Land hebt Mindestbußgeld für Maskenverweigerer an

dpa/lsw Stuttgart. Die unterschiedlichen Regeln und Beschränkungen in der Corona-Krise werden oft kritisiert. Nun können sich Kanzlerin und fast alle Ministerpräsidenten zumindest auf einige Regeln einigen. Regierungschef Winfried Kretschmann verteidigt das - und appelliert.

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Ein höheres Mindestbußgeld, ein Verbot ungeschützter größerer Veranstaltungen und keine weiteren Lockerungen der Corona-Auflagen: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die neuen Regeln von Bund und Ländern angesichts der wieder steigenden Corona-Infektionszahlen verteidigt und an die Verantwortung jedes Einzelnen appelliert. Das Land stehe „an einer Wegscheide“, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag nach Beratungen der Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Die Infektionszahlen hätten ein gefährliches Niveau erreicht und drohten den Erfolg der ersten Jahreshälfte im Kampf gegen die Pandemie zu zerstören. „Das Virus macht keine Sommerpause, es ist immer noch da“, sagte Kretschmann. Die zweite Hälfte des Jahres werde nicht leichter als die ersten sechs Monate, warnte er in einer Video-Stellungnahme. Die Infektionszahlen müssten zwingend zurückgehen, um die Lockerungen der vergangenen Wochen nicht zu gefährden.

Zurzeit ist die Richtung aber eine andere. Die Zahl der seit Beginn der Pandemie nachweislich mit dem Coronavirus Infizierten stieg in Baden-Württemberg auf mindestens 41 247. Das sind 283 Menschen mehr als am Vortag, wie aus Zahlen des Landesgesundheitsamtes vom Donnerstag (Stand: 16.00 Uhr) hervorgeht. Die Zahl der neuen Fälle steige seit gut einem Monat stetig. Auffällig seien viele jüngere Infizierte sowie viele Menschen, die sich vermutlich im Ausland infiziert hätten. In den vergangenen beiden Wochen hätten sich rund 58 Prozent der neuinfizierten Menschen wahrscheinlich im Ausland angesteckt. Zudem habe es mehrere kleinere familiäre Ausbrüche gegeben, die teils auch von Reiserückkehrern ausgelöst worden seien.

Heilbronn bleibt als einzige baden-württembergische Kommune über der kritischen Marke von 35 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage; ab diesem Wert gilt eine Vorwarnstufe. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Heilbronn liegt inzwischen bei knapp 39,6 Fällen pro 100 000 Einwohner. Nicht mehr allzu weit weg von diesem Wert ist Ulm (32,4).

Kretschmann sagte, man könne bei der Virusbekämpfung nur Erfolg haben, wenn die Menschen auf sich und auf andere achteten. „Zusammenhalt ist unser größter Trumpf“, betonte er. „Die Jungen tragen eine besondere Verantwortung für die Älteren und andere Risikogruppen.“

Bund und Länder hatten zuvor in einer gemeinsamen Beratung unter anderem beschlossen, Verstöße gegen die Corona-Beschränkungen schärfer zu ahnden. Auf ein bundesweit einheitliches Vorgehen konnten sie sich aber nicht einigen.

In Baden-Württemberg werde nun zwar wie in weiten Teilen Deutschlands auch ein Bußgeld von mindestens 50 statt wie bislang 25 Euro erhoben, wenn eine Maske nicht wie vorgeschrieben getragen wird, sagte Kretschmann. Allerdings will Bayern bei der deutlich schärferen Strafe von 250 bis 500 Euro in seinem Land zu bleiben. Sachsen-Anhalt will laut Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) gar kein Bußgeld erheben.

Die neuen Beschlüsse haben allerdings keine Auswirkung auf das im Südwesten geltende Mindestbußgeld für Verstöße gegen die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen: Dieses liegt weiter bei 100 Euro.

Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: „In manchen Ländern ist das Bußgeld lächerlich wenig. Wer keine Maske trägt, gefährdet andere Menschen. Deshalb braucht es auch eine anständige Sanktion. 50 Euro sind als Mindesthöhe okay - richtig ist es bei uns in Baden-Württemberg, wo bis zu 250 Euro fällig werden können.“

Großveranstaltungen, bei denen eine Kontaktverfolgung und das Einhalten von Hygieneregelungen nicht möglich ist, sollen bis mindestens Ende Dezember 2020 verboten bleiben. Bei den umstrittenen Feiern im Familien- und Freundeskreis konnten sich Bund und Länder nicht auf eine bundesweit geltende Teilnehmer-Begrenzung einigen.

Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder verständigten sich zudem darauf, die kostenlosen Corona-Tests für Einreisende aus Nicht-Risikogebieten zum Ende der Sommerferien mit dem 15. September zu beenden. Reiserückkehrer aus Risikogebieten sollen demnächst eine Corona-Quarantäne frühestens durch einen Test ab dem fünften Tag nach Rückkehr beenden können. Eltern bekommen fünf zusätzliche Tage zur Betreuung eines kranken Kindes.

In den vergangenen Wochen war immer mehr Unverständnis über zum Teil deutlich auseinanderliegende Vorschriften etwa im Umgang mit dem Schulbeginn, privaten Feiern oder Großveranstaltungen in den einzelnen Ländern laut geworden. Zuletzt hatte Merkel mit den Länderregierungschefs am 17. Juni gemeinsam über Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie beraten.

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Erstellt:
27. August 2020, 17:54 Uhr

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