Millionen für Mauern und Dämme

In der Backnanger Innenstadt wird derzeit an mehreren Stellen gleichzeitig der Hochwasserschutz ausgebaut

Die Arbeiten am Hochwasserschutz für die Kernstadt gehen mit Hochdruck voran. Kaum war die neue Aspacher Brücke fertig, wurde die Schutzmauer zwischen der Tiefgarage Biegel und der Jugendmeile erhöht. Derzeit wird am Abzweig Mühlkanal gearbeitet. Dort werden die Gebäude und ein Regenüberlaufbecken mit Mauern und Dämmen gesichert. In wenigen Tagen geht es in der Talstraße mit dem Tiefufer neben der Aspacher Brücke weiter. Die Investitionen summieren sich auf acht Millionen Euro.

Die Tage des Biegel-Wehrs sind gezählt. Im kommenden Jahr wird das Bauwerk weggebaggert und an seiner Stelle auf bis zu 50 Meter Länge eine sogenannte raue Rampe geschaffen. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Tage des Biegel-Wehrs sind gezählt. Im kommenden Jahr wird das Bauwerk weggebaggert und an seiner Stelle auf bis zu 50 Meter Länge eine sogenannte raue Rampe geschaffen. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG.An mehreren Stellen des Stadtgebiets wird derzeit gleichzeitig gearbeitet. Alles soll dazu dienen, Hochwasserschäden wie im Jahr 2011 zu verhindern. Ein Schwerpunkt ist im Augenblick die Talstraße. Seit Wochen schon wird am Abzweig des Mühlkanals im Untergrund gearbeitet. Spundwände wurden eingerammt und Mauern hochgezogen. Später soll ein Damm das Regenüberlaufbecken zwischen dem Mühlkanal und der Talstraße schützen. In direkter Nachbarschaft wird auch ein Pumpwerk gebaut. Es ist nötig, damit sich bei einem hohen Wasserstand in der Murr die Abwasserkanäle nicht zurückstauen.

Wenn es wieder zu einem stärkeren Hochwasser kommt, darf ein Teil der Talstraße sowie die Bácsalmás-Anlage samt Parkplatz und Spielplatz bis zum griechischen Gemeindezentrum überflutet werden. So lautet der Plan. Mobile Dammbalken quer über die Fahrbahn sollen dann die Lücken zwischen den Mauern schließen und die Bereiche trennen, die überflutet werden dürfen beziehungsweise die trocken bleiben müssen.

Das Schräg-Wehr, das bislang beim Abzweig des Mühlkanals die Murr aufstaut, wird demnächst weggebaggert und durch eine sogenannte raue Rampe ersetzt. Das heißt, die Murr verliert nicht wie bisher am Wehr auf einen Schlag mehr als einen Meter Höhe, sondern auf einer etwa 40 bis 50 Meter langen Schwallstrecke. Diese Änderung ist eine Vorgabe der EU-Wasserrichtlinie und somit Bestandteil der Planfeststellung und soll die Durchlässigkeit des Gewässers für Fische verbessern. Für den Bau der Rampe gibt es ein enges Zeitfenster. Um die Fische so gut wie möglich zu schützen, dürfen die Bagger nur im August und September arbeiten.

Die Ausschreibung der Arbeiten erfolgt im Frühjahr nächsten Jahres. In dem fast zwei Millionen Euro teuren Paket sind auch weitere Mauern und Dämme entlang der Talstraße bis zur Sulzbacher Brücke sowie das Mühlkanal-Pumpwerk enthalten.

Die Investitionen der bereits realisierten beziehungsweise konkret ins Auge gefassten Arbeiten summieren sich auf ungefähr acht Millionen Euro. Darin enthalten ist der Neubau der Aspacher Brücke mit 2,4 Millionen Euro und der Straßenbau und Hochwasserschutz des angrenzenden Bereichs mit 4,9 Millionen Euro (siehe Info). Die knapp zwei Millionen Euro, die zwischen Sulzbacher Brücke und Mühlkanal verbaut werden, setzen sich wie folgt zusammen: Das Pumpwerk verschlingt 1,1 Millionen Euro, die Rampe etwa 500000 Euro und die Mauern in diesem Bereich etwa 200000 Euro.

Erst wenn alle Komponenten gebaut sind, ist die Murr-Metropole sicher

Bauamtsleiter Hans Bruss erklärt, dass der Abschnitt zwischen der Sulzbacher Brücke und Tesat erst ab dem Zeitpunkt sicher ist, wenn alle Komponenten fertiggestellt sind. Flussaufwärts schließt sich dann die Bleichwiese, der Annonaygarten und das Feuerwehrgerätehaus an. Diese Passage ist bereits sicher vor einem Hochwasser, so Bruss. Und im Sommer 2019 bereits erfolgt der Ausbau des Radwegs Obere Walke (wir berichteten). Bis Ende 2020 soll auch die Verlängerung bis über die Zufahrt zum Freibad hinaus fertig sein, ebenso der Abschnitt an der Spinnerei und entlang der Einmündung der Weißach bis zum Dibag-Gebäude.

Im Januar 2020 plant Bruss die Ausschreibung der Arbeiten weiter flussabwärts für den Abschnitt Körner-/Fabrik-/Wilhelmstraße. Auch hier müssen Mauern und Dämme sowie das Pumpwerk14 gebaut werden. Die Fertigstellung soll laut Planung im April 2021 gelingen. Die Kosten für diese Maßnahmen oberhalb und unterhalb der Innenstadt sind bei den acht Millionen nicht enthalten, ebenso wenig die Beteiligung der Stadt an den Hochwasserrückhaltebecken auf Gemarkung Oppenweiler, Sulzbach an der Murr und Murrhardt.

Die Maßnahmen werden nicht von jedem begrüßt. So kritisiert Andreas Brunold vom BUND Backnang, die Murr werde in Backnang „zunehmend als reines Abflussgerinne missbraucht“. Er wirft den Verantwortlichen vor, die Arbeiten seien an mehreren Stellen „rechtswidrig“. Trotz „wiederholt aufgezeigter Planungsfehler“ des Hochwasserkonzepts zeige sich die Stadt jedoch nicht lernbereit. Er verweist auf den Hochwasserschutz an der Rems, wo das Problem fast nur über Rückhaltebecken gelöst werden konnte. An der Murr jedoch habe man „das Einmauern ganzer Ortschaften als Lösung im Blick“.

Die „Allianz für Beteiligung“ und das Staatsministerium Baden-Württemberg gewährten vor einem Jahr den BUND- und Nabu-Ortsverbänden Backnang eine Förderung, mit der diese eine „wissenschaftsbasierte Empfehlung zum Hochwasserschutz an der Murr“ erarbeiten konnten. Inzwischen liegt diese Empfehlung vor, bei einer Abschlussveranstaltung Ende November wird sie vorgestellt.

Arbeiten bis April 2020 Info Die Straßenarbeiten auf beiden Seiten der Aspacher Brücke hängen – zumindest auf den ersten Blick – nur entfernt mit dem Hochwasserschutz zusammen. Tatsächlich sind sie aber indirekt notwendig. So müssen alle angrenzenden Straße an das geänderte Höhenprofil der Brücke angepasst werden. Begonnen haben die Arbeiten im Bereich Kaltes Wasser. Mit Ausnahme der Pflasterung sind dort alle Aufgaben erledigt. Aktuell werden in der Schiller- und der Eduard-Breuninger-Straße Gas- und Wasserleitungen sowie Leerrohre für Kommunikationsleitungen verlegt. Speziell der Anschluss der Kommunikationsleitungen ist schwierig, da die Verbindungen nur in einem sehr kleinen Zeitfenster nachts unterbrochen werden dürfen. Mehrere Probleme haben in der Summe dazu geführt, dass die Arbeiten in diesem Abschnitt vier Wochen länger dauern und nicht bis Silvester abgeschlossen werden können. Trotzdem beginnen im November bereits in der Talstraße direkt neben der Aspacher Brücke die Arbeiten an einem neuen Tiefufer. Besucher sollen künftig über zwei Treppen zur Murr hinabsteigen können. Die Längsstellplätze entfallen. Im Zuge dieser Arbeiten werden auch hier die Gas- und Wasserleitungen sowie die Abwasserkanäle erneuert. Dazu muss die Talstraße halbseitig gesperrt werden. Die Bushaltestelle Stadtmühle wird barrierefrei umgebaut. Der Wertstoffcontainerplatz wird in die Seitenfläche integriert und um zwei Containerstellplätze und zwei Stellplätze für Autos erweitert. Die Arbeiten dauern bis Mai 2019. Zwischen Juni und November nächsten Jahres wird dann die Aspacher Straße im unteren Bereich umgestaltet. Die Fahrbahn wird verschmälert, da die frühere Linksabbiegespur wegen des Kreisels entfällt. Die Gehwege werden breiter. Es werden zwei Fahrradschutzstreifen ausgewiesen und neue Parkplätze angelegt. Die Umgestaltung der Gerberstraße und der endgültige Ausbau des Aspacher Kreisels bilden den Abschluss. Die Arbeiten sollen im November 2019 beginnen und bis April 2020 abgeschlossen sein. Backnang muss nicht nur für den Hochwasserschutz im Stadtgebiet geradestehen. Vielmehr muss sich die Murr-Metropole auch an den Kosten für die Hochwasserrückhaltebecken beteiligen, die flussaufwärts gebaut werden, da sie auch von deren Bau profitiert. Beim Becken von Oppenweiler sind es gar 55 Prozent, die an Backnang hängen bleiben. Das Becken kostet nach aktueller Berechnung 18,5 Millionen Euro, allerdings gibt es einen Bundeszuschuss in Höhe von 70 Prozent. So bleiben an Backnang am Ende 3Millionen Euro hängen. Für die Becken Fischbachtal und Haselbachtal in Sulzbach sowie Mahd und Gaab in Murrhardt sind es jedoch nur 5 Prozent, weshalb sich Backnangs Beitrag in diesem Fall in Grenzen hält.

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Erstellt:
19. Oktober 2018, 06:00 Uhr

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