Mit Sonnenschein Strom erzeugen

Energiewende vor der Haustür (8) Große Solarparks sind ein wichtiger Baustein der erneuerbaren Energien. Die Suche nach geeigneten Flächen ist in vollem Gange, auch auf Hausmülldeponien wird der Bau großflächiger Anlagen geprüft, geplant oder bereits umgesetzt.

Eine Veranschaulichung der aktuell stattfindenden Erweiterung der PV-Anlage auf der ehemaligen Deponie in Kaisersbach. Foto: AWRM

Eine Veranschaulichung der aktuell stattfindenden Erweiterung der PV-Anlage auf der ehemaligen Deponie in Kaisersbach. Foto: AWRM

Von Carolin Aichholz

Rems-Murr. Fotovoltaikanlagen auf Hausdächern oder an Balkonanlagen sind längst etabliert und bieten auch Privatleuten eine gute Möglichkeit, sich zumindest teilweise mit Strom aus erneuerbaren Energien zu versorgen. Solarparks können auf großen Flächen in günstigen Lagen viel Strom liefern. In Weinstadt soll der größten Freiflächen-Solar-Park der Region auf dem Schönbühl errichten werden. Die Stadt Weinstadt und die Stadtwerke planen eine Fertigstellung bis 2025. Bis zu elf Prozent des aktuellen Weinstädter Strombedarfs könnten durch die Anlage abgedeckt werden.

Auch in Backnang erwartet die Klimamanagerin Simone Lebherz nun ein Aufflammen der Diskussion. „Es wurden Karten erstellt mit Gebieten, die dafür infrage kommen. Diese Gebiete werden in den nächsten Wochen vorgestellt und im Gemeinderat diskutiert“, kündigt Lebherz an. Sorgen um riesige Fotovoltaikfelder, wie sie in Bayern oft in Autobahnnähe zu sehen sind, müssten sich die Bewohner des Rems-Murr-Kreises jedoch nicht machen. „Wir haben hier oft zu gute Böden, die darum nicht als Flächen vorgesehen sind“, sagt Lebherz. Bei der Debatte stünde ironischerweise der Klimaschutz im Interessenskonflikt mit dem Natur- und Artenschutz, sowie einem dafür notwendigen Eingriff in die Landschaft. Dieser nun aufkeimenden Debatte sieht Lebherz relativ gelassen entgegen. „Der Bau von Fotovoltaikanlagen erhitzt die Gemüter nicht so sehr wie der Bau von Windrädern“, zeigt Lebherz Erfahrung.

Viel Potenzial für Solarparks auf ehemaligen Deponieflächen

Ganz vorne dabei ist die Abfallwirtschaftsgesellschaft Rems-Murr (AWRM). Auf ihren (ehemaligen) Hausmülldeponien wird der Ausbau stark vorangetrieben, bestätigt Technikvorstand Lutz Bühle: „Der inzwischen wichtigste Baustein ist bei uns die solare Energieerzeugung. Auf allen vier Deponien im Kreis arbeiten wir daran.“

Am weitesten ist der Ausbau auf der Deponie Kaisersbach. Dort sind bereits Solarmodule installiert, nun wird die Anlage erweitert. An Stromerzeugung seien nach der Fertigstellung 1,6 Millionen kWh pro Jahr zu erwarten. Das entspreche dem Verbrauch von 500 Haushalten. In Schorndorf steht aktuell noch die Genehmigung aus. In Winnenden startet die Oberflächenabdichtung im nächsten Jahr. Dort und auch in Steinbach seien langfristig ebenfalls die Errichtung von Solarmodulen geplant. Eine Machbarkeitsstudie ist in Steinbach in Auftrag gegeben worden.

Im nächsten Schritt werden auch forstrechtliche Fragen mit den Behörden geklärt. Die Vorgaben hätten sich laut Bühle gelockert und es gebe vom Land bereits Studien über Fotovoltaik auf den Mülldeponien. „Wir wollen das Gebiet auch so umfangreich wie möglich erschließen und ausnutzen. Doch bei manchen Deponiegebieten muss wegen der Hangneigungen abgewägt werden, ob sie sich eignen“, sagt Bühle.

Abdichtung macht PV auf Deponien knifflig

Die Vorteile liegen für ihn dabei auf der Hand. „Es werden keine neuen Flächen in Anspruch genommen. Die Deponien sind bereits infrastrukturell erschlossen, anfahrbar und umzäunt. Wir treten auch nicht in Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion.“ Eine solche Nutzung kommt auf den Flächen der ehemaligen Deponien ohnehin nicht mehr infrage. Die Oberflächenabdichtung mache die Umsetzung jedoch knifflig. „Klar ist, der Bau gestaltet sich dort anspruchsvoller als etwa auf einer Wiese“, erklärt Bühle. Die Abdichtung dürfe bei der Installation der Solarmodule nicht angekratzt werden.

Den privaten Bau solcher Anlagen hält Helmut Bleher, Geschäftsführer vom Bauernverband, gerade bei Landwirten nicht für sehr wahrscheinlich. Für sogenannte Agrifotovoltaik sei die Eigentumsstruktur in der Region zu zersplittert. „In der Regel benötigt man eine mindestens zwei Hektar große Fläche, um die notwendige Infrastruktur für eine solche Anlage zu schaffen“, erklärt Bleher. Das sei in Gegenden wie Hohenlohe eher möglich, da die Eigentümer dort größere Gebiete zur Verfügung haben. Hier müssten sich für einen Bau viele Gebietseigentümer zusammenschließen.

Im Obstbau sieht Bleher für Agrifotovoltaik ebenfalls wenig wirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten. Die notwendige Größe, um die Felder gleichzeitig mit landwirtschaftlichen Maschinen befahren zu können und zudem ausreichend Platz für die Aufstellung von Solarmodulen zu haben, sieht Bleher im Rems-Murr-Kreis und in Hohenlohe nicht geben. Seit der Erhöhung des Mindestlohns sei es für Obst- und Gemüsebauern ohnehin schwieriger, ihre Waren zu einem akzeptablen Preis abzusetzen.

„Viele Landwirte reduzieren ihre Anbauflächen und große wirtschaftliche werden vermieden“, weiß Helmut Bleher. Für „Versuche“ fehle den Landwirten das Geld. Weinbauern stünden hier vor denselben Problemen. Hohe Zinsen, sowie eine zunehmend ungewisse Absatzsituation des erwirtschafteten Stroms in Überschusszeiten, hielten Wengerter und Landwirte zurück.

Die Vorgaben des Landes Im Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz (KlimaG BW) hat die Regierung sich im vergangenen Jahr ambitionierte Ziele gesetzt. Zur Erreichung der Klimaziele ist dabei unter anderem geplant, auf 0,5 Prozent der Fläche außerhalb des Siedlungsbereichs in jeder Region in Baden-Württemberg Freiflächen-Fotovoltaikanlagen zu bauen.

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Erstellt:
11. Mai 2024, 06:00 Uhr

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