Mehr als 400 Migranten wagen Ärmelkanal-Überquerung

dpa Dover/Calais. Sie kommen oft aus armen Ländern und hoffen auf ein besseres Leben in Großbritannien: Die Zahl der Migranten, die in Booten die gefährliche Fahrt über den Ärmelkanal antreten, steigt. Nun sind es an einem Tag mehr als im ganzen Jahr 2018.

Ein Schiff des britischen Grenzschutzes bringt eine Gruppe von Migranten nach Dover. Foto: Kirsty Wigglesworth/AP/dpa

Ein Schiff des britischen Grenzschutzes bringt eine Gruppe von Migranten nach Dover. Foto: Kirsty Wigglesworth/AP/dpa

Mindestens 416 Migranten haben in kleinen Booten über den Ärmelkanal Großbritannien erreicht - so viele wie nie zuvor an einem einzigen Tag. Darunter waren nach Angaben des Innenministeriums auch kleine Kinder.

Die Migranten hatten sich am Mittwoch bei sonnigem Wetter und ruhiger See von Frankreich aus auf den Weg über die Meeresenge gemacht. Sie ist an der engsten Stelle etwa 35 Kilometer breit. Die Überquerung in Booten ist gefährlich, weil der Ärmelkanal von vielen großen Schiffen befahren wird.

Das gute Wetter gilt als ein Grund für die vermehrten Überfahrten. Behördenangaben vom Donnerstag zufolge sollen auch die Corona-Pandemie und Änderungen bei Kontrollen im französischen Calais für den Anstieg verantwortlich sein. Seitdem im vergangenen Jahr 39 Vietnamesen qualvoll in einem gekühlten Lastwagen starben, wurden die Kontrollen in den Häfen verschärft. Auch das hat Experten zufolge die Zahl der illegalen Überquerungen in Booten in die Höhe getrieben. Der bisherige Tagesrekord lag bei 235 Migranten vor etwa einem Monat.

In diesem Jahr haben bereits mehr als 5500 Menschen den Meeresarm zwischen Frankreich und Großbritannien überquert. Im ganzen Jahr 2018 erreichten hingegen nur knapp 300 Flüchtlinge und andere Migranten die englische Küste, 2019 waren es schon mehr als 1800. Auch die Zahl der Kinder, darunter Babys, nimmt den Behörden zufolge zu.

Fast alle Migranten geben an, aus armen Ländern und politischen Konfliktregionen zu kommen - etwa aus dem Iran, dem Irak, aus Syrien, Äthiopien oder dem Jemen. Die meisten von ihnen beantragen Asyl.

London erhöht nun deutlich den Druck auf Paris, die Schleuser-Kriminalität härter zu bekämpfen. Premierminister Boris Johnson, der sein Land als „Ziel und Magnet“ für organisierte Schlepper bezeichnete, kündigte gesetzliche Verschärfungen an.

Erst kürzlich war ein junger Mann aus dem Sudan ertrunken, der - offenbar auf eigene Faust - per Schlauchboot mit einem Bekannten den Ärmelkanal überqueren wollte. Seine Leiche wurde an der französischen Küste angespült, sein Bekannter überlebte.

© dpa-infocom, dpa:200903-99-417184/5

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Erstellt:
3. September 2020, 14:06 Uhr

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