Linke schießt gegen den Krisenkapitän

Der Rems-Murr-Kreis ist bislang verhältnismäßig gut durch die Coronakrise gekommen. Im Verwaltungsausschuss attestieren die Kreistagsfraktionen dem Landrat und seinen Mitarbeitern deshalb eine hervorragende Arbeit. Von der Linken erklingen aber auch Misstöne.

Großes Lob für sein Krisenmanagement bekommt Richard Sigel. Sein Umgang mit den Haushaltsanträgen der Fraktionen gefällt aber nicht allen Kreispolitikern. Fotos: Romanowski/privat

Großes Lob für sein Krisenmanagement bekommt Richard Sigel. Sein Umgang mit den Haushaltsanträgen der Fraktionen gefällt aber nicht allen Kreispolitikern. Fotos: Romanowski/privat

Von Bernhard Romanowski

Rems-Murr. Ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle erlebte Landrat Richard Sigel am Montag im Ausschuss für Verwaltung, Schule und Kultur des Rems-Murr-Kreistags. Nach dem überschwänglichen Lob der Fraktionen für seine sowie die Arbeit seines Verwaltungsteams wurde die vorweihnachtliche Harmonie in dem Gremium zwischendurch doch empfindlich gestört. Ronald Borkowski (Die Linke) ließ offenbar länger angestauten Frust ab. Wobei man gleich dazu sagen muss, dass er den Vorwurf der Arbeitsverweigerung gegen die Kreisverwaltung wenig später wieder zurücknahm – seine grundsätzliche Kritik indessen nicht.

Zu Beginn der Sitzung in Kernen-Rommelshausen regnete es aber erst einmal würdigende Worte für den Landrat, der sich als kluger Krisenmanager erwiesen und den Rems-Murr-Kreis quasi in den Stürmen der Coronakrise als unerschütterlicher Kapitän auf einem guten Kurs gehalten habe, so der Tenor. „Das Lob ist für einen Schwaben schwer zu ertragen. Ich wäre fast im Boden versunken“, so Sigel, der die Lorbeeren für eine hervorragende Arbeit aber gleich an sein Team weiterreichte und dann zügig zur Tagesordnung überging, schließlich gab es einiges zu tun. Nicht weniger als 35 Punkte waren zu besprechen, darunter viele Anträge der Fraktionen zum jüngst eingebrachten Haushalt für das Jahr 2022.

Die Kreisverwaltung hatte diese Anträge gesichtet und mit einer Stellungnahme versehen, ob und inwieweit das Thema schon bearbeitet wird und welchen Beschluss sie dem Ausschuss (und im Anschluss dem Kreistag) dazu empfiehlt. Etliche dieser Anträge sind von der Kreisverwaltung mit der Formulierung „Zur Kenntnisnahme“ versehen worden. Ein Beschluss per Abstimmung ist dann nicht vorgesehen. Das passte Borkowski am Montag gar nicht. Er sprach von einer „Kenntnisnahme-Orgie“, die von der Kreisverwaltung zelebriert werde.

Sämtliche Anträge würden auf diese Weise als erledigt gekennzeichnet, so der Linke: „Dieser Stil ist dieses Jahr hier eingerissen. Das ist aber im Grunde Arbeitsverweigerung. Ich bitte darum, das 2022 anders zu handhaben.“ Landrat Sigel, von Hause aus Verwaltungsjurist und somit eher nicht für Impulsivität bekannt, antwortete ruhig und besonnen: „Ich nehme die Kritik an, aber nicht den Vorwurf der Arbeitsverweigerung.“ Es sei bei manchen Anträgen nun einmal so, dass darin Dinge vorkommen, die sich inhaltlich überschneiden mit Projekten, die bereits von der Kreisverwaltung umgesetzt oder gerade von ihr bearbeitet werden, so der Landrat weiter. Seine Verwaltung sei aber durchaus offen, sich bei Bedarf noch einmal mit den Anträgen zu befassen und neu zu positionieren. CDU-Fraktionschef Armin Mößner und die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Christine Besa, äußerten ihr Unverständnis für Borkowskis Anwurf. Wenn die Verwaltung signalisiere, dass eine Sache bereits bearbeitet werde, und dementsprechend nur die Kenntnisnahme empfehle, dann „ist doch alles gut“, so Mößner. Die Kreisverwaltung habe vieles in Arbeit und „überall wird was gemacht“, so Besa offenbar rundum zufrieden.

Nur Andreas Hesky (Freie Wähler), als Oberbürgermeister von Waiblingen in Verwaltungsdingen nicht ganz unbeleckt, räumte ein, dass die Abhandlung von Anträgen unter „Zur Kenntnisnahme“ immer „den schwächsten Moment“ einer Verwaltung offenbare. Besser sei es, Zustimmung, Ablehnung oder die weitere Bearbeitung in der Stellungnahme zu signalisieren, so Hesky. Den Begriff „Arbeitsverweigerung“ nahm Borkowski dann zurück, erklärte aber, in den von der Kreisverwaltung bearbeiteten Anträgen der Fraktionen nur einen gefunden zu haben, bei dem Sigel und sein Team die Annahme des Antrags empfehlen, so der Fellbacher. In einem Telefonat mit unserer Zeitung im Nachgang der Ausschusssitzung schilderte Borkowski seinen Eindruck, dass auch die anderen Kreistagsmitglieder, insbesondere die Freien Wähler, unzufrieden seien über „die Art und Weise, wie das dieses Jahr ablief“.

Sicherlich stehe die Kreisverwaltung angesichts des oft gegebenen Zeitdrucks und der Coronakrise stark unter Druck, so Borkowski. Auch enthielten manche Anträge Dinge, die nichts in der Haushaltsberatung zu suchen hätten. Trotz allem dürfe die Kreisverwaltung die Anträge der Fraktionen nicht einfach so abtun, so Borkowskis Meinung.

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Erstellt:
8. Dezember 2021, 06:00 Uhr

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