Stadtbild-Debatte
Nach Protest gegen Merz: Landes-CDU nennt Heimat eine „Definition des Herzens“
Stipendiaten mit Migrationshintergrund haben bei einer Veranstaltung unter Protest den Saal verlassen, als Kanzler Friedrich Merz auftrat. Was die CDU in Baden-Württemberg dazu sagt.
© Silas Stein/dpa
Manuel Hagel, der Vorsitzende der CDU Baden-Württemberg: „Von einer empathischen und mitfühlenden Mitte aus.“
Von Sascha Maier
Die „Stadtbild“-Debatte hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bei einer Veranstaltung in Berlin eingeholt. Nachdem Merz bei einer Preisverleihung des Forums Integration ans Rednerpult trat, verließen etwa 30 Stipendiaten mit Migrationshintergrund den Saal – aus Protest gegen die Aussagen zum Stadtbild, wie Aufkleber der Protestierenden nahelegten, auf denen zu lesen war: „Wir sind das Stadtbild“.
Hat der Kanzler mit seiner Aussage zum Stadtbild, wonach dieses in vielen deutschen Städten problematisch sei und Migration dabei eine entscheidende Rolle spiele, CDU-Wähler mit Migrationshintergrund vergrault, die sich verunglimpft fühlten? Die CDU Baden-Württemberg bekräftigt auf Nachfrage, eine Partei für alle Menschen sein zu wollen.
Heimat „Definition des Herzens“
„Die CDU Baden-Württemberg steht für ein christliches Menschenbild, das jedem Menschen unabhängig von seiner Herkunft Würde und Respekt entgegenbringt“, sagt eine Sprecherin. Die Partei wolle die politische Mitte stärken, indem sie die Sorgen der Menschen ernst nehme und gleichzeitig für „Zusammenhalt in unserer vielfältigen Gesellschaft“ eintrete. „Wir wenden uns dabei an alle Menschen im Land, die diese Werte teilen. Heimat ist für uns vor allem eine Definition des Herzens“, so die Sprecherin.
Der CDU-Parteivorsitzende und Spitzenkandidat der CDU bei der Landtagswahl im März, Manuel Hagel habe außerdem unlängst gesagt: „Wir denken Baden-Württemberg von einer empathischen und mitfühlenden Mitte aus.“
Pantisano lobt Protestaktion
Andere sehen die „Stadtbild“-Diskussion im Kontext mit den Christdemokraten noch lange nicht erledigt. Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Luigi Pantisano (Die Linke) fand die Aktion, den Kanzler bei einer Veranstaltung zum Thema Integration nicht anzuhören, gelungen. „Respekt für diese mutigen Menschen. Gut! Gut, dass ihr aufgestanden seid und den Raum verlassen habt“, schrieb Pantisano auf der Plattform X, „Merz ist nicht unser Kanzler. Er macht Politik für seine abgehobenen weißen und reichen Freunde im Privatjet.“
Respekt für diese mutigen Menschen. Gut! Gut, dass ihr aufgestanden habt und den Raum verlassen habt. Merz ist nicht unser Kanzler. Er macht Politik für seine abgehobenen weißen und reichen Freunde im Privatjet. pic.twitter.com/7isuxN91eq — Luigi Pantisano (@LuigiPantisano) November 19, 2025
Wiederum andere fanden die Aktion respektlos. So schrieb etwa FDP-Vize Wolfgang Kubicki ebenfalls auf X: „Eine Demokratie lebt von harter Auseinandersetzung – und vom Respekt vor ihren Institutionen.“ Wer stattdessen auf die plumpe Inszenierung einer vermeintlichen Haltung” setze, die darin bestehe, dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland das Gehör zu verweigern, liefere nur einen Beweis: „dass er beidem nicht gewachsen ist.“
Die „Stadtbild“-Debatte verfolgt Merz nun schon seit Monaten. Auch Kommunen reagieren: So haben die Oberbürgermeister Boris Palmer (Tübingen), Matthias Klopfer (Esslingen) und Richard Arnold (Schwäbisch Gmünd) in einem gemeinsamen Papier in der „Zeit“ kürzlich dazu Stellung bezogen. Darin wird etwa mehr Videoüberwachung gefordert – und gleichzeitig betont, dass es verkürzt wäre, für die Problemzonen in manchen Innenstädten allein Migration verantwortlich zu machen.
