Pinke Häuser am Stuttgarter Schlossplatz
Zwölf Mini-Häuser stehen diese Woche auf dem Schlossplatz zwischen Königsbau und Kunstmuseum.

© Fotoagentur Stuttgart/Andreas Rosar
Ungewohntes Bild auf der Königstraße: Zwölf knallbunte Minihäuser versperren den Weg.
Von Elisabeth Remmert
Stuttgart - Zwölf pinkfarbene Hütten sind dieser Tage vor dem Kunstmuseum am Schlossplatz aufgereiht. Mit dem Museum haben die kleinen Häuschen allerdings nichts zu tun – hinter den zwölf Häuschen steht der Pforzheimer Architekt und Künstler Andreas Sarow. Bekannt wurde er 2015 durch die „Schwarze Villa“, ein Baudenkmal, das er komplett überstrich und damit für Aufsehen – und ein hohes Bußgeld – sorgte.
Nun präsentiert Sarow sein neues Kunstprojekt „Exkursion“ in der Stuttgarter Innenstadt: Eine Woche lang stehen die „Magenta-Häuser“ beim klassizistischen Königsbau und dem modernen Kunstmuseum. Die Objekte erinnern an übergroße Monopoly-Häuschen – eine Form, die bewusst mit dem Klischee des „Häuslebauers“ spielt und auf die „Spießigkeit traditioneller Architektur“ verweise, sagt der Künstler.
Anders als echte Häuser sind sie jedoch mobil: Auf Tiefladern transportiert, sollen sie in unterschiedlichen Städten und Kontexten auftauchen und die übliche Vorstellung von der Immobilie als fest verankertem Bauwerk konterkarieren.
Sarow spricht bei seiner Installation von einer „Vermenschlichung der Immobilie“. Häuser, die gemeinhin für Sesshaftigkeit und Heimat stehen, werden zu Wanderern, die ihre Umgebung wechseln. So entstehe ein Perspektivwechsel: „Was bedeutet es, wenn das vermeintlich Unverrückbare in Bewegung gerät?“, stellt Sarow in den Raum.
Damit verfolgt er auch eine politische Dimension: „Das Haus gilt vielerorts als höchstes Gut. In Kriegsgebieten wie der Ukraine oder Gaza zeigt sich, wie eng Heimat und Identität daran geknüpft sind – und wie fragil dieses Gefühl sein kann“, sagt der Architekt. Die Idee der „Magenta-Häuser“ entstand in einer ehemaligen Bahnbaracke in Pforzheim – der sogenannten Factory. Dieses lang gestreckte Gebäude diente Sarow als Produktionsstätte und zugleich als Bild: „Wie ein überdimensionaler Drucker, aus dem Objekte herausgepresst werden, entstand dort die erste Serie der Magenta-Häuser“, sagt der Künstler. Auch die Farbwahl verweist auf den Druckprozess, bei dem Magenta eine der Grundfarben darstellt.
Maße und Winkel der Häuser greifen die Proportionen der Baracke auf, sodass die Factory bis heute als Ursprung und Symbol für die kleinen Häuser gilt.
Auch der erste Ort der Installation sei bewusst gewählt worden: Vor 25 Jahren schloss Sarow sein Architekturstudium in Stuttgart ab. Zum Jubiläum präsentiert er nun den Auftakt seiner „Exkursion“ am Schlossplatz. Der Kontrast zwischen Königsbau und Kunstmuseum ist dabei Teil der Inszenierung: Historie trifft Moderne, Monumentalität trifft auf spielerische Farbigkeit. Schon am ersten Ausstellungstag entwickelte sich die Arbeit zum Publikumsmagneten. „Menschen bleiben stehen, fotografieren, machen Selfies“, berichtet Sarow, der in dieser Woche vor Ort ist.
Genehmigt wurde die Installation laut Sarow von der Stadt Stuttgart. Die Planung der Ausstellung in Stuttgart habe ein halbes Jahr gedauert, sagt Sarow. „Andere meiner Projekte brauchen aber zwei bis drei Jahre Vorplanung“, sagt er. Andreas Sarow, 1974 in Pforzheim geboren, studierte Architektur in Stuttgart und arbeitete als Diplom-Ingenieur (FH). Heute schafft er temporäre Kunstinstallationen, die Stadt, Gesellschaft und Fragen zu Wohnen, Heimat und Glück kritisch beleuchten. Die Installation ist temporär: Bald werden die „Magenta-Häuser“ wieder verladen und verschwinden – um in einer anderen Stadt erneut aufzutauchen. Geplant sind weitere Stationen. Wo genau es hingeht, bleibt vorerst offen.