Nawalny-Proteste: Menschenrechtler kritisieren Festnahmen

dpa Moskau. Mehr als 1700 Festnahmen bei Solidaritätsbekundungen mit dem inhaftierten Alexej Nawalny in Dutzenden russischen Städten rufen die Organisation Human Rights Watch auf den Plan.

Die Polizei verhaftet in St.Petersburg einen Mann bei einer Demonstration zur Unterstützung des inhaftierten Oppositionsführers Nawalny. Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa

Die Polizei verhaftet in St.Petersburg einen Mann bei einer Demonstration zur Unterstützung des inhaftierten Oppositionsführers Nawalny. Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa

Menschenrechtler haben willkürliche Festnahmen bei Protesten gegen die Inhaftierung des Kremlgegners Alexej Nawalny in ganz Russland kritisiert.

Zwar habe es bei den Kundgebungen am Mittwoch weniger Polizeigewalt gegeben als bei den Aktionen Anfang des Jahres, teilte die Organisation Human Rights Watch am Donnerstag mit. „Doch das harte Vorgehen der Behörden gegen die Versammlungsfreiheit ist völlig ungerechtfertigt.“

Laut dem Bürgerrechtsportal ovdinfo.org wurden bei den nicht genehmigten Demos in insgesamt fast 100 russischen Städten mehr als 1700 Menschen festgenommen, die allermeisten davon in St. Petersburg.

Der Kreml wollte die Aktionen nicht kommentieren. Das sei vielmehr Thema des Strafvollzugs, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Die Proteste seien illegal gewesen.

Trotz Warnungen der Behörden waren im flächenmäßig größten Land der Erde Zehntausende Menschen auf die Straßen gegangen, um ihre Solidarität mit dem in einem Straflager inhaftierten Nawalny zu zeigen.

Indes sagte die Menschenrechtsbeauftragte der russischen Regierung, Tatjana Moskalkowa, die Haftbedingungen Nawalnys und die medizinische Versorgung entsprächen internationalen Standards. „Es wurde nicht festgestellt, dass Nawalny brutal oder grob behandelt wurde“, sagte sie. Er könne wie andere Häftlinge acht Stunden ununterbrochen schlafen. „Es gab keine erzwunge Unterbrechung des Schlafs.“ Nawalny hatte von Foltermethoden gesprochen, weil ihn Gefängniswächter nachts stündlich weckten.

Der 44 Jahre alte Oppositionelle, der im vergangenen Jahr nur knapp einen Giftanschlag überlebte, ist seit drei Wochen im Hungerstreik, um so eine Behandlung von einem unabhängigen Arzt zu erwirken. Er klagt über Rückenschmerzen und Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen. Moskalkowa zufolge steht der Oppositionelle seit Beginn seines Hungerstreiks unter „strenger ärztlicher Aufsicht“.

Vor den Demonstrationen am Mittwoch hatte die Polizei mehrere Nawalny-Unterstützer festgenommen und Büroräume seiner Mitarbeiter durchsucht. Für besondere Empörung sorgte das Vorgehen gegen Nawalnys Pressesprecherin Kira Jarmysch, die laut ihrer Anwältin für zehn Tage in Haft muss. Ihr werde vorgeworfen, im Internet zu den nicht genehmigten Protesten aufgerufen zu haben - obwohl sie seit Wochen im Hausarrest sitze und dort gar keinen Zugang zum Internet habe.

© dpa-infocom, dpa:210422-99-306540/4

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Erstellt:
22. April 2021, 10:57 Uhr

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