Neue Mittel für Hagelabwehr gesucht

Durch die schwierige Lage im Weinbau gerät die Finanzierung der Hagelflieger in der Region Stuttgart unter Druck. Schon im kommenden Jahr wird mit einem Defizit gerechnet. Die Verantwortlichen machen sich auf die Suche nach Alternativen.

Zwei Hagelflieger stehen am Stuttgarter Flughafen bereit. Archivfoto: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Zwei Hagelflieger stehen am Stuttgarter Flughafen bereit. Archivfoto: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Hagelschäden zu vermeiden oder zumindest möglichst klein zu halten, ist vernünftiger, als sie nachträglich zu beheben. Nach dieser Devise geht man zumindest im Rems-Murr-Kreis vor, weshalb man sich seit Jahren an der Hagelabwehr in der Region Stuttgart beteiligt. In der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses des Kreistags gab Dezernent Gerd Holzwarth einen Überblick über die Aktivitäten der Hagelabwehr im vergangenen Jahr und warnte auch gleich vor künftigen Problemen. Denn bei der Finanzierung ist vermutlich schon im kommenden Jahr ein Defizit zu erwarten. Grund dafür ist die schwierige wirtschaftliche Lage im Weinbau, wie Holzwarth ausführte. Etwa die Hälfte der Kosten von gut 360000 Euro im Jahr wird von den Weingütern der Region getragen. Weitere Partner sind die Landkreise Rems-Murr, Esslingen, Ludwigsburg, Heilbronn und die Stadt Stuttgart, außerdem beteiligen sich auch verschiedene Unternehmen aus der Region.

Weitere Firmen und Versicherungen sollen gewonnen werden

Um die Finanzierung der Hagelflieger für die kommenden Jahre sicherzustellen und den Weinbau zu entlasten, sollen Alternativen gefunden werden. Das gehört zu den Aufgaben der Geschäftsstelle, die im Landratsamt angesiedelt ist. Zu den Möglichkeiten gehören ein Förderprogramm der EU oder die Prüfung einer Unterstützung durch das Land. Außerdem, so Holzwarth, wolle man auf weitere Versicherungen, Firmen und Privatgrundbesitzer zugehen. Schließlich profitieren auch sie von der Abwehr größerer Hagelereignisse. Dass gerade der Branchenprimus unter den Versicherungen, die Allianz, nicht beteiligt ist, bezeichnete Kreisrat Werner Hundt (CDU) im Lauf der Sitzung als jammerschade. Ebenfalls wird eine gleichmäßigere Verteilung der Finanzierungsbeiträge der Landkreise und Kommunen in Betracht gezogen. Der Rems-Murr-Kreis beteilige sich derzeit mit 50000 Euro, so der Dezernent. Vorerst werden sich die Defizite wohl auf einen mittleren vierstelligen bis hin zu einem niedrigen fünfstelligen Betrag belaufen.

Einen 100-prozentigen Schutz könne die Hagelabwehr zwar nicht bieten, heißt es in der Sitzungsvorlage. Doch durch eine rechtzeitige „Impfung“ der hagelträchtigen Wolken (siehe Infotext) komme es zu geringeren Schäden. In der vergangenen Saison wurden insgesamt 22 Bereitschafts- und 15 Einsatztage verzeichnet. 27 Einsatzflüge wurden vorgenommen, dabei kamen die Hagelflieger auf knapp 34,5 Stunden Flugzeit. Drei kleinere Hagelereignisse habe es gegeben, so Gerd Holzwarth, sie alle verliefen jedoch ohne nennenswerte Schäden.

Wolken werden „geimpft“

Funktionsweise In der Region sind zwei Flugzeuge unterwegs, welche eine Lösung aus Silberjodid und Aceton mit sich führen. Sobald sie sich unterhalb einer Gewitterwolke befinden, wird dieses Gemisch verbrannt, der Aufwind trägt die Silberpartikel dann in die Wolken. Die dabei freigesetzten Kondensationskerne fördern die Bildung von kleineren und verhindern so die Bildung von großen Hagelkörnern.

Kritik Wie wirksam die Methode ist, ist umstritten. Wetterexperte Jörg Kachelmann gehört zu den bekanntesten Kritikern, er bezeichnet sie gar als „Betrug“. Im Landratsamt ist man derweil von der Wirksamkeit überzeugt und beruft sich auf die positiven Erfahrungen der vergangenen Jahre.

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Erstellt:
30. April 2024, 14:00 Uhr

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