Neue Ausstellung im Backnanger Technikforum

Die Backnanger Firma Hahn verkaufte bis 1965 mehr als 600000 Fahrräder. Eine Ausstellung im Technikforum erinnert an das traditionsreiche Unternehmen, das in seinen besten Zeiten knapp 70 Beschäftigte hatte.

Das Wappentier auf dem Schutzblech steht für Qualität aus Backnang. Die Firma Hahn verkaufte aber auch Fahrräder unter anderen Markennamen. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Das Wappentier auf dem Schutzblech steht für Qualität aus Backnang. Die Firma Hahn verkaufte aber auch Fahrräder unter anderen Markennamen. Foto: Tobias Sellmaier

Von Kornelius Fritz

Backnang. Bei Fahrzeugen aus Backnang denken die meisten wahrscheinlich als Erstes an Straßenwalzen oder Planierraupen aus dem Hause Kaelble, doch die Stadt war lange Jahre auch Sitz eines bedeutenden Fahrradherstellers und -großhändlers. Viele ältere Backnanger haben ihre ersten Fahrversuche auf einem Hahn-Fahrrad gemacht. Eine Ausstellung im Technikforum widmet sich nun der mehr als 100-jährigen Firmengeschichte, die 1996 mit der Einstellung des Betriebs endete.

Initiator der Ausstellung ist Hans-Jörg Gerste aus Marbach am Neckar. Der Geschichtslehrer und passionierte Fahrradsammler hatte bereits 2017 eine Fahrradausstellung im Ludwigsburger Staatsarchiv organisiert. Dafür waren ihm auch drei alte Hahn-Fahrräder angeboten worden. „Ich kannte die Firma damals gar nicht“, erinnert sich Gerste. Bei einer ersten Recherche im Internet fand er auch nicht viel über sie heraus. Die Neugier des Historikers war geweckt. So machte er die Erforschung der Firmengeschichte zu einem Projekt im Seminarkurs einer zwölften Klasse am Technischen Gymnasium der Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg, wo er unterrichtet.

Blick in die Fahrradwerkstatt der Firma Hahn im Jahr 1938: Aus eingekauften Teilen montieren die Beschäftigten fertige Fahrräder. Foto: Stadtarchiv

Blick in die Fahrradwerkstatt der Firma Hahn im Jahr 1938: Aus eingekauften Teilen montieren die Beschäftigten fertige Fahrräder. Foto: Stadtarchiv

Zusammen mit den Schülerinnen und Schülern ging er auf die Suche nach Zeitzeugen und machte unter anderem in Backnang-Steinbach Dorothea Balluff ausfindig. Die Urenkelin des Gründers Christian Hahn war die letzte Inhaberin von Fahrrad Hahn gewesen und besaß noch umfangreiches Material über die Firma, unter anderem eine Kladde, in der ihr Großvater Emil Hahn alle Verkaufszahlen zwischen 1905 und 1955 fein säuberlich von Hand notiert hat. In einem weiteren Heft sind auch alle Mitarbeiter aufgelistet, die in dieser Zeit bei Hahn gearbeitet haben. Sogar über die Geburtstagsgeschenke, die er den Beschäftigten machte, führte der Chef Buch.

Corona verhinderte die Ausstellung zunächst

Gerstes Idee, die Ergebnisse der Recherchen in einer Ausstellung in Backnang zu präsentieren, stieß bei Stadtarchivar Bernhard Trefz auf offene Ohren. Ursprünglich sollte diese bereits 2020 stattfinden, doch dann kam die Coronapandemie dazwischen. Nun hat Hans-Jörg Gerste das Projekt aber mit einer anderen Schülergruppe zu Ende gebracht. Die Ausstellung wird morgen im Technikforum eröffnet (siehe Infotext). Neben historischen Fotos, Werbeanzeigen und Dokumenten sind dort auch rund 15 Fahrräder aus unterschiedlichen Jahrzehnten sowie ein Moped vom Typ Hahn Rekord, Baujahr 1957, zu sehen.

Schon 1890 verkaufte der Firmengründer Fahrräder

Gegründet hat Mechaniker Christian Hahn die Firma bereits 1887 in der heutigen Eduard-Breuninger-Straße. Er verkaufte dort Nähmaschinen und andere Haushaltsgeräte. Der schwäbische Tüftler besaß aber auch drei eigene Patente, unter anderem für eine Wringmaschine für nasse Wäsche. Aber auch Fahrräder hatte der Firmengründer schon bald im Sortiment, wie eine Werbeanzeige aus dem Murrtalboten aus dem Jahr 1890 belegt. Darin preist Christian Hahn Sicherheitsfahrräder der Marke Opel an und bietet auch Reparaturen an.

Richtig groß wurde das Fahrradgeschäft aber erst in den 1930er-Jahren, wie Hans-Jörg Gerste berichtet. Der neue Firmenchef Emil Hahn habe in dieser Zeit die Rechte an mehreren damals bekannten Fahrradmarken wie Terra, Puma, Dabera oder Tempestas gekauft und diese Räder in seiner Werkstatt in Backnang montieren lassen. 1938 brachte Hahn dann auch erstmals Fahrräder unter eigenem Namen auf den Markt. Ab den 1950er-Jahren zierte ein stolzer Gockel die Schutzbleche der Hahn-Räder.

In seinen besten Zeiten habe Fahrrad Hahn mehr als 30000 Fahrräder pro Jahr verkauft, erzählt Stadtarchivar Bernhard Trefz. In den 1960er-Jahren gingen die Verkaufszahlen allerdings zurück. Immer mehr Leute konnten sich nun ein Auto leisten, außerdem wuchs die Konkurrenz durch die Kaufhäuser, die Fahrräder billiger anboten. So stellte Fahrrad Hahn 1965 seine eigene Produktion ein, blieb jedoch noch drei Jahrzehnte als Großhändler tätig, ehe 1996 endgültig Schluss war.

Öffnungszeiten Die Ausstellung
„Fahrrad Hahn in Backnang“ wird am morgigen Sonntag um 11 Uhr im Technikforum Backnang, Wilhelmstraße 32, eröffnet. Bereits um 9.30 Uhr lädt der ADFC zu einer kurzen Radausfahrt an der der Murr ein, Start- und Zielpunkt ist am Technikforum. Die Ausstellung ist am 11. und 18. Juni jeweils von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Gruppen können in der Zeit vom 12. bis 16. Juni auch individuelle Führungen buchen. Anmeldung per E-Mail an stadtarchiv@backnang.de oder unter 07191/894-455.

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Erstellt:
10. Juni 2023, 06:00 Uhr

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