Grüße vom Roten Planeten

Nach ersten Mars-Fotos 1965: Es gibt doch keine grünen Männchen

Fiktion trifft Realität: Mit der Vorstellung von Marsmännchen war es spätestens 1965 vorbei. Damals sendete die US-Sonde „Mariner 4“ erstmals Bilder vom roten Planeten.

So stellen sich Space Artists den Mars Mars vor: Mars-Bewohner huldigen ihren Gründervätern.

© Imago/StockTrek Images

So stellen sich Space Artists den Mars Mars vor: Mars-Bewohner huldigen ihren Gründervätern.

Von Markus Brauer/dpa

Der kleine David MacLean beobachtet, wie hinter dem Haus seiner Eltern ein Raumschiff landet, welches sich in einen Sandhügel eingräbt. Anfangs will ihm niemand glauben. Erst als nach und nach Menschen verschwinden und seltsame Dinge geschehen wird klar: Große grüne Männchen vom Mars bereiten eine Invasion der Erde vor. Erst als die US-Armee eingreift, eine Bombe am außerirdischen Raumschiff angebracht wird und dieses beim Start explodiert, ist der grüne Spuk wieder vorbei.

So stellte man sich 1953 in dem US-Science-Fiction-Film „Invaders from Mars“ („Invasion from Mars“) eine Begegnung mit Außerirdischen vor. Aliens aus den unendlichen Weiten des Weltalls: Sie müssen nicht unbedingt grün, schleimig oder gefräßig sein. Da sind für extraterrestrische Lebensformen inzwischen sicher.

Außerirdisches Leben kann einfache biologische Lebensformen wie Mikrosphären (Molekül-Klumpen), Prionen (Protein-Strukturen), Viren und Prokaryoten (zelluläre Wesen) genauso umfassen wie pflanzliches und tierisches Leben und dem Menschen weit überlegene, komplexe Lebensformen.

„Is there life on Mars?“

Nur vom Mars wird niemand kommen. „Is there life on Mars?“ Der britische Sänger David Bowie war 1971 mit seiner Frage im gleichnamigen Song etwas spät dran. Denn damals war längst klar: Leben existiert auf dem Mars nicht in der Art, wie es lange Zeit erwartet worden war.

Die US-Sonde „Mariner 4“ hatte in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 1965 erstmals Bilder vom roten Planeten zur Erde geschickt und damit vor 60 Jahren Spekulationen und Mythen zunichtegemacht.

Vor den ersten Bildern kursierte die Idee, der Mars sei von lebenden Wesen bewohnt. Diesen Gedanken befeuerte Giovanni Schiaparelli, Direktor der Brera-Sternwarte von Mailand, im Jahr 1877 durch eine sensationelle Entdeckung: Durch sein Fernrohr sah der italienische Astronom nicht nur vermeintliche Meere, sondern auch Strukturen, die diese verbinden sollen. Er nannte sie „Canali“. Diese angeblichen Marskanäle wurden fälschlicherweise als künstliche Anlagen interpretiert.

Ein gefundenes Fressen für alle, die an eine Zivilisation auf dem Mars glaubten. So entstanden Science-Fiction-Romane und ein jahrzehntelanger Mythos von Marsmenschen. 1894 baute US-Hobby-Astronom und Millionär Percival Lowell die Flagstaff-Sternwarte in Arizona, um die Marskanäle und das auf Mars vermutete Leben genauer zu erforschen.

Marskanäle waren optische Täuschung

Die Marskanäle gelten heute teilweise als optische Täuschung. Die flächigen Darstellungen des griechischen Astronoms Eugène Michel Antoniadi von 1910 bis 1930 sind aber kaum detailreicher.

Etwa die Hälfte der von Schiaparelli und anderen Astronomen kartierten Marskanäle dürften jedoch tatsächlichen Canyons, linienförmigen Geländeschatten, Talsystemen oder Kraterketten entsprechen. Bis heute beflügeln die Marskanäle die Fantasie von Schriftstellern.

Auf der Suche nach Lebens auf dem Mars

Wo Wasser ist, da ist auch Leben: So lautet die wissenschaftliche Grundannahme. Wegen der vermuteten Wasserstraßen glaubten viele, der Mars besitze möglicherweise eine ähnliche Atmosphäre und Oberfläche wie die Erde. Einige spekulierten, es könnte dort Lebensformen wie Pflanzen und Tiere geben. Der wohl einflussreichste Vertreter dieser Auffassung war der Percival Lowell, der die Idee an der Wende zum 20. Jahrhundert weiter befeuerte.

Die Vorstellung erreichte schnell die Literatur. Werke wie „Der Krieg der Welten“ (1898) von H. G. Wells oder die John Carter-Reihe (ab 1912) von Edgar Rice Burroughs zeichneten ein Bild von außerirdischen Lebensformen und abenteuerlichen Erkundungen auf dem Mars.

Staub und Sand: „Mariner 4“ zeigt den wahren Mars

Später setzte sich bei Wissenschaftlern und Schriftstellern die Einsicht durch, dass es keine Marsmännchen gibt. Doch einfache Lebensformen wie Pflanzen – die konnte man sich auf unserem Nachbarplaneten noch bis zum Start der ersten Marssonden vorstellen.

Doch vor genau 60 Jahren war es mit den Mythen um den Mars vorbei. Nach einigen Fehlschlägen schaffte es „Mariner 4“ nach einer achtmonatigen Reise als erste Sonde, am Mars vorbeizufliegen und dabei Bilder aufzunehmen. Eine Fernsehkamera an Bord löste in der Nacht zum 15. Juli 1965 insgesamt 22 Mal aus. Die Übertragung nur eines der noch recht unscharfen Bilder dauerte nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa bis zu zehn Stunden.

Leere Ödnis statt außerirdisches Leben

Die Aufnahmen waren ein Meilenstein, obwohl die Nasa nur etwa ein Prozent der Oberfläche des Planeten abbildeten. Sie sorgten auf der Erde aber auch für Ernüchterung. Denn die ersten digitalen Bilder eines fremden Planeten zeigten kein Leben, sondern Ödnis. Es waren mondähnliche Einschlagskrater zu erkennen, von denen einige in der kalten Marsnacht mit Frost überzogen waren.

Weder Kanäle noch Anzeichen von fließendem Wasser kamen in der staubtrockenen Landschaft zum Vorschein. Und wo kein Wasser ist, ist auch kein Leben. Die Bilder gaben keine Hinweise auf Organismen oder Pflanzen. Auch durch seine sehr dünne Atmosphäre, in der Menschen nicht atmen könnten, erwies sich der Mars als weitgehend lebensfeindlich.

Infrastruktur und Kolonialisierung: Mars soll bevölkert werden

Und trotzdem gibt es noch immer Hoffnung: Seit mehr als vier Jahren ist der Mars-Rover „Perseverance“ (auf Deutsch: Durchhaltevermögen) auf dem erdähnlichsten Planeten unseres Sonnensystems im Einsatz und sucht dort nach Hinweisen auf früheres mikrobielles Leben.

Denn einst sah der Mars komplett anders aus und ähnelte unserer heutigen Erde stärker: Vor Milliarden Jahren soll es auf dem Planeten flüssiges Wasser, eine dichtere Atmosphäre und möglicherweise Bedingungen gegeben haben, die Leben hätten zulassen können.

Den Mars könnten sich eines Tages auch Menschen persönlich ansehen können – eventuell schon im kommenden Jahrzehnt. Bei der Frage, wer als erster Erdbewohner einen Fuß auf den Mars setzt, könnte es zum Duell zwischen den USA und China kommen.

USA und China im Mars-Fieber

Die Nasa visiert an, in den 2030er Jahren Astronauten auf den Mars zu schicken. Die dafür nötige Technologie umfasst etwa die Entwicklung von Landefähren, Sauerstoffproduktions- und Regenerationssystemen für die Lebenserhaltung auf einem Planeten fast ohne Atmosphäre.

Offiziell hat China zwar bislang keinen konkreten Zeitpunkt für eine Landung auf dem Mars genannt. Dennoch kursiert 2033 als mögliches Jahr für eine bemannte Marsmission, was auf den Entwurf eines chinesischen Experten von 2021 zurückgeht.

Das Unterfangen könnte nicht ohne Grund in acht Jahren und damit zu einem günstigen Moment starten: Denn die Entfernung von der Erde zum Mars schwankt erheblich, da beide Planeten eigene Umlaufbahnen um die Sonne haben. Für Missionen angepeilt werden jene Zeitfenster, in denen die Distanz am geringsten ist. Wie die USA wollen auch die Chinesen eine bewohnte Basis auf dem Mars aufbauen.

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Erstellt:
8. Juli 2025, 13:00 Uhr

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