Lucha kündigt Konsequenzen nach Ausbruch aus Psychiatrie an

dpa/lsw Stuttgart. Gesundheitsminister Lucha muss sich erklären: Im Sozialausschuss gibt der Grünen-Politiker Auskunft über den Ablauf des Ausbruchs von vier Männern aus einer psychiatrischen Klinik im Kreis Heilbronn. Und über die dortigen Sicherheitsvorkehrungen.

Die geschlossene Psychiatrie in Weinsberg, aus der die vier Männer ausgebrochen sind. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Die geschlossene Psychiatrie in Weinsberg, aus der die vier Männer ausgebrochen sind. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Die vier aus der geschlossenen Psychiatrie in Weinsberg ausgebrochenen Männer haben für ihre Flucht ein Flurfenster genutzt, das nicht vergittert war. „Mittels eines schweren Beistelltischs mit Metallplatte wurde die Panzerglasscheibe nach außen aus dem Rahmen gedrückt und flog auf ein Grundstück der Klinik“ erklärte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Mittwoch in Stuttgart im Sozialausschuss des Landtags. Die Fenster in den Zimmern der Untergebrachten seien vergittert, nicht aber die Flurfenster. Dies werde jetzt geändert. Diesen Tagesordnungspunkt hatten die Fraktionen der FDP und der SPD beantragt.

Am Mittwochabend der vergangenen Woche waren aus einer geschlossenen Station des Klinikums am Weissenhof in Weinsberg im Kreis Heilbronn vier Männer geflüchtet. Einer von ihnen wurde einen Tag später festgenommen. Die anderen drei - 24, 28 und 36 Jahre alt - sind noch auf der Flucht. Die Polizei sucht mit Hochdruck nach ihnen. 30 Beamte arbeiten an dem Fall.

Die Männer hätten sich an drei aneinander geknoteten Leintüchern nacheinander abgeseilt. „Aus Videoaufzeichnungen ist ersichtlich, dass sich das innerhalb von weniger als 30 Sekunden abgespielt hat. Woraus geschlossen wird, dass unter den Beteiligten eine vorherige Planung und Absprache stattgefunden hat.“ Bei drei Männern sei der Abbruch der Therapie wegen Aussichtslosigkeit bereits beantragt worden. Für einen sei der Abbruchbeschluss am nächsten Tag eingegangen. Dies bedeutet, dass den Männern eine Rückführung ins Gefängnis bevorstand. Es habe keine konkreten Hinweise auf Ausbruchspläne gegeben, sagte Lucha. Einer der Flüchtigen sei einen Tag nach dem Ausbruch gefasst worden, drei Männer seien noch flüchtig.

Die Sicherungsmaßnahmen in der Klinik seien umgehend eingeleitet worden, um weitere Ausbrüche zu vermeiden, so Lucha. So seien Übergabezeiten verschoben worden. Zudem werde das betroffene Fenster mit einer Außenstahlverstrebung verstärkt. „Es erfolgte Nachteinschluss, keine Besuche und keine Telefonate, um die Fahndung nicht zu behindern“. Das Telefonverbot sei zwischenzeitlich aufgehoben worden wegen Patientenrechten.

Im Maßregelvollzug stehe die Therapie im Vordergrund. Ausbrüche aus der geschlossenen Abteilung seien verschwindend gering. „Eine Rehabilitation ohne jegliche Entweichungen und Ausbrüche wird demnach einfach nicht zu realisieren sein.“ Ziel der Behandlung ist laut Lucha, die Untergebrachten in die Gesellschaft einzugliedern und auf ein straffreies Leben vorzubereiten. Dafür gebe es stufenweise Lockerungen als Hauptinstrument, um die Therapieerfolge zu messen.

Jede Maßregelvollzugsklinik in Baden-Württemberg hat laut Lucha einen fest installierten Sicherheitsbeauftragten, der regelmäßig Rundgänge und Absprachen durchführt. Der Grünen-Politiker betonte wiederholt, dass der Maßregelvollzug ein Krankenhaus sei und nicht ein Gefängnis. Aus dem gesicherten Bereich habe es im vergangenen Jahr keine Ausbrüche gegeben, im Jahr 2019 seien es drei gewesen.

© dpa-infocom, dpa:210929-99-414822/3

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Erstellt:
29. September 2021, 15:53 Uhr

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