den Kopf der Geschädigten sind allerdings nicht erwiesen.

So laute der Tatvorwurf nicht auf gefährliche, sondern auf einfache Körperverletzung. Eventuell seien bei dem Vorfall Drogen oder Alkohol im Spiel gewesen. Das Zeugen-Ehepaar habe diesbezügliche Vermutungen geäußert. Die Angeklagte hat die Tat zugegeben. Gegen sie sprächen aber sechs Voreintragungen im Bundeszentralregister. Insbesondere wegen Drogendelikten hat die Angeklagte bereits das Gefängnis von innen gesehen. Zuletzt sei sie 2014 wegen Körperverletzung verurteilt worden. Der Staatsanwalt schlägt folglich drei Monate Gefängnis auf Bewährung vor. Ferner könne man der Angeklagten 40 Stunden gemeinnützige Arbeit abverlangen.

So lautet dann auch das Urteil des Richters. Zwei Jahre lang muss sich die Angeklagte bewähren. Ein Bewährungshelfer soll sie unterstützen. Und die 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit sollen innerhalb von neun Monaten erledigt werden.

Sehr angespannt hatte die Angeklagte die Verhandlung verfolgt. Mit hochgezogenen Schultern, krummem Rücken, den Kopf zurückgenommen saß sie während der Verhandlung da. Sie will die Sache beendet wissen. Auf Nachfrage des Richters nimmt sie das Urteil sofort an. Dann beeilt sie sich, den Gerichtssaal zu verlassen. Vor der Tür wartet ihr Lebensgefährte.

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Erstellt:
10. Juli 2020, 06:00 Uhr

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