Protestaktion vor dem Sonnenhof

Beschäftigte von Contitech Kühner demonstrieren in Kleinaspach gegen die geplante Schließung des Werks in Oppenweiler

Zum Treffen der Konzernspitzen mit dem Betriebsrat hatten sich die von der Schließung bedrohten Contitech-Mitarbeiter mit Plakaten vor dem Eingang des Hotels Sonnenhof versammelt.

Mit Trillerpfeifen und Plakaten machten die Contitech-Beschäftigten vor dem Eingang des Hotels Sonnenhof in Kleinaspach auf ihre Situation aufmerksam. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Mit Trillerpfeifen und Plakaten machten die Contitech-Beschäftigten vor dem Eingang des Hotels Sonnenhof in Kleinaspach auf ihre Situation aufmerksam. Foto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

ASPACH/OPPENWEILER. Einen solch ungewöhnlichen Weckdienst dürften die Kunden des Sonnenhofs in Kleinaspach auch noch nicht erlebt haben. Dort trafen sich nun Vertreter der Unternehmensspitze mit den Arbeitnehmervertretern, um erneut über den Sozialplan zu verhandeln, der die Härten der Schließung für die Mitarbeiter abfedern soll. So rieben sich am Freitagmorgen manche Hotelgäste verdutzt die Augen, als sie nach genossener Faschingsfeier vom Vorabend mit lauten Rufen und Trillerpfeifenkonzert quasi aus den Federn geholt wurden.

Rund ein Drittel der Conti-Belegschaft hatte sich am Eingang des Hotels versammelt und hielt Plakate hoch, deren Aufschriften die angekündigte Schließung ihrer Arbeitsstätte in dem Oppenweiler Werk zum Inhalt hatten. Entsprechend angespannt war die Atmosphäre am Freitagmorgen. Denn wie bereits im vergangenen Jahr vermeldet, will das Unternehmen Continental weltweit Personalkosten einsparen. Im Zuge dessen will Continental unter anderem seinen Standort in Oppenweiler schließen, wo rund 340 Mitarbeiter beschäftigt sind. „Uns ist wichtig, hier auf eine Einigung bezüglich des Interessenausgleiches und des Sozialplans zu erzielen, aber nicht auf Kosten der Belegschaft“, verkündete Manuel Figueiras am Eingang des Hotels mit lauter Stimme im Kreise seiner lauschenden Kollegen.

Die Conti-Beschäftigten des Oppenweiler Werks sprechen von Unehrlichkeit und Erpressung

Der aus Portugal stammende Backnanger ist seit fast 29 Jahren bei Contitech Kühner beschäftigt war 24 Jahre lang als Betriebsrat aktiv und ist mittlerweile Ersatzbetriebsrat, wie er im Gespräch mit dieser Zeitung erläuterte. Eine Tante seiner Frau arbeitet ebenfalls dort, und die Kollegen sind ihm in den vielen Jahren ans Herz gewachsen. Er formulierte die Forderung, jeden Conti-Mitarbeiter des Standorts Oppenweiler mit mindestens einem Monatslohn pro Beschäftigungsjahr als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes abzufinden.

Figueiras wies auch noch einmal auf die Entbehrungen der Belegschaft in der jüngeren Vergangenheit hin. „Wir haben drei Ergänzungstarifverträge mitgemacht, um die Firma zu retten. Damit haben wir Millionen an Sozialbeiträgen eingespart und die Firma am Ende doch nicht gerettet. Einen Teil unserer Beiträge möchten wir zurückhaben – in Form einer Abfindung.“

Er und seine Kollegen fordern die Einrichtung einer Transfergesellschaft, die sich um die Zukunft der Mitarbeiter und deren Chancenmaximierung auf dem Arbeitsmarkt kümmern soll. Figueiras selbst ist 56 Jahre alt: Zu alt, um sich etwas Neues zu suchen und zu jung, um in Rente zu gehen, wie er anmerkt. Er appellierte an die Konzernleitung, sich die Entscheidung nicht leicht zu machen und gut zu überlegen.

Einer anderen Mitarbeiterin von Conti in Oppenweiler erklärte aufgebracht, dass sie das Vorgehen der Unternehmensleitung für unehrlich und eine Schweinerei halte. Erst jüngst noch sei eine neue Doppelpresse für das Oppenweiler Werk angeschafft worden, die Mitarbeiter seien jede Woche zur Versammlung in die Kantine zitiert worden: „Aber wofür? Alles muss jetzt billig billig werden, und wir werden abgeschoben.“

Für Unmut sorgt die Betriebsvereinbarung, die im Spätsommer von den Konzernspitzen mit den Konzernbetriebsratsvorsitzenden in Hannover beschlossen wurde, besonders in einem Punkt: Diese sieht eine 35-prozentige Kürzung der Gesamtabfindung vor, wenn sich ein Mitarbeiter weigert, ein Angebot von Conti anzunehmen und an einen anderen Unternehmensstandort zu wechseln. „Das ist Erpressung“, war in Kleinaspach aus den Reihen der Protestierenden zu hören.

Sonnenhof-Geschäftsführer Michael Ferber war derweil nicht erfreut über die Aktion vor seinem Hotel, weil er laut eigener Aussage nicht darüber informiert worden war. „Normalerweise müsste ich die Polizei kommen und das Areal räumen lassen, weil das unsere Gäste und Nachbarn stört.“

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Erstellt:
22. Februar 2020, 06:00 Uhr

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