Kriminalstatistik 2022: Mehr Kinder und Jugendliche werden Täter

Nach den eher ruhigen Coronajahren ist die Kriminalität im Rems-Murr-Kreis im vergangenen Jahr wieder etwas angestiegen, das zeigt die Kriminalitätsstatistik 2022. Besonders Betrug und Diebstahl stehen ganz vorne auf der Liste der Straftaten.

Diebstähle machen ein Viertel aller Straftaten im Rems-Murr-Kreis aus. Häufig sind die Tatverdächtigen jung. Symbolfoto: Mihail/stock.adobe.com

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Diebstähle machen ein Viertel aller Straftaten im Rems-Murr-Kreis aus. Häufig sind die Tatverdächtigen jung. Symbolfoto: Mihail/stock.adobe.com

Von Kristin Doberer

Rems-Murr. Mit dem Ende der Maßnahmen gegen die Coronapandemie ist im vergangenen Jahr das gesellschaftliche Leben wieder voll zurückgekommen – und damit auch gewisse Teile der Kriminalität. Das zeigt die Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Aalen. So sind 2022 im Rems-Murr-Kreis insgesamt 17564 Straftaten verübt worden, etwa 12 Prozent mehr als im Vorjahr. „Trotzdem sehen wir langfristig eine positive Entwicklung“, sagt Polizeipräsident Reiner Möller. Demnach liege man noch immer unter dem Vor-Corona-Niveau (siehe Grafik) und auch im Zehnjahresvergleich gehen die Zahlen zurück. Außerdem betont Möller: Beim Häufigkeitswert, also dem Verhältnis der Straftaten pro 100000 Einwohner, liege man deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Dass das im Wahrnehmen der Bürgerinnen und Bürger nicht immer so ankommt, liege laut Möller auch an den Straftaten im öffentlichen Raum. Diese sind im vergangenen Jahr auf 7655 gestiegen und machen etwa 40 Prozent aller Straftaten aus. „Das wird von den Bürgern natürlich wahrgenommen“, so Möller.

Diebstahlsdelikte Mit einem Viertel der Straftaten machen Diebstähle den Löwenanteil der begangenen Delikte aus. Diese sind im vergangenen Jahr gestiegen und befinden sich wieder auf Vor-Corona-Niveau, im Rems-Murr-Kreis gab es 4331 Diebstähle. „Viele sind Ladendiebstähle“, erläutert Möller. Häufig seien die Täter Kinder und Jugendliche. Dementsprechend ist deren Anzahl als Täter im vergangenen Jahr auch deutlich gestiegen. „Das ist besorgniserregend“, sagt Reiner Möller. So zeigt die Kriminalstatistik, dass die Zahl der tatverdächtigen Kinder (bis 14 Jahre) um 39 Prozent angestiegen ist. Und die Zahl der Jugendlichen (also der 14- bis 17-Jährigen) unter Tatverdacht befindet sich aktuell auf einem Höchststand. Neben Diebstahlsdelikten ist die Zahl der jungen Tatverdächtigen besonders auch in den Bereichen Gewaltdelikte und Sachbeschädigung gestiegen. Auch Diebstähle nach Wohnungseinbrüchen bleiben ein Schwerpunktthema für die Polizei. „Das ist auch deshalb wichtig, weil viele Betroffene sich nach einem Einbruch schwer tun, in der Wohnung zu bleiben“, sagt Möller. Deshalb versuche die Polizei hier mit Präventionsmaßnahmen Einbrüche zu verhindern, zum Beispiel mit Beratungsbroschüren zu Fenstern für den Hausbau. Trotzdem habe es im vergangenen Jahr im Rems-Murr-Kreis 130 Einbrüche gegeben (rund 55 Prozent mehr als im Vorjahr), viele davon entlang der Bundesstraßen beziehungsweise entlang der S-Bahn-Route. Die Aufklärungsquote liegt hier nur bei rund
31 Prozent.

Die Fallzahlen im Rems-Murr-Kreis sind leicht gestiegen. Als einen Grund nennt die Polizei Ende der Maßnahmen gegen die Coronapandemie.

© Jennifer Bauer

Die Fallzahlen im Rems-Murr-Kreis sind leicht gestiegen. Als einen Grund nennt die Polizei Ende der Maßnahmen gegen die Coronapandemie.

Fälschungsdelikte Deutlich zugenommen hat die Zahl der sogenannten Vermögens- und Fälschungsdelikte, sie machen 2022 etwa 16 Prozent aller Straftaten aus. Im Rems-Murr-Kreis waren es insgesamt 2780 Delikte. Besonders schwierig für die Polizei sind die verschiedenen Betrugsmaschen und Anrufstraftaten, die besonders ältere Bürgerinnen und Bürger ins Visier nehmen. „Hier ändert sich ständig der Modus Operandi. Die Täter gehen auf aktuelle Entwicklungen ein“, berichtet Möller. So sei zum Beispiel die Betrugsmasche des falschen Polizeibeamten zurückgegangen, stattdessen häuften sich im Jahr 2022 die sogenannten Schockanrufe. Das Problem: Ein Großteil der Taten wird aus dem Ausland begangen, ein Grund für eine sehr geringe Aufklärungsquote. „Wir bekommen eigentlich nur die Abholer“, so Möller. Man arbeite aber international viel zusammen, um die Strippenzieher zu erwischen. Die hier geringe Aufklärungsquote sei auch ein Grund dafür, dass die Quote insgesamt im Vergleich zu den Vorjahren etwas gesunken ist, nämlich auf knapp 61 Prozent.

Politisch motivierte Taten Gesunken sind in vielen Bereichen die politisch motivierten Straftaten. So hat sich die Zahl der von Rechts verübten Taten um mehr als die Hälfte gesenkt, im Rems-Murr-Kreis waren es 54. Auch die linksmotivierten Straftaten (41), die mit ausländischer Ideologie (11) sowie mit religiöser Ideologie (6) sind gesunken. Extrem gestiegen sind dagegen die politisch motivierten Straftaten, die sich keinem Lager zuordnen lassen, im Rems-Murr-Kreis liegen die Zahlen bei 203. „Das sind vor allem Verstöße, die bei Demonstrationen gegen die Coronaregeln verzeichnet wurden“, erklärte Möller. Ein Großteil politisch motivierten vom Polizeipräsidium Aalen – das auch im Ostalbkreis und im Kreis Schwäbisch Hall zuständig ist – erfassten Straftaten fanden im Rems-Murr-Kreis statt, so Möller.

Partnergewalt Die sogenannte häusliche Gewalt – also die psychische und physische Gewalt gegenüber dem Partner oder der Partnerin – steigt im Rems-Murr-Kreis seit Jahren an und hat im vergangenen Jahr mit 702 Delikten einen traurigen Höchststand erreicht. 76 Prozent der Fälle waren Körperverletzungen, 12 waren Bedrohungen und etwa 4 Prozent waren Stalking.

Sexualdelikte Ebenfalls gestiegen ist die Zahl der Sexualdelikte, im Rems-Murr-Kreis gab es 406 Fälle. Fast die Hälfte der Delikte bezieht sich auf die Verbreitung von Pornografie, besonders oft Kinder- und Jugendpornografie. So gab es im Kreis zum Beispiel 166 Fälle von Kinderpornografie, vor fünf Jahren waren es nun 38 Fälle. „Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich sogar noch viel höher und wir rechnen in den nächsten Jahren nicht mit einer Verringerung“, so Möller.

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Erstellt:
30. März 2023, 06:00 Uhr

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