Lebenslange Haftstrafe wegen Mordes an Nathalie M.

dpa Flensburg. Ein junge Frau verschwindet. Zwei Wochen später wird ihre Leiche nahe der dänischen Grenze entdeckt. Der Indizienprozess gegen einen heute 47-jährigen Mann dauert fast ein Jahr. Nun gibt es ein Urteil.

Nach einem umfangreichen Indizienprozess wurde der Angeklagte zu lebenslanger Haft verurteilt. Foto: Frank Molter/dpa Pool/dpa

Nach einem umfangreichen Indizienprozess wurde der Angeklagte zu lebenslanger Haft verurteilt. Foto: Frank Molter/dpa Pool/dpa

Mit absoluter Sicherheit hat das Landgericht Flensburg sein Urteil nicht fällen können - das machte der Vorsitzender Richter Mathias Eggers deutlich.

Aber die Strafkammer sah es nach einem umfangreichen Indizienprozess als erwiesen an, dass ein heute 47 Jahre alter Mann aus einem Dorf nahe der dänischen Grenze 2019 die 23-jährige Nathalie M. ermordet hat. Dafür wurde der Deutsche zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Die junge Frau aus Stadum war im August 2019 zunächst vermisst worden. Zwei Wochen später wurde ihre unbekleidete und schon stark verweste Leiche zufällig am Rande eines Feldweges in der Nähe des Wohnortes des Angeklagten gefunden. Dieser saß zu diesem Zeitpunkt schon seit einigen Tagen in Untersuchungshaft.

Am Ende der fast ein Jahr dauernden Beweisaufnahme ging das Gericht nun davon aus, dass der Mann und die 23-Jährige sich über eine Dating-Plattform im Internet kennengelernt hatten, auf der Nathalie M. sich prostituierte. Am 17. August 2019 verabredeten sie sich. Vor, während oder nach dem Sex auf einem abgelegenen Waldweg in Schafflund sei es zu einem Konflikt gekommen.

Um seinen Willen durchzusetzen, habe der Mann einen Elektroschocker verwendet, so die Überzeugung des Gerichts. Um eine gefährliche Körperverletzung und/oder ein Sexualdelikt zu verschleiern, habe er Nathalie M. dann vorsätzlich stranguliert.

Dass der körperlich überlegene Mann den Elektroschocker etwa zur Verteidigung gegen die zierliche junge Frau eingesetzt haben könnte, schloss die Kammer aus - das sei eher theoretischer Natur. Auch andere Geschehensabläufe seien zwar theoretisch möglich, sagte Eggers. Doch dafür habe es keine Anhaltspunkte in der Hauptverhandlung gegeben.

Der Angeklagte, der mit Gesichtsvisier, FFP2-Maske und Handschuhen in den Gerichtssaal geführt wurde, schwieg wie im gesamten Prozess auch während der Urteilsverkündung am Freitag. Eggers führte derweil aus, dass die Kammer von der Täterschaft des Mannes relativ früh überzeugt gewesen sei. Schwerer zu klären waren Fragen nach dem Motiv oder dem genauen Tathergang.

Die Indizien sprachen in der Gesamtschau nach Überzeugung des Gerichts indes gegen den Angeklagten. So seien im Auto des Mannes beispielsweise DNA-Spuren von Nathalie M. gefunden worden, ebenso am Elektroschocker, der bei Durchsuchungen auf seinem Grundstück sichergestellt wurde. Die Handydaten ergaben, dass Nathalie M. und der Mann am Tattag an einem Ort gewesen waren. Eggers nannte noch weitere Indizien, die das Puzzle vervollständigten.

Ursprünglich lautete die Anklage auf Totschlag. Es wurden aber relativ früh im Verfahren rechtliche Hinweise gegeben, dass auch eine Verurteilung wegen Mordes in Betracht kommen könnte. So hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes beantragt - während die Verteidigung auf Freispruch plädierte. Sie sah nach der Beweisaufnahme keine gesicherten Feststellungen für eine Verurteilung - und will das Urteil nun „sacken lassen“ und dann entscheiden, ob sie Revision einlegen wird.

© dpa-infocom, dpa:210212-99-418028/2

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Erstellt:
12. Februar 2021, 17:45 Uhr

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