Protestbrief an Landrat: Kreissparkasse hat Briefkästen abgebaut

Dass man in etlichen Filialen der Kreissparkasse keine Überweisungen mehr abgeben kann, ärgert Kreisrätin Gudrun Wilhelm. Sie fordert den Aufsichtsratsvorsitzenden, Landrat Richard Sigel, zum Handeln auf. Die Bank verweist derweil auf bestehende Alternativen.

Wer Überweisungen lieber auf Papier als online erledigt, kann diese nicht mehr in allen Sparkassenfilialen abgeben. Stattdessen bietet die Bank ihren Kunden frankierte Rückumschläge an. Symbolfoto: Dream-Emotion/stock.adobe.com

© Dream-Emotion - stock.adobe.com

Wer Überweisungen lieber auf Papier als online erledigt, kann diese nicht mehr in allen Sparkassenfilialen abgeben. Stattdessen bietet die Bank ihren Kunden frankierte Rückumschläge an. Symbolfoto: Dream-Emotion/stock.adobe.com

Von Kornelius Fritz

Rems-Murr. Mit ihrer Entscheidung, 13 Geschäftsstellen zum 1. Oktober in Selbstbedienungsfilialen mit Automaten, aber ohne Personal umzuwandeln und dort auch die Briefkästen abzubauen, hat die Kreissparkasse Waiblingen vor allem viele ältere Kunden verärgert (wir berichteten). Sie haben nun keine Möglichkeit mehr, ihre Überweisungsträger auf Papier vor Ort einzuwerfen. Betroffen sind unter anderem die Filialen in Unterbrüden, Althütte, Oppenweiler, Allmersbach im Tal und Kirchberg an der Murr sowie in Backnang in der Stuttgarter Straße und der Sulzbacher Straße.

Die Sparkasse hatte „Sicherheitsgründe“ für den Abbau der Briefkästen genannt. Wenn kein Personal mehr vor Ort sei, bestehe die Gefahr, dass Unbefugte die Überweisungsträger aus den Briefkästen fischen, um Bankdaten auszuspähen.

Kreisrätin Gudrun Wilhelm aus Kirchberg an der Murr will das nicht hinnehmen. In einem offenen Brief hat sie sich nun an Landrat Richard Sigel gewandt, der zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrates der Kreissparkasse ist. Darin kritisiert sie die Entscheidung der Bank, durch die ältere Kunden „regelrecht aufs Abstellgleis geschoben“ würden. Die Kreisrätin, die auch Mitglied des Kirchberger Gemeinderats ist, zitiert aus dem Sparkassengesetz. Demnach bestehe die Aufgabe einer Sparkasse darin, eine „angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungskreise mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen“. Dazu gehört für Wilhelm auch, dass die Kundinnen und Kunden nicht „zwangsveronlined“ werden, sondern ihre Bankgeschäfte weiterhin auf Papier erledigen können.

Kreisrätin Wilhelm vermisst die Kundenbetreuung

„Gerade ältere Menschen haben ein Recht auf ein analoges Leben“, schreibt Wilhelm an den Landrat. Als ehemalige langjährige Mitarbeiterin der Kreissparkasse sei sie von den aktuellen Entwicklungen mehr als enttäuscht: „Die Kundenbetreuung war über Jahrzehnte ein Aushängeschild des Instituts.“

Die von der Sparkasse genannten Sicherheitsbedenken kann Gudrun Wilhelm nicht nachvollziehen: „Autohäuser zum Beispiel verfügen heute längst über Sicherheitsbriefkästen, die selbst Kfz-Papiere und Autoschlüssel ausreichend vor Diebstahl schützen.“ Wilhelm, die im Kreistag nach ihrem Austritt aus der FDP-Fraktion zusammen mit der Backnanger Stadträtin Charlotte Klinghoffer eine eigene Gruppierung bildet, fordert deshalb ein Zuschussprogramm des Kreises, das sicherstellt, dass in den betroffenen Filialen Briefkästen einer ausreichenden Sicherheitsstufe aufgestellt werden. Alternativ könne man auch darüber nachdenken, dass Sparkassenkunden ihre Überweisungen in den Rathausbriefkasten werfen und von dort eine Abholung durch die Bank veranlasst wird.

Andere Möglichkeiten gibt es laut der Bank zu Genüge

Die Sparkasse verweist derweil auf andere Möglichkeiten, Bankgeschäfte analog zu erledigen. „Eine Vielzahl unserer Kundinnen und Kunden nutzt mittlerweile frankierte Rückumschläge. So können Überweisungsträger auch beim nächsten Briefkasten der Deutschen Post eingeworfen und an uns geschickt werden“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Die Umschläge könnten die Kunden in allen mit Personal besetzten Filialen abholen oder sich telefonisch nach Hause bestellen. In Kürze sollen diese auch direkt in den betroffenen Selbstbedienungsfilialen ausliegen. Daneben gebe es auch die Möglichkeit, Bankgeschäfte telefonisch zu erledigen. Dafür müsse man lediglich einmalig einen kostenlosen Telefonservicevertrag abschließen. Die Legitimation erfolgt dann über einen Anmeldenamen und eine persönliche Geheimzahl zu Beginn des Telefonats. „Gerne erklären unsere Mitarbeitenden sowohl in der Direktfiliale als auch in unseren Beratungscentern diesen Service. Unserer Erfahrung nach sind die Kundinnen und Kunden mit dieser Alternative zufrieden“, so die Sprecherin.

Reinhold Sczuka, Bürgermeister der betroffenen Gemeinde Althütte, sieht angesichts dieser Angebote derzeit keinen akuten Handlungsbedarf, zumal ihn persönlich auch noch keine Beschwerden erreicht haben. „Natürlich ist eine persönliche Ansprache immer besser, aber wenn man sich die Besucherzahlen in den Filialen anschaut, ist die Entscheidung auch ein Stück weit nachvollziehbar“, sagt der Bürgermeister, der ebenfalls Mitglied des Kreistags ist.

Richard Sigel, der Empfänger des Protestbriefes, wollte sich dazu gestern nicht äußern. Eine Sprecherin teilte jedoch mit, der Landrat habe Gudrun Wilhelms Schreiben an den Vorstand der Kreissparkasse weitergeleitet und darum gebeten, das Anliegen fachlich aufzuarbeiten.

Zum Artikel

Erstellt:
11. November 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Stadt & Kreis

Zeigt die Wildtierkamera einen Wolf?

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg untersucht derzeit die Aufnahmen eines Tiers, die am Mittwoch auf der Gemarkung des Sulzbacher Teilorts Bartenbach entstanden sind. Vor Abschluss der Untersuchung hüllen sich die Experten in Schweigen.

Stadt & Kreis

Aus Abfall entstehen Strom und Wärme

Energiewende vor der Haustür (5) Die Biovergärungsanlage der AWRM in Backnang-Neuschöntal verwertet Bioabfall aus dem Kreis und gewinnt daraus Energie. Der Strom der Anlage deckt den Jahresbedarf von etwa 3000 Haushalten.