Mehr Buslinien im 15-Minuten-Takt in Backnang

Der Busverkehr im Backnanger Stadtgebiet muss neu ausgeschrieben werden. Der Gemeinderat stimmt der nötigen Vorabbekanntmachung und weiteren Verbesserungen im Bereich südliche Stadtteile und Lerchenäcker zu. Die Mehrleistungen kosten die Stadt etwa 183.000 Euro.

Eine der Linien, auf denen es Verbesserungen geben soll: die Verbindung Backnang–Schöntal. Mit der Erweiterung auf 15 Fahrtenpaare montags bis freitags wird der Halbstundentakt besonders morgens und abends ausgeweitet. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Eine der Linien, auf denen es Verbesserungen geben soll: die Verbindung Backnang–Schöntal. Mit der Erweiterung auf 15 Fahrtenpaare montags bis freitags wird der Halbstundentakt besonders morgens und abends ausgeweitet. Foto: Tobias Sellmaier

Von Matthias Nothstein

Backnang. Der aktuelle Auftrag für den Betrieb des Busverkehrs in Backnang ist bis Ende 2024 befristet und muss neu ausgeschrieben werden. Damit alle interessierten Busbetriebe genügend Planungszeit haben, um ein neues Angebot abgeben zu können, wird vom Landkreis bereits jetzt eine EU-weite Vorabbekanntmachung (VAB) veröffentlicht. Sie sieht vor, dass nicht nur die bisherigen Mehrleistungen gegenüber der Basisabdeckung des Nahverkehrsplans aufrechterhalten bleiben, sondern dass noch weitere Verbesserungen dazukommen.

Die wesentlichsten sind ein Viertelstundentakt zwischen Heiningen und dem Maubacher Bahnhof durch Verschiebungen der Linien 361 und 369 sowie eine Angebotserweiterung bei den Linien 359 zwischen dem ZOB und den Lerchenäckern sowie der Linie 363 zwischen dem ZOB und Schöntal. Der Gemeinderat stimmte geschlossen zu, im Jahr 2025 voraussichtlich etwa 183.000 Euro für diese Mehrleistungen bereitzustellen, dieselbe Summe schießt der Landkreis zu.

Stadt und Kreis zahlen nicht für Mehrleistungen der Busunternehmen

Der Backnanger Stadtverkehr wird als Linienbündel 9 geführt. Bisher hat die Firma Friedrich Müller Omnibus GmbH (FMO) den gesamten Stadtverkehr auf elf Linien bedient. Der Leistungsumfang beläuft sich auf 690.000 Kilometer pro Jahr, wobei FMO gegenüber dem im Nahverkehrsplan definierten Basisangebot erhebliche Mehrleistungen im Umfang von 68.000 Fahrzeugkilometern eigenwirtschaftlich erbringt. Das heißt: Weder Backnang noch der Rems-Murr-Kreis als Aufgabenträger des ÖPNV bezahlen für diese Mehrleistungen etwas, sondern das Unternehmen finanziert dies durch die Fahrgeldeinnahmen.

Bei der Neuvergabe rechnen weder das Landratsamt noch der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) noch die Stadtverwaltung Backnang damit, dass es eine ähnliche Lösung gibt. Aufgrund der dynamischen Entwicklung beim Treibstoff und beim Personal wird sich kein Busunternehmen trauen, die Mehrleistungen erneut selbst zu erwirtschaften.

Wegen S 21 ist ein ÖPNV-Übergangskonzept notwendig

Die Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart durch Stuttgart 21 wird voraussichtlich erst Ende des Jahres 2025 erfolgen. Dies macht ein ÖPNV-Übergangskonzept für das Jahr 2025 erforderlich. Denn durch S21 wird es zu umfangreichen Anpassungen der Buslinien an die geänderten Fahrpläne des Schienenverkehrs kommen. Der Vorschlag für dieses Übergangskonzept kann sich laut Oberbürgermeister Maximilian Friedrich sehen lassen. Einerseits sichert es den Status quo für dieses „Rumpfjahr“ 2025 und es kommt nirgendwo im gesamten Stadtgebiet oder in den Stadtteilen zu Einbußen im Busliniennetz. Im Gegenteil, die ÖPNV-Nutzer können sich über einige Verbesserungen freuen. Weitergehende Optimierungen sind für das Jahr 2025 jedoch noch nicht möglich, weil unter anderem die konkreten Fahrpläne des Metropolexpresses (Mex) sowie der S3 und S4 erst im kommenden Jahr vorliegen werden und die Vernetzung der Stadtlinien von diesen Daten abhängt.

Laut Friedrich betrifft das besondere die Forderungen der Stadt zur Anbindung der großen städtebaulichen Entwicklungsgebiete Obere Walke, Schöntaler Höhe und dem Quartier Backnang West. Ebenso die Überlegungen zur besseren Erreichbarkeit der Innenstadt durch einen Ringbus, des Kreisberufsschulzentrums sowie den Einsatz von Bussen mit emissionsfreien Antriebsarten.

Lob für einige Veränderungen am Fahrplan

Sabine Kutteroff (CDU) lobte vor allem, dass durch die Veränderungen bei den Linien 361 und 369 vermutlich die Probleme der Linie 361 gelöst werden können, schließlich ist diese die längste Linie überhaupt, weshalb es bei dem „Lindwurm“ häufig knirscht. Dass nun die Linie 369 von Backnang über den Kuchengrund via Heiningen und Waldrems zum Bahnhof Maubach verlängert werde, bezeichnete Kutteroff als hervorragend. Gleichzeitig bezweifelte sie, ob der Zuschuss für die dazu gebuchten Kilometer ausreichen würden.

Jochen Biesinger, der Teamleiter Vergabeverfahren beim VVS, hatte mit vier Euro pro Kilometer gerechnet. Kutteroff fragte: „Ist das realistisch, oder gilt hier das Prinzip Hoffnung?“ Biesinger verwies auf aktuelle Vergaben an anderer Stelle und sagte: „Das ist eine Momentaufnahme. Aber ich glaube, die Zahlen sind belastbar und realistisch.“ Armin Dobler (SPD) nannte den 15-Minuten-Takt für Waldrems und Heiningen eine Riesenverbesserung. Und Heinz Franke (SPD) schätzte, dass die Verbesserungen dazu führen könnten, dass sich der eine oder andere doch überlegt, auf den ÖPNV umzusteigen. Nicht zufrieden zeigte sich Willy Härtner (Grüne). Er forderte, jetzt schon den Ringbus dazu zu buchen, „wir wollen die Verkehrswende“. Die Stadt habe in den vergangenen Jahren aufgrund der „eigenwirtschaftlichen Vergabe“ viel gespart, jetzt könnte sie auch einmal etwas drauflegen. 100.000 Euro sollten für den Ringbus wohl reichen, mutmaßte Härtner. Doch Biesinger konterte: „Da muss ich ihnen die Euphorie nehmen. Da reden wir eher von 200.000 bis 250.000 Euro.“

E-Busse kosten in der Beschaffung deutlich mehr

Michael Malcher (AfD) hakte nach, welche Erfahrung es mit E-Bussen gibt. Er listete auf, dass solche Busse bei der Anschaffung das dreifache eines Verbrenners kosten und im Winter nur 80 Kilometer weit kommen. Doch Biesinger widersprach, diese Probleme habe es vor fünf Jahren gegeben. Aber der Markt sei sehr dynamisch, Daimler etwa werde bis in wenigen Jahren nur noch E-Busse produzieren. Die Modelle hätten die Serienreife erreicht und Reichweite von über 200 Kilometern seien kein Problem mehr. Mehrkosten bei der Anschaffung und der Ladestruktur würden im Regelfall über sehr umfangreiche Förderprogramm abgefangen. Und im Betrieb ist der E-Bus seiner Konkurrenz bei den Kosten bereits überlegen.

Siglinde Lohrmann (SPD) regte an, gesondert zu prüfen, ob nicht die Linie 368, die von der Stadt den Waldfriedhof und das Pflegeheim Staigacker erschließt, eine Stunde früher beginnen und in der Ortsmitte Strümpfelbach einen zusätzlichen Halt machen könnte. Biesinger versprach die Prüfung, machte Lohrmann aber wenig bis gar keine Hoffnung: „Strümpfelbach gilt formal als erschlossen.“

Lange Vorlaufzeiten sind bei der Vergabe notwendig

Zeitschiene Die Verkehrsgenehmigung für das Linienbündel 9 (Stadtverkehr Backnang) läuft Ende 2024 aus. Das EU-Recht sieht ein mehrstufiges Verfahren für die Neuvergabe vor. 27 Monate vor Beginn der neuen Genehmigung muss eine Vorabbekanntmachung (VAB) erfolgen. Erst zwölf Monate nach der VAB ist die Vergabebekanntmachung möglich. Diese langen Vorlaufzeiten sind nötig, damit der Betriebsstart der erfolgreichen Busunternehmen glattgeht.

Vorabbekanntmachung Die VAB hat den Zweck, dass allen Unternehmern, die Busleistungen anbieten wollen, gezeigt wird, wann und was im Groben vergeben wird. Wenn ein Unternehmen das Angebot eigenwirtschaftlich schultern möchte, ohne zusätzliche Zuschüsse, hat es drei Monate Zeit, einen Antrag zu stellen. Philipp Rauffmann, Amtsleiter für ÖPNV im

Landratsamt, geht davon aus, dass es keinen solchen Antrag geben wird. Würde sich doch ein Unternehmen dazu durchringen, so hätte dies zwei Vorteile. Stadt und Kreis würden die Mehrleistungen umsonst bekommen und das Unternehmen hätte länger Zeit, sich auf das Projekt einzustellen.

Vergabeverfahren Wenn kein Antrag eingeht, startet das Vergabeverfahren im Oktober 2023. Das wirtschaftlichste Angebot kommt zum Zuge. Mitte 2024 kann der Gewinner die Genehmigung beantragen. Die VAB ist nicht identisch mit der eigentlichen Vergabe, man hat noch die Möglichkeit, Veränderungen vorzunehmen. Einzige Voraussetzung: Die Fahrplanleistung darf sich nicht verringern.

Weitere Linienbündel Die Ausgestaltung all jener Linienbündel, über die die Stadt Backnang an das Umland angebunden ist, wird dem Gemeinderat rechtzeitig vor dem Ablauf der laufenden Konzessionen und Verträge vorgelegt.

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Erstellt:
8. November 2022, 06:00 Uhr

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