Nachfrage nach Autos ist weiter hoch

Kraftfahrzeuginnung: Autofreie Region funktioniert nicht, trotz Fahrverboten und VVS-Reform

So langsam spielen auch E-Autos eine Rolle bei den Zahlen der Kraftfahrzeuginnung. Foto: imago

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So langsam spielen auch E-Autos eine Rolle bei den Zahlen der Kraftfahrzeuginnung. Foto: imago

WAIBLINGEN (teb). Seit Januar gelten in Stuttgart Euro-4-Verkehrsverbote, seit 1. April deutlich gesenkte VVS-Tarife für die Stadt und die Region. Auf die Nachfrage nach Pkw hat sich das bisher nicht ausgewirkt. Zum Ende des ersten Quartals liegt der Pkw-Bestand in der Region um fast 20000 Fahrzeuge höher als vor einem Jahr. Im Rems-Murr-Kreis beträgt der Zuwachs bei den Neuzulassungen 12,9 Prozent, bei den Besitzumschreibungen endete das erste Quartal mit einem Plus von 5,3 Prozent: „Das heißt über 5000 Neuwagen und über 9700 Gebrauchtwagen wurden im Rems-Murr-Kreis vor allem gekauft, um Altfahrzeuge zu ersetzen“, sagt Obermeister Torsten Treiber von der Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart.

Das lässt sich daraus ableiten, dass der Pkw-Bestand im Kreis insgesamt im ersten Quartal um 3552 Pkw wuchs, sagt Innungsgeschäftsführer Christian Reher: „Alle anderen Fahrzeuge wurden unter dem Druck geltender Verbote für Euro-4-Diesel und drohender Fahrverbote für Euro-5-Diesel gekauft, um vorhandene Pkw zu ersetzen.“ In Stuttgart ist dieser Effekt noch stärker, dort wurden über 15000 Neuwagen und über 11000 Gebrauchtwagen gekauft, aber der Bestand wuchs nur leicht um 839.

Im Bundesdurchschnitt bröckeln die Zulassungszahlen. Im März wurden 0,5 Prozent weniger neue Pkw zugelassen, bei den Gebraucht-Pkw waren es minus 2,7 Prozent. Fürs erste Quartal insgesamt heißt das noch ein Mini-Plus von 0,2 Prozent bei den Neuwagen und 0,1 Prozent bei den Gebrauchten.

„Bundesweit sind damit die skeptischen Voraussagen für den Automarkt eingetroffen“, sagt Obermeister Torsten Treiber: „Aber in der Region lief das erste Quartal überraschend gut, da toppen wir die Quartalszahlen locker.“

Die Autonachfrage im Rems-Murr-Kreis lag in absoluten Zahlen im März bei 2109 Pkw-Neuzulassungen. Das ist ein Plus von 14,1 Prozent. Von den Pkw werden 593 von einem Dieselmotor angetrieben. Das sind 81 oder 15,8 Prozent mehr als im Vorjahr. „Der Diesel erobert sich seine Kundschaft zurück“, ordnet der Kreisvorsitzende Reiner Äckerle die Entwicklung ein. Benziner und andere Antriebsarten legten ebenfalls zu: Ihr Plus liegt bei 179 Pkw oder 13,4 Prozent, ihre Zahl bei 1516 Neuwagenkäufen und ihr Anteil an den verkauften Pkw bei 71,9 Prozent. In dieser Zahl sind 54 Elektro-Pkw und 106 Hybrid-Pkw enthalten: „Das stützt unseren Markt zusätzlich“, sagt Reiner Äckerle.

Die Innung kämpft weiter

Aufs Quartal gesehen wurden damit im Rems-Murr-Kreis 5224 Pkw neu zugelassen, 597 mehr als vor einem Jahr. Damit stieg die Nachfrage nach neuen Autos um 12,9 Prozent. Bei den Gebrauchtwagen gab es 9705 Besitzumschreibungen, 489 oder 5,3 Prozent mehr als vor einem Jahr. Von denen wurden 3378 im März zugelassen. Hier schwächelt der Diesel: 836 Besitzumschreibungen betrafen Diesel (minus 149/minus 15,1 Prozent), 2542 Benziner und andere Motorarten (plus 174/plus 7,3 Prozent).

„Unter dem Strich wird es vor allem in Stuttgart, aber auch im Rems-Murr-Kreis dabei bleiben, dass weiter Diesel-Pkw ausgetauscht werden, solange Fahrverbote gelten beziehungsweise nicht endlich verbindlich durch die Regierung ausgeschlossen werden“, sagt Obermeister Torsten Treiber. „Alles, was wir haben, sind immer noch nur Absichtserklärungen.“ Die Innung kämpfe weiter dafür, dass „dieses sinnlose Treiben gestoppt wird“. Allerdings liege inzwischen auch „die nächste Kampfansage von der DUH an die grün-schwarze Landesregierung vor“, ergänzt Innungsgeschäftsführer Reher: „Vor Ostern hat dpa gemeldet, Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe kritisiere Politiker, die die Botschaft vermittelten, es werde nicht zu Fahrverboten kommen, mit der Aussage ‚Es ist unverantwortlich, dass Regierungspolitiker die Bürger in vermeintlicher Sicherheit wiegen‘“.

Trendwende bei den Monatszahlen

Die Bestandsentwicklung zeige ganz klar, „dass es da einerseits wenig Vertrauen in die Politiker gibt und andererseits das Auto unverzichtbar ist“, sagt Torsten Treiber: „Der Dieselbestand im Rems-Murr-Kreis hat zwar Ende März mit 76637 Autos einen neuen Tiefststand erreicht. Vor einem Jahr hatte er noch rund 3000 Diesel höher gelegen. Aber wir sehen die Trendwende bei den Monatszahlen. Und wir stellen beim Blick auf die Bestandsentwicklung insgesamt fest, dass die Leute einfach umgestiegen sind. Und da der Bestand sogar weiter gewachsen ist, sind im Rems-Murr-Kreis heute über 6600 Benziner mehr zugelassen als vor einem Jahr“, rechnet Torsten Treiber vor: „Ein autofreies Stuttgart oder eine autofreie Region funktionieren einfach nicht.“

Der technische Haken an der Sache: „Bei gleicher Motorisierung stoßen Diesel-Pkw bis zu 15 Prozent weniger CO2 aus als Benziner“, zitiert der Obermeister das Umweltbundesamt und die Regeln der Motortechnik: „Die aktuelle Politik hat also den Klimawandel gefördert, statt ihn zu bekämpfen.“

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Erstellt:
7. Mai 2019, 06:00 Uhr

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