Schnee und Glätte

Winterreifenpflicht: Wie teuer wird es mit Sommerreifen?

Der Winter kommt und der Termin für den Reifenwechsel steht noch aus – dürfen Autofahrer dann auch mit Sommerreifen auf die Straße? Wann Strafen drohen und wann es Probleme mit der Versicherung geben kann.

Bei winterlichen Straßenverhältnissen gibt es eine gesetzliche Verpflichtung zu Winterreifen.

© IMAGO/Fotostand/IMAGO/Fotostand / K. Schmitt

Bei winterlichen Straßenverhältnissen gibt es eine gesetzliche Verpflichtung zu Winterreifen.

Von Sebastian Winter

Beim Wechsel zwischen Winter und Sommerreifen orientieren sich einige Autofahrer an einer alten Faustformel: Demnach fährt man in Deutschland von O bis O, also von Ostern bis Oktober, mit Sommerreifen, und von Oktober bis Ostern mit Winterreifen.

In Frankreich sind Winterreifen in einigen Bergregionen sogar durchgehend Pflicht vom 1. November bis 31. März – auch in den Vogesen.

Doch weil der Oktober häufig doch noch schönes Wetter bietet, schleppen sich viele Deutsche mit ihren Sommerreifen noch bis in den November, Dezember oder gar ins neue Jahr. Ist das erlaubt?

Winterreifen oder Sommerreifen: Das sagt die StVO

In Deutschland gilt laut § 2 Abs. 3a der Straßenverkehrsordnung (StVO) eine situative Winterreifenpflicht. Bedeutet: Bei winterlichen Straßenverhältnissen – etwa Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte – dürfen Autofahrer ausschließlich mit Winterreifen unterwegs sein.

Eine generelle gesetzliche Verpflichtung zu Winterreifen im Winter gibt es also nicht; entscheidend sind die aktuellen Wetterverhältnisse.

Die situative Pflicht greift nur für fahrende Autos. Wer sein Auto ohnehin den ganzen Winter stehen lässt, kann die Sommerreifen mit ruhigem Gewissen drauflassen.

Sommerreifen im Winter sind riskant

Obwohl es auch im Winter einige schöne Tage geben kann, bleibt das Fahren mit Sommerreifen an diesen Tagen trotz Erlaubnis riskant. Wetterbedingungen können sich im Winter schnell und unvorhersehbar ändern.

Wenn unerwartet Schnee fällt oder Glätte entsteht, ist das Fahren mit Sommerreifen nicht nur verboten, sondern kann aufgrund eines längeren Bremsweges gefährlich für die eigene Sicherheit und die anderer Verkehrsteilnehmer sein. Außerdem drohen empfindliche Konsequenzen.

Woran erkennt man Winterreifen?

Winterreifen bieten einen besseren Grip und kürzere Bremswege auf Schnee und Eis. Und sie haben eine feste Kennzeichnung, die sie identifizierbar macht: ein Bergpiktogramm mit einer Schneeflocke in der Mitte – das Alpine-Symbol.

Reifen hingegen, die lediglich die M+S-Kennzeichnung haben (Matsch und Schnee), sind bei winterlichen Straßenverhältnissen nicht erlaubt.

Winterreifen und 1,6 mm Profiltiefe

Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe beträgt auch für Winterreifen 1,6 Millimeter. Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) rät aus Sicherheitsgründen allerdings zu mindestens vier Millimetern. Außerdem sollten Autofahrer laut ADAC die Winterreifen spätestens nach sechs Jahre tauschen, weil dann die Gummimischung so hart geworden sei, dass der Grip bei tiefen Temperaturen nachlasse.

Übrigens: Ganzjahresreifen sind im rechtlichen Sinn Winterreifen, wenn sie das Alpine-Symbol am Reifen aufweisen. Allerdings weist der ADAC darauf hin, dass Ganzjahresreifen immer ein Kompromiss zwischen Sommer- und Winterreifen sind, und im Vergleich zu den Spezialreifen Nachteile haben können.

Winterreifen: Das Wichtigste in Kürze

  • In Deutschland gilt eine situative Winterreifenpflicht
  • Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte darf nur mit Winterreifen gefahren werden
  • Die situative Winterreifenpflicht gilt nicht für geparkte Autos
  • Eine generelle gesetzliche Verpflichtung für Winterreifen gibt es nicht
  • Reifen mit M+S-Kennzeichnung sind bei winterlichen Straßenverhältnissen nicht erlaubt
  • Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe beträgt für Winterreifen 1,6 Millimeter
  • Ganzjahresreifen sind im rechtlichen Sinn Winterreifen – wenn sie das Alpine-Symbol aufweisen
  • Bei Zuwiderhandlung drohen Strafen

Sommerreifen statt Winterreifen – welches Bußgeld droht?

Sind Autofahrer bei winterlichen Straßenverhältnissen mit Sommerreifen unterwegs, drohen empfindliche Strafen. Folgende Bußgelder sieht der aktuelle Bußgeldkatalog 2024 für das Fahren mit falscher Bereifung bei Schnee, Eis, Matsch oder Glätte vor:

  • Mit Reifen gefahren, die nicht den Wetterverhältnissen angepasst waren: 60 Euro, ein Punkt
  • Bei zusätzlicher Behinderung: 80 Euro, ein Punkt
  • Bei zusätzlicher Gefährdung: 100 Euro, ein Punkt
  • Bei Unfallfolge: 120 Euro, ein Punkt

Doch nicht nur der Fahrer, sondern auch der Fahrzeughalter kann zur Verantwortung gezogen werden. Lässt der Halter zu, dass sein Fahrzeug bei winterlichen Bedingungen ohne geeignete Bereifung genutzt wird, muss er mit einem Bußgeld von 75 Euro und einem Punkt rechnen.

Unfall mit Sommerreifen – zahlt die Versicherung?

Wer bei winterlichen Straßenverhältnissen mit Sommerreifen unterwegs ist und einen Unfall verursacht, muss neben einem Bußgeld noch mit weiterem finanziellen Schaden rechnen.

Wenn das Fahren mit Sommerreifen als grobe Fahrlässigkeit eingestuft wird, etwa bei Schneesturm und Minusgraden, kann die Versicherung ihre Leistungen unter Umständen ganz oder teilweise verweigern. Zumindest ein Regress von 5000 Euro ist in der Versicherungsbranche allgemein üblich.

Und sogar bei einem unverschuldeten Unfall kann es Probleme geben, wenn die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung ein Mitverschulden geltend macht.

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Erstellt:
21. November 2024, 12:52 Uhr
Aktualisiert:
22. November 2024, 11:11 Uhr

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